6. April 2009

Mehr Demokratie für Kinder und Jugendliche



Um die Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist es im Moment schlecht gestellt: Wichtige stadtplanerische Entscheidungen, Schul- und Bildungspolitik und die Kinder- und Jugendpolitik werden meist ohne die direkt Betroffenen gestaltet. Um eine breiter Repräsentanz der Jugend zu ermöglichen, tritt die GRÜNE JUGEND NRW für die Senkung des Wahlalters auf 14 Jahre ein. Zurzeit sprechen meist die Wohlfahrtsverbände für die jungen Menschen, bestenfalls ist ein Jugendparlament eingeschaltet, das aber an den tatsächlichen Entscheidungen nicht beteiligt ist. Auch als sachkundigen BürgerInnen wird unter 18-jährigen die Mitarbeit in den städtischen Gremien verwehrt.

In den weiterführenden Schulen wurde mit der Aufhebung der Drittelparität in den Schulkonferenzen der vorsichtige Versuch demokratischer Mitbestimmung in der Schule wieder rückgängig gemacht. Von Beteiligungsformen im Primarbereich sind die nordrhein-westfälischen Schulen noch ellenweit entfernt.

Dieser traurigen Realität stehen die auch in der Landesverfassung verbrieften Kinderrechte der Vereinten Nationen gegenüber, die eine Berücksichtigung der Meinung des Kindes fordern, und das Jugendhilfegesetz, nach dem Kinder und Jugendliche an Verwaltungsverfahren zu beteiligen sind.

Die Tatsachen,

  • dass Kinder als vollwertiger Teil unserer Gesellschaft gesehen werden müssen und deshalb auch mitbestimmen müssen,
  • dass die Interessen der jungen Menschen infolge des demographischen Wandels drohen unter die Räder zu geraten,
  • dass Demokratie nicht erst mit der Vollendung des sechzehnten Lebensjahres beginnen kann, sondern der Grundstein für eine lebendige Demokratie schon früher gelegt wird,

untermauern unsere Forderung nach einer Verankerung gewichtiger Kinder- und Jugendparlamente in der Gemeindeordnung und die Stärkung des Kinder- und Jugendrates NRW. Die Kinder- und Jugendparlamente (KiJuPa) sind, solange das Wahlrecht nicht gesenkt wird, eine gute Möglichkeit die Interessen von Jugendlichen in einer Gemeine einzubinden. Die Landesmitgliederversammlung der GJ NRW fordert den Landesvorstand auf, gemeinsam mit Interessierten ein Konzept zu erstellen und dieses bei der bald möglichsten Gelegenheit bei den Grünen NRW und den Kreisverbänden einzubringen.

Kinder- und Jugendparlament und der Rat

Die Aufgabe der Kinder- und Jugendparlamente (KiJuPa) ist es, Kinder und Jugendliche in der Politik angemessen zu vertreten. Es ist offensichtlich, dass nahezu jede Entscheidung die junge Generation direkt betrifft, diese aber in die Entscheidungsfindung keineswegs eingebunden ist – durch die institutionell vorherrschenden Verhältnissen sogar daran gehindert wird, mitzuentscheiden. Aus diesem Grund hält die Grüne Jugend es für richtig und wichtig, dass die Kinder- und Jugendlichen im Jugendhilfeausschuss mit Stimmrecht vertreten sind und in allen anderen Ausschüssen Antragsrecht haben.

Ein explizites Stimmrecht in allen Ausschüssen und im Rat hält die Grüne Jugend NRW für wenig sinnvoll, da es erstens die personellen Kapazitäten überlasten könnte, zweitens Kinder- und Jugendliche zwischen die Fronten von Parteikalkül geraten könnten und drittens weil es wenig repräsentativ ist, Kindern und Jugendlichen unabhängig vom tatsächlichen Proporz aus „gut Will“ einen Sitz zuzugestehen.

Wie alle gewöhnlichen Ratsmitglieder sind die jungen ParlamentarierInnen je nach Befähigung über die Vorlagen (ausgenommen nicht-öffentliche), Anträge etc. zu unterrichten. Zudem müssen sie über den Stand der Bearbeitung in Kenntnis gesetzt werden. Selbstverständlich ist ihnen hierzu wie zur Vorbereitung der eigenen Sitzungen professionelle Hilfe von Seiten der Verwaltung, der/dem Ausschussvorsitzenden und SozialpädagogInnen zur Verfügung zu stellen. In der Praxis sollte ein Jugendparlament vergleichbar mit dem Seniorenbeirat operieren. Obwohl es sich bei beidem um eine beratende Vertretung einer Altersgruppe handelt, sehen wir deutliche Unterschiede und fordern deshalb eine stärkere Stelle (Antragsrecht statt Beratungsrecht) von Kindern und Jugendlichen im Vergleich zu SeniorInnen. Der Seniorenbeirat stellt eine Doppelvertretung von BürgerInnen dar, da SeniorInnen sowohl ein aktives Wahlrecht besitzen als auch in vielen Fraktionen parteiübergreifend vertreten sind.

Eigenständige Mittelvergabe

Dem Jugendparlament Macht und ihm die Möglichkeit der politischen Gestaltung zu geben setzt nicht nur Rechte im Rat der Gemeinde/Stadt voraus, sondern erfordert auch einen eigenen Etat zur Selbstfinanzierung. Dies beinhaltet Mittel für eigene Veranstaltungen und vergleichbare Projekte.

Politische Bildung und Erziehung

Politische Erziehung ist neben der Interessenvertretung Kernaufgabe der jungen Abgeordneten. Neben der indirekten Wirkung, die die Beteiligung an Demokratie mit sich bringt, ist es auch Aufgabe der ParlamentarierInnen, Informationen über Beschlüsse und Beschlussfassungen weiterzugeben. Hierfür ist ihnen in ihren Schulen monatlich eine Informationsveranstaltung zu gewähren. Ein weiterer Baustein zur Demokratieerziehung ist die Einbindung von Interessierten: Es muss eine Regelung gefunden werden, die auch Nichtgewählten Partizipationsmöglichkeiten schafft.

Wahlen und Gestaltung

Wählen sollen alle Einwohner zwischen 10-18 Jahren, unabhängig von ihrer StaatsbürgerInnen- schaft, wobei die unter 16-Jährigen nur ein passives Wahlrecht besitzen sollen, da sie ansonsten ein doppeltes Wahlrecht besäßen. Alle Wahlberechtigten müssen das Recht auf Information haben und an den öffentlichen KiJuPa-Sitzungen teilnehmen können. Die Frauenquote hält die Grüne Jugend NRW für unverzichtbar, um die repräsentative Zusammensetzung des Parlaments zu wahren, solange die Überwindung geschlechtsspezifischer Rollenbilder nicht erreicht ist.

Zusätzlich zu diesen organisatorischen Vorraussetzungen ist es notwendig, dass die Jugendparlamente jederzeit Zugriff auf Tagungsräume haben – also in ihrer Gesamtheit als politischer Akteur akzeptiert werden.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 6.4.2009 in Münster



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