6. April 2008

Freiheit sichern! Gegen den Überwachungsstaat



„Jene, die grundlegende Freiheit aufgeben würden, um eine geringe vorübergehende Sicherheit zu erwerben, verdienen weder Freiheit noch Sicherheit.“(Benjamin Franklin)

Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist weltweit der Kampf gegen den Terrorismus in den Vordergrund staatlicher Bemühungen gerückt. Schon unter der rot-grünen Bundesregierung verfasste der damalige Bundesinnenminister Schily die berüchtigten „Otto-Kataloge“. Sein Nachfolger Schäuble will mit Online-Durchsuchungen und der Vorratsdatenspeicherung die Sicherheit in Deutschland verteidigen. Doch die Logik, durch diese „vorbeugenden“ Maßnahmen den globalen Anti-Terrorkampf zu fördern, hat einen bedenklichen Haken: Die Unschuldsvermutung wird immer stärker durch den staatlichen Eingriff in Privatsphäre und Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger verdrängt. Im Zuge des Sicherheitsstrebens werden unschuldige BürgerInnen zunehmend überwacht und so pauschal unter einen Terrorismusverdacht gestellt. Mit Hilfe der Rhetorik von der „akuten Bedrohungssituation in Deutschland“ werden zusehends elementare Freiheitsrechte zurückgedrängt. Die GRÜNE JUGEND NRW stellt sich gegen eine solche Orwell’sche Logik. Wir lehnen diese gefährliche Entwicklung zum totalen Überwachungsstaat ab – wir dürfen nicht für ein scheinbares Mehr an Sicherheit die Freiheit aufgeben! Prävention muss anders besetzt werden. Verbrechen werden nicht durch Überwachung verhindert. Finanzielle Mittel sollten besser in grundlegende soziale Präventionsmaßnahmen investiert werden, damit weniger Menschen zu StraftäterInnen werden.Das Argument „Wer nichts zu verbergen hat, hat nichts zu befürchten“ zählt nicht – wir verteidigen das Recht jeder und jedes Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung! Zudem bergen die Überwachungsregelungen erhebliche Möglichkeiten des Missbrauchs, so dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Daten auch zu anderen Zwecken genutzt werden.Ebenso kritisch beurteilen wir, dass die Privatwirtschaft versucht – vornehmlich zu Werbezwecken – möglichst lückenlose Profile über ihre Kundinnen und Kunden zu erstellen. Dabei ist der Datenschutz für sie nebensächlich. Ein weiteres Problem stellt die Entwicklung dar, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger von sich aus bereitwillig Auskunft über ihre Daten geben oder sie gar ihre Daten selbst völlig bedenkenlos im Internet verbreiten. Dem möchten wir entgegenwirken.

Die GRÜNE JUGEND NRW will auf die klammheimliche Zunahme der staatlichen und privatwirtschaftlichen Überwachung aufmerksam machen. Es ist höchste Zeit, die Bevölkerung zu informieren und zu sensibilisieren, wir müssen die Bürgerinnen und Bürger wachrütteln! Einmal verlorene Freiheit erstreitet sich nur mühselig zurück. Deshalb gilt es, jetzt zu handeln und jetzt die Debatte in die Gesellschaft zu tragen!

Das Thema BürgerInnenrechte hat in den letzten Monaten erstmals wieder Raum gewonnen. Wir müssen diesen Raum ausfüllen, wir müssen gegen die staatliche Überwachung eintreten und für unsere Freiheitsrechte streiten!

Kompetenzerweiterungen der bundesbehördlichen Überwachung stoppen!

Das Bundeskriminalamt (BKA) war bisher lediglich eine Behörde, von der aus die polizeiliche Arbeit der Länder unterstützt und koordiniert werden sollte. Ermittlungsverfahren und Strafverfolgung waren bis zum Jahr 2007 reine Ländersache, erst durch die Föderalismusreform im vergangenen Jahr hat der Bund im Zuge der Terrorbekämpfung seine polizeilichen Kompetenzen drastisch erweitert. Die Verabschiedung des geplanten neuen BKA-Gesetzes wäre ein weiterer Schritt in Richtung zentralistische Super-Behörde. Der Gesetzentwurf sieht etliche Kompetenzerweiterungen vor, so etwa Online-Durchsuchungen, Vorratsdatenspeicherung, Flug- und Schiffsgastdatenspeicherung – also Maßnahmen, die umfassend in die Privatsphäre der BürgerInnen eingreifen und sie unter einen Generalverdacht stellen. Die meisten dieser Kompetenzen lagen bisher ausschließlich zur Strafverfolgung bei den Landeskriminalämtern. Durch die neue Gesetzgebung soll die vorsorgliche Gefahrenabwehr nun zur Aufgabe des Bundeskriminalamts werden.

Besonders kritisch wendet sich die GRÜNE JUGEND NRW gegen die starke Fokussierung der innen- und außenpolitischen Diskussion auf den islamistischen Terrorismus. Daraus hat sich traurigerweise bereits heute ein Generalverdacht gegen muslimische MitbürgerInnen in hohem Ausmaß entwickelt. Dieser systematischen Diskriminierung durch den Staat muss dringend Einhalt geboten werden.

Das BKA-Gesetz sieht in seiner geplanten Form nicht hinnehmbare Eingriffe in die bürgerlichen Freiheit der/s Einzelnen vor. Wir fordern daher alle Parteien, besonders Bündnis 90/Die Grünen in Bund und Land auf, das Zustandekommen dieses BKA-Gesetzes mit allen Mitteln zu verhindern!

Menschen sind keine Nummern!

Seit Februar 2008 liegt ein ReferentInnenentwurf für das geplante zentrale Melderegister auf Bundesebene vor. Bisher gibt es kein zentrales Register – das Meldewesen ist in Deutschland Aufgabe der Kommunen. Und das aus gutem Grund, denn mit der Organisation vor Ort wird einer Zentralisierung des Staates entgegen gewirkt, das kommunale Meldewesen ist ein wichtiger Bestandteil unseres föderalen Staatsaufbaus.

Mit der gebündelten Erhebung selbst sensibler personenbezogener Daten wie Geburtsort, Religionszugehörigkeit, Familienstand, oder Steueridentifikationsnummer ist Datenmissbrauch Tür und Tor geöffnet. Mit dem Melderegister wird eine Struktur geschaffen, in die allmählich noch kritischere Daten eingespeist werden könnten. Daten können durch die Zentralisierung leicht miteinander verknüpft werden, wie es beispielsweise in der Rasterfahndung schon heute passiert. Zugriff auf die gesammelten Daten sollen Meldeämter, Polizeibehörden, Nachrichtendienste und Finanzämter erhalten.

Besonders die Aufnahme der eindeutigen Steueridentifikationsnummer lehnen wir ab, da diese so schleichend zu einer allgemeinen und menschenverachtenden Personenkennzahl würde. Der Entwurf gehört nicht in den Bundestag sondern in den Papierkorb, Zivilgesellschaft und Politik müssen aufgeklärt und mobilisiert werden!

Wir wollen unbehelligt reisen!

Seit August 2007 ist ein Abkommen zwischen der EU und den USA in Kraft, das die Weitergabe von Fluggastdaten in einem extremen Ausmaß festlegt. Bei jedem Transatlantikflug erhält das US-Heimatschutzministerium Daten darüber, wer, wann, woher, wohin geflogen ist, wer neben der jeweiligen Person saß, ob dabei Bonusmeilen gesammelt wurden, bei welcher/m SachbearbeiterIn der Flug gebucht wurde und wie viel Gepäck die Person mit sich führte. Auch ein Gesetzentwurf zu Änderungen im Seerecht wird mit großer Wahrscheinlichkeit im Bundesrat nur abgenickt werden. Dort versteckt sind unter anderem umfangreiche Regelungen zur langfristigen Speicherung von Passagierdaten, die bisher nach sicherem Anlegen des Schiffes umgehend gelöscht werden mussten.Wir fordern den Stopp dieses Gesetzesvorhabens sowie eine öffentliche Debatte über die Speicherung von Reisedaten. Die umfangreiche, vorsorgliche Speicherung von Daten schafft nicht mehr Sicherheit, dafür aber mehr Kontrolle!

Schluss mit der Videoüberwachung in NRW

Bereits seit dem Jahr 2000 erlaubt das nordrhein-westfälische Polizeigesetz die Überwachung von öffentlichen Plätzen. Auf dieser Grundlage fand von 2001 bis 2002 in Bielefeld ein Pilotprojekt zur Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten statt. Mit der Verabschiedung des neuen Landespolizeigesetzes im Sommer 2003 wurde der entsprechende Paragraph mit den Stimmen von SPD und Grünen ausgeweitet. Seitdem dürfen öffentliche Plätze, an denen wiederholt Straftaten begangen wurden und in Zukunft wahrscheinlich sind, überwacht werden.Die Speicherungsdauer der Aufnahmen beträgt „im Regelfall“ zwei Wochen. Inzwischen werden in NRW in Bielefeld, Düsseldorf, Mönchengladbach und Coesfeld öffentliche Plätze per Kamera überwacht. Die Grüne Landtagsfraktion widersetzte sich damals der Mehrheit der Landesdelegiertenkonferenz der Grünen. Diese stellte nur zwei Wochen zuvor fest, dass Videoüberwachung unverhältnismäßig sei und der grundrechtschützenden Tradition der Grünen widerspräche.

Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt Videoüberwachung öffentlicher Plätze grundsätzlich ab! Durch diese Überwachung verschiebt sich die Kriminalität lediglich in Seitenstraßen oder auf andere Plätze, die Zahl der Straftaten bleibt größtenteils unverändert. Das zeigt sich in etlichen Teststädten, so auch in NRW. Selbst eine flächendeckende Überwachung wie beispielsweise in London verhindert die Kriminalität nicht. Dort wird jedeR BürgerIn im Durchschnitt täglich von bis zu dreihundert Videokameras aufgenommen, gleichzeitig weist London aber die höchste Kriminalitätsrate unter den europäischen Großstädten auf.

Nicht zu vernachlässigen sind auch die Kosten der Überwachung: Schon die Anschaffung einer einzigen hochwertigen Kamera kostet fünfstellige Beträge, ganz zu schweigen vom nötigen Personalaufwand zur Beobachtung der Aufnahmen. Statt hunderttausende Euro in die ineffiziente Videoüberwachung zu stecken, sollte dringend das Personal sowie die finanzielle und technische Ausstattung der Polizei aufgestockt werden. Persönliche Präsenz ist deutlich wirksamer und effizienter als die Überwachung durch Kameras. Außerdem müssen mehr finanzielle Mittel in soziale Projekte und Jugendarbeit gesteckt werden. Den Menschen zu helfen und sie nicht zu kriminalisieren ist grundsätzlich der Ansatz der GRÜNEN JUGEND NRW.

Der Beobachtungsdruck durch Videokameras führt zu angepasstem Verhalten und Verunsicherung. Für eine demokratische Gesellschaft, die sich auch durch ihre Vielfalt auszeichnet, ist diese Entwicklung fatal! Auch Missbrauch ist nicht auszuschließen.

Wie die „Kofferbomber von Köln“ zeigen, können Anschläge entgegen der herrschenden Argumentation auch durch Videoüberwachung nicht verhindert werden. Stattdessen werden fast ausschließlich unschuldige Personen ins Visier genommen und unter den Terrorismusverdacht gestellt. In der Abwägung glauben wir nicht, dass die mögliche Hilfe bei der Verbrechensaufklärung die negativen Folgen wie die Einschränkung der BürgerInnenrechte, das angepasste Verhalten und die Missbrauchsgefahr der Überwachung, kompensieren kann!

Fünf Jahre nach In-Kraft-Treten des Polizeigesetzes steht eine ehrliche Auswertung der Videoüberwachung in den vier Teststädten noch immer aus. Im Sommer 2008 läuft die Geltung des entsprechenden Paragraphen ab – die schwarz-gelbe Landesregierung aber hat bereits einen Gesetzesentwurf zur Verlängerung vorgelegt. Wir fordern die Grüne Landtagsfraktion deshalb auf, einer Verlängerung im Landtag nicht zuzustimmen und sich die an den Beschluss der Landesdelegiertenkonferenz zu halten.

Datenflut ist selten gut – Vorratsdatenspeicherung abschaffen

Seit dem 1. Januar 2008 sind TelekommunikationsanbieterInnen, Internet- und E-Mail-Provider dazu verpflichtet, alle Daten von Telefonverbindungen, Verbindungen mit dem Internet, E-Mail-Verkehr sowie Fax- und SMS-Nachrichten über sechs Monate zu speichern, bei Handy-Telefonaten und SMS-Versand muss sogar der Standort ermittelt werden. Grundlage dafür ist ein am 9. November 2007 im Bundestag beschlossenes Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung, das auch die heftig umstrittene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umsetzt. Durch das Telekommunikationsrecht in Deutschland waren TelekommunikationsanbieterInnen und Internetprovider bereits vorher verpflichtet, staatliche Behörden bei der Ermittlung von Straftaten zu unterstützen, eine Studie des Bundeskriminalamtes prognostiziert die Steigung der Aufklärungsquote um weniger als ein Hundertstel Prozent. Die Vorratsdatenspeicherung ist deshalb ungerechtfertigt und überflüssig. Zudem wird die Unschuldsvermutung völlig ad absurdum geführt, denn durch sie werden auch Daten von Personen gespeichert, die keine Verdachtsmomente oder Hinweise auf Gefahren liefern. Stattdessen kann die Überwachung von Internetverbindungen aber ein sehr genaue Analyse von Interessen, Geschäftskontakten und anderen Gewohnheiten ermöglichen. Zum Zwecke der Strafverfolgung in Zusammenhang mit diversen File-Sharing-Prozessen wurden die Internetverbindungsdaten bereits jetzt sinnentfremdet.

Zu Recht wird die Vorratsdatenspeicherung auch von der Wirtschaft heftig kritisiert: Durch die Verbindungsdatenspeicherung türmen sich unendliche Datenmengen auf, die besonders kleineren AnbieterInnen enorme Kosten verursachen. Demgegenüber steht noch nicht einmal ein gesicherter Nutzen: Wer will, kann beispielsweise die eigenen Internetverbindungsdaten ohne großen Aufwand verschleiern, so dass die gespeicherten Daten zur Strafverfolgung völlig wertlos sind.

Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt die Speicherung von Telekommunikationsdaten ab, denn sie verletzt das Fernmeldegeheimnis sowie das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Zudem darf die Arbeit von JournalistInnen durch die Einschränkung des InformantInnenschutzes sowie die Schweigepflicht von RechtsanwältInnen und ÄrztInnen und das Beichtgeheimnis von Geistlichen unter keinen Umständen beschnitten werden! Wir unterstützen deshalb auch die Sammel-Verfassungsbeschwerde des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung und begrüßen die Eilentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 19. März 2008, das den Zugriff auf die gespeicherten Daten vorerst nur im Fall der Strafverfolgung zur Aufklärung schwerer Straftaten erlaubt hat.

Online-Durchsuchungen endlich ausgebremst!

Mit Erleichterung nehmen wir die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes in den letzten Wochen zur Kenntnis. Die Absage des obersten Gerichtshofes zur flächendeckenden Erfassung von Autokennzeichen ebenso wie die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Februar 2008 bezüglich der verfassungswidrigen Online-Durchsuchung in NRW. Die Anerkennung des Grundrechts auf „Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme“ weist sowohl Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble als auch Landesinnenminister Ingo Wolf endlich in ihre Schranken, was die Einschränkung von grundgesetzlich verankerten Freiheitsrechten angeht. Damit wurden auch Schäubles Pläne zur Online-Durchsuchung mit Hilfe von so genannten Bundestrojanern in richterliche Schranken gewiesen.

Im digitalen Zeitalter spielt sich auch das private Leben online oder zumindest auf dem PC ab. Damit erhält das Ausspionieren des Computers durch staatliche Spionagesoftware den Charakter einer Hausdurchsuchung. Die Online-Durchsuchung ist ein inakzeptabler Angriff auf die Rechte der Bürgerinnen und Bürger! Die Missbrauchsgefahr ist enorm hoch, die technisch verlässliche Umsetzbarkeit unglaublich kostenintensiv und trotzdem kaum möglich. Kriminelle können schon mit geringem technischem Wissen den staatlichen Störenfried umgehen, oder schlicht in Zukunft keine kritischen Informationen mehr auf ihren Computer speichern.

Adressverwendung durch Unternehmen stärker kontrollieren

Doch nicht nur der Staat versucht sich immer mehr Informationen über seine BürgerInnen zu verschaffen: Werbetreibende Unternehmen sind zunehmend bemüht, mithilfe von „qualifizierten“ Adressdaten möglichst punktgenau und ohne große Streuverluste zu werben. Dieses so genannte Direktmarketing verzeichnet innerhalb der Werbebranche das größte Wachstum. Großunternehmen wie VISA, Payback oder die Deutschen Bahn versuchen mit ihren Bonus-Systemen möglichst lückenlos das Konsumverhalten ihrer KundInnen zu protokollieren. Internetversandhäuser wie Amazon ziehen beispielsweise aus dem Cross-Selling-System ihres Onlineshops („Kunden, die XX gekauft haben, haben auch YY gekauft…“) Rückschlüsse auf Interessen und Neigungen der KäuferInnen.Diese Auswertung von KundInnendaten ist zurzeit ebenso wie der freie Handel mit Adressen vom Gesetzgeber erlaubt. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert deshalb eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen, KundInnen deutlicher als bisher auf die Verwendung und die Weitergabe ihrer Adressen aufmerksam zu machen sowie sie auf ihr Widerspruchsrecht hinzuweisen. Schon heute müssen dazu Einverständniserklärungen eingeholt werden, oft aber geschieht dies unbemerkt und im „Kleingedruckten“. Floskeln wie „Ich erkläre mich damit einverstanden, wenn meine Daten an Geschäftspartner weitergegeben werden.“ sind zwar juristisch wasserdicht, sie entbehren aber jeglicher Transparenz.

Ebenso verurteilen wir die Herausgabe von Daten zu Werbezwecken durch öffentliche Stellen wie Melde- oder Kraftfahrzeugämter. Es ist nicht hinzunehmen, dass Daten, zu deren Angabe BürgerInnen verpflichtet sind, verantwortungslos weitergegeben oder weiterverkauft werden. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert deshalb hier ein klares Verbot. Zur Durchsetzung solcher strengen und notwendigen Richtlinien bedarf es eines größeren Einflusses der Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragten und der VerbraucherInnenschutzzentralen als Kontrollinstanz.

Scoring transparent gestalten!

Banken und Versicherungen sind beim Abschluss von Kredit- und Versicherungsverträgen natürlich bemüht, ein möglichst geringes Risiko einzugehen. Beim so genannten Kredit-Scoring werden deshalb alle möglichen Informationen über KundInnen gesammelt, zusammengeführt und daraus ein statistischer Scoring-Wert errechnet. Die Datensammlung beginnt bei soziodemografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht, Bildungs- und Familienstand sowie Beruf, reicht aber bis hin zum Wohnviertel und dem „Niveau“ der Zeitungsabos in der Nachbarschaft, also auch Daten, die objektiv nichts mehr mit der Kreditsicherung zu tun haben.

Die Herkunft, Auswahl und Gewichtung der Daten zur Berechnung des Scoring-Wertes muss transparent und nachvollziehbar gestaltet werden, so dass auch der Widerspruch von VerbraucherInnen ermöglicht wird. Bei der Kreditvergabe dürfen lediglich der finanzielle Hintergrund einer Person sowie unmittelbar mit der Kreditvergabe in Zusammenhang stehende Informationen (wie die Geschäftsidee) berücksichtigt werden. Auch die Auskünfte über die eigenen Schufa-Daten müssen kostenlos und unbürokratisch möglich sein. Die Bürgerinnen und Bürger müssen sowohl bei Einträgen als auch bei der Auskunftserteilung umgehend informiert werden. Wenn einE BetroffeneR ihre/seine Daten abfragt, darf dies nicht protokolliert werden.

Eigenverantwortlichen Umgang mit persönlichen Daten fördern

Im Zuge des so genannten Web 2.0 lädt das Internet immer stärker zur Beteiligung der NutzerInnen ein: Tausende Jugendliche tun völlig unbekümmert ihre persönlichen Meinungen und Gefühle im eigenen Weblog kund und veröffentlichen im Schüler- bzw. StudiVZ private Informationen und Fotos. Die Hemmschwelle, die Persönlichkeit im Internet und auch die privatesten Dinge zu veröffentlichen ist im Zuge dieser Neuerungen erheblich gesunken. Über damit verbundene Gefahren machen sich die wenigsten Gedanken, dabei muss sich jedeR Einzelne genau überlegen, welche Daten sie/er wirklich preisgeben will. Es gibt bereits Fälle, in denen ArbeitgeberInnen sich vor Bewerbungsgesprächen in Suchmaschinen oder auch im StudiVZ über ihre BewerberInnen informiert haben – oft zu Ungunsten der KandidatInnen. Wir rufen deshalb auch die ArbeitgeberInnen dazu auf, bei der Auswahl von BewerberInnen keine zweifelhaften Informationen aus dem Internet zu Rate zu ziehen!

Zudem erneuern wir unsere Forderung nach einer Stärkung der Medienkompetenz in der Schule. Bereits dort muss über Nutzen und die Möglichkeiten des Internets, aber auch die Gefahren sowie die informationelle Selbstbestimmung aufgeklärt werden! SchülerInnen müssen damit vertraut gemacht werden, wie beispielsweise Unternehmen wie Google arbeiten, welche Risiken die Selbstpräsentation im Internet birgt, und welche Rechte jedeR Einzelne hat, um der öffentlichen Bloßstellung entgegen zu wirken.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung vom 6.4.2008 in Münster



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