5. November 2017

Alles im Umbruch – Entschlossen gegen eine regressive Politik im Bund



Entschlossen gegen den Rechtsruck in NRW, der Bundesrepublik und in Europa

Ein Gespenst geht um in Europa und es ist nicht der Kommunismus. Eine rechtsradikale Kandidatin kommt in Frankreich in die Stichwahl um die Präsidentschaft. In Österreich, sowie in den Niederlanden gewinnen die Rechtspopulisten der FPÖ und PVV kontinuierlich. Unsere europäischen Nachbar*innen müssen sich seit Jahren, teilweise sogar seit Jahrzenten mit rechten Parteien herumschlagen. Aber auch in Nordrhein-Westfalen und in der Bundesrepublik gelingt der AfD erstmals der Einzug in die Parlamente. Die Annahme, dass der Bruch in der deutschen Geschichte, verursacht durch die nationalsozialistische Barbarei, uns die Rechten schon vom Hals halten werde, hat sich als Trugschluss erwiesen. Eine Radikalisierung der Zivilbevölkerung können wir schon seit längerem beobachten. Vom offenen Hass in der Bundesrepublik gegen Geflüchtete in den 90er-Jahren, über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) hin zu der Ernennung einiger ostdeutschen Gemeinden in „national befreite Zonen“: Die radikale Rechte ist seit Jahrzenten aktiv und wird nicht wirksam bekämpft. Im Gegenteil: Immer neue Gruppen bildeten sich, von rechtsradikalen Jugendorganisationen bis zu den Reichsbürgern. Was den Rechten mit der NPD, den REP und anderen Splitterparteien nicht gelang, gelingt nun mit der AfD. Rassismus wird in Zukunft nicht mehr nur durch rassistische Gesetzesvorhaben der konservativen Parteien im Parlament offen gelegt, sondern auch durch Redebeiträge der rechten Anheizer*innen.

Diese Lage zeigt: Nie war es wichtiger, unsere Idee einer offenen Gesellschaft gegen Rassist*innen zu verteidigen. Doch wie können wir das schaffen? Zunächst einmal darf Politik nicht nur in Wahljahren auf einen Rechtsruck reagieren, sondern muss auch dazwischen dafür sorgen, dass die Bevölkerung nicht weiter radikalisiert wird. Das heißt, aktiv rechte Strukturen bekämpfen und sich weiterhin massiv für eine Abschaffung von Verfassungsschutz und einer Reformierung des Staatsschutzes einsetzen, damit dieser Kampf endlich effektiver wird. Das heißt auch, sich noch massiver gegen Freiheitseinschränkungen der konservativen Parteien auflehnen, denn ein vergiftetes Klima treibt nur noch mehr Menschen in die Arme der Rechtsradikalen. Wir müssen Antworten auf die Hetze der AfD finden, ohne ihr zu viel Raum zu geben, in dem ihre Kampfsprüche nachhallen können. Und es heißt auch die Verhältnisse der kapitalistischen Wirtschaftsordnung zu analysieren und in Frage zu stellen. Als kapitalismuskritische Organisation setzen wir uns daher insbesondere mit den Folgen der Globalisierung auseinander, welche oft als Steigbügel für den Aufstieg der Neuen Rechten herangezogen wird. Schlussendlich brauchen wir viel mehr Vernetzung und Weiterbildung mit anderen emanzipatorischen Jungendorganisationen in NRW, Deutschland und Europa, um gemeinsam in guten Kampagnen gegen den Rechstruck zu kämpfen.

Jamaika – kann das funktionieren?

Zum Zeitpunkt dieser Mitgliederversammlung befinden sich Bündnis 90/Die Grünen auf Bundesebene in Sondierungsverhandlungen mit der CDU/CSU und der FDP. Für uns als GRÜNE JUGEND NRW ist klar: Es geht um die Inhalte. Und weil es eben um Inhalte geht, sind wir skeptisch. Wir können den Delegierten der auf Landes- und Bundesebene nicht mit gutem Gewissen empfehlen, für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen oder einem Koalitionsvertrag zuzustimmen, wenn Inhalte nicht stimmen, oder unsere Grundsätze übergangen werden. Für uns heißt das: Sollte es keine substantiellen Weichenstellungen für eine positive Veränderung hin zu einer gerechten Gesellschaft geben, keinen Ausblick auf eine funktionierende Strategie gegen den Klimawandel und kein Signal für den Kampf gegen den Rechtsruck, dann werden wir uns unserem Bundesverband anschließen und entschlossen gegen eine derartige Regierung in Opposition gehen.

Auf dem Bundeskongress in Dortmund haben wir als GRÜNE JUGEND klar gemacht, was wir von der nächsten Bundesregierung erwarten. Dabei sind unter anderem folgende Punkte für uns von großer Bedeutung:

  • Ein entschiedener Einsatz gegen den Rechtsruck und damit auch für die weitere Unterstützung und Förderung von Initiativen und Programmen gegen Rechts. Die Extremismusklausel darf nicht wieder kommen.
  • Endlich Handeln beim Klimaschutz. Der Kohleausstieg ist gerade für uns als GRÜNE JUGEND NRW nicht verhandelbar. Eine echte Verkehrs- und Agrarwende ist unverzichtbar.
  • Konsequent für Menschenrechte. Europa darf keine Festung bleiben. Solange Menschen im Mittelmeer ertrinken, hat dieses politische System versagt. Wir brauchen legale Einwanderungswege, den vollständigen Familiennachzug und den unverzüglichen Abschiebestopp in Krisengebiete wie zum Beispiel Afghanistan.
  • Es gibt noch keine Gleichberechtigung und das muss sich ändern. Das Ehegattensplitting muss weg und die Frauenquote in Betrieben eingeführt werden. Die Quote soll natürlich auch für mögliche Grüne Minister*innen in der Regierung gelten! Die ungleiche Bezahlung muss in der nächsten Legislaturperiode aufhören.
  • Freiheit und digitale Infrastruktur, statt Angst und Stillstand. Wir wollen einen schnelleren Breitbandausbau, den unbedingten Erhalt der Netzneutralität und das Ende der Vorratsdatenspeicherung.
  • Soziale Gerechtigkeit. Mehr Wohnraum, eine echte Mietpreisbremse und eine Abschaffung der Hartz-IV Sanktionen sind unser Ziel. Die Zwei-Klassen-Medizin soll abgeschafft werden und durch eine Bürger*innenversicherung ersetzt werden.
  • Solidarisches Europa. Wir fordern ein Ende der katastrophalen Austeritätspolitik und eine gemeinsame europäische Finanzpolitik.

Die ersten Verhandlungsrunden haben gezeigt, dass bei vielen dieser Punkte eine Einigung mehr als schwierig wird. Grundlegende Forderungen aus dem GRÜNEN Wahlprogramm, wie zum Beispiel zur Vermögens- und Erbschaftssteuer sind bereits in der ersten Sondierungsrunde unter den Tisch gefallen. Und nicht nur das: Die Blockadehaltung der Sondierungspartner*innen, insbesondere bei den Themen Geflüchteten- und Klimapolitik, haben gezeigt, dass ohne eine komplette Kehrtwende kein progressives Umsteuern möglich wird. Wir sind allerdings die Generation, für die ein solches umsteuern noch möglich ist. Deswegen werden wir weiter drängen und uns, wenn nötig, auch gegen Koalitionverhandlungen stellen.

Klar ist auch: Jamaika ist kein Zukunftsmodell. Für uns als GRÜNE JUGEND NRW ist klar, dass wir so in den nächsten 4 Jahren für ein neues, linkes, emanzipatorisches Projekt kämpfen werden und dafür, dass diese Politik bei den nächsten Wahlen eine Mehrheit hat. Wir müssen uns jetzt verbünden und vernetzen, mit den progressiven und emanzipatorischen Kräften in den linken Parteien und eine gemeinsame Idee entwickeln, die dann auch Wirklichkeit werden kann. Eine GRÜNE Beteiligung an solchen Zweckkoalitionen darf nicht der Regelfall werden und ein Lagerwechsel muss mit allen Mitteln verhindert werden.

 

Beschlossen auf der Landesmitgliederversammlung Herbst-2017 in Bonn.



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