12. März 2017

Gerecht. Frei. NRW.



Begriffe, die im Glossar (unten an) erklärt werden, sind im Text kursiv gekennzeichnet.

FREIHEIT IST UNSER IDEAL.

Freiheit ist das politische Leitbild der GRÜNEN JUGEND NRW. Wir kämpfen jeden Tag dafür, dass alle Menschen frei leben können, egal, wie viel sie verdienen, wo sie geboren wurden, wen sie (nicht) lieben oder wie sie sind, solange sie nicht die Freiheit anderer einschränken. Ebendieses Leitbild von einer freien Gesellschaft in einer freien Welt ist Kern dessen, was uns als GRÜNE JUGEND NRW antreibt.

Wir wollen nicht länger zusehen, wie Menschen den Freiheitsbegriff für sich reklamieren, die unter Freiheit in erster Linie die Freiheit der Wirtschaft meinen. Indem sie die Abschaffung des Sozialstaates fordern, nehmen sie denjenigen ein Stück Freiheit, die finanziell schlechter gestellt sind.

Für uns heißt der Einsatz für Freiheit, sich für Diskriminierungsfreiheit, Gleichberechtigung, Modernisierung, globale Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit UND soziale Gerechtigkeit einzusetzen.

Diese Vorstellung von Freiheit wird so sehr wie lange nicht mehr bedroht. Der wachsende Rechtspopulismus will Menschen wieder vorschreiben, wie sie zu leben haben, urteilt nach Geburtsorten und äußerlichen Merkmalen. Die Fiskalpolitik führt überall zu Kürzungen, gerade im Süden Europas, und hindert beispielsweise Millionen von jungen Arbeitslosen an einer freien Entfaltung. Mit Trump und dem Brexit wird uns auch bewiesen, wie wenig die Freiheit der Menschen in Abstimmungen gewichtet wird.

Klar ist: Der Kampf um die Freiheit hat begonnen. Und wir sind entschieden, ihn zu führen – machen wir uns auf!

 

FREIHEIT DURCH GERECHTIGKEIT.

Wirkliche Freiheit für alle Menschen kann es nur geben, wenn sie auch mit den Mitteln und Möglichkeiten ausgestattet werden, die sie benötigen, um ihre Freiheit auszuleben. Eine allgemeine Freiheit kann es daher nicht in einem Nachtwächterstaat geben, in dem sich der Staat lediglich um Aufgaben kümmert, die der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit dienen. Vielmehr gehen Freiheitsrechte mit einer staatlichen Verantwortung einher, den Bürger*innen sozialen Frieden und Teilhabe zu garantieren. Freiheit ist demnach untrennbar mit der sozialen Frage verbunden.

Die staatliche Absicherung ist längst keine würdevolle Grundsicherung, sondern greift vielmehr in die Freiheit des*der Einzelnen ein.

Empfänger*innen von Arbeitslosengeld II („Hartz IV“) sind verpflichtet, eine Reihe von Auflagen und Maßnahmen zu erfüllen, die ihnen vom Jobcenter vorgeschrieben werden. Das bedeutet, dass Empfänger*innen von ALG II ihr Bemühen nachweisen müssen, neue Arbeit zu finden. Sie müssen Bewerbungen schreiben, an vom Jobcenter vorgeschlagenen Fortbildungen teilnehmen oder einen Job annehmen, selbst wenn dieser weit unter ihrer Qualifikation liegt. Kommen die Empfänger*innen diesen Pflichten nicht nach, drohen ihnen Leistungskürzungen. Die Höhe der monatlichen Hartz-IV-Zahlungen beruht auf dem gerichtlich festgelegten Existenzminimum. Jede Kürzung dieser Zahlung kann Menschen in ernsthafte finanzielle Not bringen. Wo die Freiheit von Menschen so stark eingeschränkt wird, dass ihre Existenz infrage gestellt wird, werden Grundrechte verletzt. Wir fordern deswegen als kurzfristige Verbesserung die umgehende Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV. Für uns gilt: Hartz IV ist und bleibt keine Form der menschenwürdigen Existenzsicherung.

Um allen Menschen durch ausreichende finanzielle Mittel eine freie Entfaltung zu ermöglichen, brauchen wir ein gerechtes Steuersystem, das vor allem Menschen mit hohen Vermögen und Einkommen stärker zur Verantwortung zieht. Die Vermögenssteuer muss deshalb wieder eingeführt und die Erbschaftssteuer erhöht werden. Gleichzeitig müssen bestehende Steuergesetze aber auch konsequent umgesetzt und Steuerflucht bekämpft werden.

Ein freies, würdevolles Leben zu sichern, gilt für Menschen jeglichen Alters. Als ganz besondere Problematik fällt uns hier die wachsende Altersarmut vieler Menschen ins Auge. Wir lehnen es ab, die Alterssicherung weiter zu privatisieren, und betonen die staatliche Pflicht, für eine ausreichende Rente für alle zu sorgen, die über der Mindestsicherung liegt. Ganz besonders unter Altersarmut haben Frauen zu leiden, weil sie eher in Teilzeit oder in schlechter bezahlten Jobs arbeiten und größere Auszeiten bei der Einzahlung in die Rentenversicherung aufweisen. Wir setzten uns nicht nur für gleichen Lohn für gleiche Arbeit für Frauen* ein, sondern fordern auch die Abschaffung des Ehegattensplittings. Dieses Modell fördert die Alleinverdiener-Ehe und verstärkt damit die weibliche Armut im Alter oder nach einer Scheidung. Ebenso halten wir Instrumente wie ein Betreuungsgeld, welches eine vor allem weibliche Erziehungsarbeit zementiert, für nicht mehr zeitgemäß.

Auch Bildung gehört für uns zu den grundlegenden Freiheitsrechten, die allen Menschen zustehen – unabhängig von ihrer finanziellen Lage. Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass Bildungsangebote für alle Menschen zugänglich sind. Deshalb setzen wir uns insbesondere weiter gegen jegliche Form von Studiengebühren ein.

In unserer Gesellschaft wird Mobilität erwartet und für eine selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe ist Mobilität zwingend notwendig. Um das Recht auf Freizügigkeit für alle Menschen zu gewährleisten, unabhängig von finanziellen Mitteln und unabhängig vom Besitz eines eigenen Autos, braucht es einen günstigen, zuverlässigen und schnellen öffentlichen Verkehr.

Um ihre Freiheit zu leben, brauchen Menschen Zeit. Neben einer individuellen Arbeitszeitgestaltung kann dies etwa in Form von Home Office ermöglicht werden. Wir möchten eine Ausweitung von Arbeitszeiten an Wochenenden und Feiertagen verhindern und lehnen die Ausweitung verkaufsoffener Sonntage und Sonntagsarbeitszeiten ab. Damit unterstützen wir unser aller Recht auf Freizeit!

 

FREI UND SELBSTBESTIMMT.

Aufgeklärt statt eingesperrt – wir setzen auf eine drogenpolitische Wende.

Die Prohibitionspolitik der letzten Jahrzehnte durch CDU, SPD und FDP ist gescheitert. Hunderttausende Konsument*innen von Drogen wurden kriminalisiert, anstatt wirkungsvolle Konzepte wie eine konsequente Aufklärung zu unterstützen. Suchterkrankungen müssen endlich wirksam bekämpft werden. Dazu setzen wir auf eine konsequente Entkriminalisierung von Konsument*innen. Nicht sie, sondern eventuelle Abhängigkeiten sind das Problem. Aufklärung zu legalen und bisher illegalen Drogen muss in die Lehrpläne aller weiterführenden Schulen aufgenommen werden, um Jugendliche frühzeitig über Risiken zu informieren. Außerdem braucht NRW dringend flächendeckende Konsumräume, die saubere Utensilien und geschulte psychosoziale Betreuung gewährleisten.

Das überholte Cannabis-Verbot wollen wir durch ein Cannabis-Kontrollgesetz ablösen. Der kontrollierte Anbau, Vertrieb und Verkauf sowie die Einhaltung des Jugendschutzes bilden für uns zentrale Eckpfeiler eines solchen Gesetzes. Der Dealer fragt nicht nach dem Ausweis, wir wollen deswegen die rechtsstaatliche Hoheit zurückgewinnen. Außerdem fordern wir eine unabhängige Überprüfung des Betäubungsmittelschutzgesetzes um weitere Substanzen zu identifizieren, für die eine Legalisierung in Frage kommt.

Dein Gott, dein Ding.

Als GRÜNE JUGEND NRW treten wir für ein säkulares Staatsverständnis ein. Das heißt nicht, dass wir Menschen an der Ausübung ihrer Religion hindern wollen. Stattdessen wollen wir mehr Religionsfreiheit durch die Unabhängigkeit von Staat und Religionsgemeinschaften sicherstellen.

Deswegen wollen wir das Relikt des Tanzverbots für stille Feiertage abschaffen und eine Kommission einberufen, die jede Zusammenarbeit zwischen Staat und Religionsgemeinschaften auf ihren demokratischen Nutzen überprüft. Wichtig ist uns aber auch, dass alle Religionsgemeinschaften und insbesondere ihr friedliches Zusammenwirken in einer vielfältigen Gesellschaft in der Öffentlichkeit einen Platz haben.

MEIN KÖRPER, MEINE LIEBE, MEINE FREIHEIT.

Unsere Art zu leben, zu lieben und über unseren eigenen Körper zu bestimmen, wird von gesellschaftlicher, aber vor allem von staatlicher Seite noch immer viel zu sehr eingeschränkt. Die Freiheit (konsensbasiert) zu lieben, wen und wie wir wollen, muss bedeuten, dass die Ehe als Vorrecht heterosexueller Paare endlich abgeschafft wird. Alle Liebeskonstellationen erwachsener Menschen, die auf Konsens basieren, müssen aus unserer Sicht rechtlich gleichgestellt werden. Es darf keine Bevorzugung von Beziehungsformen geben, nur weil sie gewisser kulturell-historisch geprägten Normalvorstellungen entsprechen.

Diese Normvorstellungen sind aber gerade ein großes Problem. Viele Menschen, die nicht so leben oder lieben, wie die Gesellschaft es für normal erachtet, werden diskriminiert und nicht selten Opfer verbaler oder physischer Gewalt. Deswegen ist die staatliche Gewährung von Freiheit untrennbar verknüpft mit einem Schutz und der Aufklärung über gesellschaftliche Vielfalt. In Bildungsplänen und der Kulturförderung wollen wir Vielfaltsaspekte stärker berücksichtigt sehen, um so Vorurteilen und daraus entstehenden Diskriminierungen entgegenzuwirken.

Um ein starkes Zeichen gegen die Diskriminierung und die Verfolgung von queeren Menschen zu setzen, fordern wir nicht nur eine Überprüfung der Wirksamkeit und ggf. eine Ausweitung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, sondern auch eine Verankerung des Diskriminierungsverbots sexueller und geschlechtlicher Identität im Grundgesetz.

Große rechtliche Probleme ergeben sich bei Menschen, die sich nicht mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde, oder, die sich nicht in die Kategorien männlich-weiblich einordnen lassen (möchten). Wir fordern einerseits die Schaffung einer dritten Option im Personenstandsrecht und andererseits eine Vereinfachung der Personenstandsänderung und Namensänderung für transgeschlechtliche Menschen. Hier ist insbesondere die Abschaffung des Begutachtungszwanges zu nennen.

Sicher ist auch: Trans*– und intergeschlechtliche sowie nicht-binäre Menschen sind nicht krank, nur weil sie nicht in gesellschaftliche Normalvorstellungen von Geschlechterbildern passen.

Gleichzeitig müssen aber Leistungen der Krankenkassen, die diesen Menschen Hilfe bieten, weil sich in ihrer Lebenssituation ein Leidensdruck ergibt, bestehen bleiben – und das völlig unabhängig davon, ob es sich dabei um Operationen oder psychosoziale Dienste handelt.

Genauso wollen wir uns dafür einsetzen, dass genitalverändernde Operationen an Säuglingen und Kindern, die nicht alleine dem Zweck der Lebenserhaltung dienen, verboten werden. Diese Operationen sind strikt abzulehnen, damit den Betroffenen die Möglichkeit gegeben wird, selbstbestimmt eine Entscheidung zu treffen.

Rechtliche Benachteiligungen von queeren Menschen im Bereich der Familienplanung und des Zusammenlebens wollen wir mit dem Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare beenden. Ebenfalls sollen auch Alleinstehende und gleichgeschlechtliche Paare Angebote der Reproduktionsmedizin in Anspruch nehmen können. Kinder gleichgeschlechtlicher Paare sehen sich oft der Situation ausgesetzt, dass sie mehr als nur eine Mutter oder einen Vater haben, auch wenn die entsprechenden Menschen nicht als leibliche Eltern im genetischen Sinne zu verstehen sind. Deswegen wollen wir es ermöglichen, dass in Geburtsurkunden mehrere Eltern eingetragen werden können, damit wir der sich veränderten gesellschaftlichen Realität gerecht werden, die zunehmend aus anderen Familienbildern und auch aus Patchwork- und queeren Familien besteht. Von einer solchen Regelung profitieren nicht nur die Erwachsenen, sondern auch die Kinder sind rechtlich besser abgesichert, sollte einem Elternteil etwas zustoßen.

Freiheit bedeutet auch, sich frei und selbstbestimmt in jeder Lebenslage bewegen zu können. Doch Übergriffe und sexualisierte Gewalt schränken viele Frauen*, Queers, aber auch Männer ein. Deswegen fordern wir weiterhin ein konsequentes Vorgehen gegen sexualisierte Gewalt, deren Bekämpfung überall auf die Agenda gehört!

Zur Freiheit eines Menschen gehört selbstverständlich der Schutz vor ungewollten Schwangerschaften und sexuell übertragbaren Krankheiten. Deswegen fordern wir einen einfachen, unkomplizierten Zugang zu allen Verhütungsmitteln und Mitteln, die vor sexuell übertragbaren Krankheiten schützen. Perspektivisch wollen wir uns dafür einsetzen, dass diese allen Menschen als Kassenleistung zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere bedürftigen Menschen wollen wir diese aber völlig kostenlos bereitstellen.

Eine der schwerwiegendsten sexuell übertragbaren Krankheiten AIDS, die durch den HI-Virus übertragen wird, ist bis heute nicht vollkommen heilbar. Es gibt jedoch Mittel, die vor einer Übertragung schützen können. Wir fordern, dass diese allen kostenlos als Kassenleistung zur Verfügung gestellt werden, die sich durch eine Ansteckung gefährdet sehen. Schutz vor Krankheiten darf kein Luxusprodukt sein!

 

FREIHEIT IST UNSER RECHT. DEMOKRATIE IST UNSERE AUFGABE.

Freiheit heißt für uns auch, dass das gesellschaftliche Zusammenleben durch einen Rechtstaat geregelt wird. Nicht nur die Starken, sondern vor allem die Ausgegrenzten sind auf eine starke rechtsstaatliche Ordnung angewiesen, um ihr Leben in Freiheit zu leben. Deswegen setzen wir auf eine unabhängige, diskriminierungsfreie Justiz und die Sicherung des Rechtsstaates.

Für uns steht fest: Wer die Sicherheit für die Freiheit opfert, wird am Ende beides verlieren. Deswegen stellen wir uns den Forderungen nach einer flächendeckenden Videoüberwachung in NRW entgegen. Insbesondere die vernetzte Überwachung schränkt unser aller Freiheit ein. Die regelmäßige Überprüfung der Videobeobachtung in NRW wollen wir beibehalten.

Wir setzen stattdessen auf präventive Politik, die gesamtgesellschaftliche Missstände abbaut und mehr Polizeibeamt*innen einstellt. Wichtig ist uns dabei die Rechtsstaatlichkeit des Polizeiapparates sicherzustellen. Deswegen wollen wir die Missstände durch institutionellen Sexismus, institutionellen Rassismus und andere Formen institutioneller Diskriminierung angehen und beseitigen. Dazu braucht es ein gemeinsames wirkungsvolles Handlungskonzept der Landesinnenminister*innen und des*der Bundesminister*in. Vor allem muss aber die ständige Rechtsstaatlichkeit der Polizei sichergestellt werden. Mit der Polizeibeschwerdestelle ist hier in NRW ein Meilenstein gelungen, die Einführung eines*r unabhängigen Polizeibeauftragten muss der nächste Schritt sein.

Mit einem eigenständigen Versammlungsgesetz für Nordrhein-Westfalen wollen wir zudem weg vom veralteten Versammlungsgesetz des Bundes und eine moderne, rechtsstaatliche Grundlage für NRW schaffen. Hierbei soll die umfassende Auswertung der Rechtsprechung der letzten Jahrzehnte im Fokus stehen – vor allem aber wollen wir hierbei Spielräume für die Versammlungsfreiheit nutzen:

Sitzblockaden stellen nicht nur für uns, sondern bis ins bürgerliche Spektrum hinein ein legitimes Mittel des Gegenprotests gegen rechte Aufmärsche und Versammlungen dar. Es ist für uns unverständlich und ein falsches Zeichen, Proteste gegen rechts zu kriminalisieren und zu erschweren. Blockaden müssen möglich sein, ohne sich strafbar zu machen. Die Teilnahme an Blockaden soll daher zukünftig keine Straftat darstellen, sondern legal möglich sein.

Um Demonstrierende besser zu schützen, ist es für uns notwendig, dass eine Vermummung zukünftig keine Straftat mehr, sondern eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Daneben treten wir dafür ein, die Geheimdienstpolitik den Ansprüchen einer freien Gesellschaft anzupassen. Die Perspektive einer geheimdienstfreien Gesellschaft treibt uns an, wir sehen aber die Notwendigkeit von Geheimdiensten in der aktuellen politischen Situation. Mit der Stärkung des parlamentarischen Kontrollgremiums und dessen Transparenz sowie der Abschaffung der V-Leute wollen wir die Rechtsstaatlichkeit weiter stärken.

Grundpfeiler einer freiheitlichen Gesellschaft ist eine lebendige, wehrhafte Demokratie. Wir heben die staatliche Verantwortung hervor, die eigenen Bürger*innen für ihre Grundrechte und demokratische Partizipation zu sensibilisieren. Für das Überleben von Freiheit ist es unabdingbar, dass Menschen vor Augen geführt wird, dass Grundrechte langfristig nur gesichert werden können, wenn diese verteidigt und eingefordert werden. Als GRÜNE JUGEND NRW sehen wir es deswegen nicht nur als unsere Aufgabe an, in Form des gesellschaftlichen Dialogs der politischen Willensbildung teilzunehmen, sondern auch dort, wo wir Grundrechte und gesellschaftliche Freiheiten bedroht sehen, zu gewaltfreiem Protest aufzurufen.

 

FREIHEIT 2.0.

Der technologische Fortschritt hat unsere Welt stark verändert. Das bedeutet auch, dass Gesetze modernisiert werden müssen, um diesem Fortschritt gerecht zu werden. Freiheitsrechte müssen in der digitalen Welt genauso verteidigt und weiterentwickelt werden wie in anderen Bereichen. Deswegen setzen wir uns für umfassenden Datenschutz ein. Dazu gehört, dass wir uns gegen jegliche Form der Vorratsdatenspeicherung stellen, in der massenhaft Daten ohne Verdachtsmoment gespeichert werden. Ebenfalls fordern wir, dass Unternehmen nicht ziellos Daten über Verbraucher*innen sammeln, die dann gewinnbringend weiterverkauft werden. Hier müssen bestehende Datenschutzrichtlinien strikt angewandt und die internationale Zusammenarbeit verstärkt werden. Dafür streben wir ein modernes europäisches Datenschutzrecht mit Fokus auf Datensparsamkeit an.

Ebenso wollen wir die Netzneutralität gesetzlich festschreiben und sprechen uns klar gegen jegliche Zensur aus.

Das Internet ist für viele Menschen zu einem Grundbedürfnis geworden. Beruflich, aber auch privat sind wir auf viele digitale Dienste angewiesen. Bewegungsfreiheit muss uns nicht nur auf der Straße garantiert werden, sondern auch im Netz. Der Zugang zu schnellem Internet ist allerdings vielerorts noch begrenzt, weswegen wir einen flächendeckenden Breitbandausbau brauchen, damit überall der Zugang zu schnellem Internet sichergestellt ist. Das sichert unsere Freiheit und schafft Entwicklungsperspektiven für strukturschwache Regionen.

Auch das kabellose Internet wollen wir weiter fördern. Freifunkrouter, die kostenlos WLAN bereitstellen, finden zunehmend Verbreitung. Diese Initiativen möchten wir fördern und rechtlich absichern. Insbesondere in öffentlichen Einrichtungen möchten wir perspektivisch überall Freifunkinternet bereitstellen.

Freies Wissen und öffentliche Daten im Netz müssen leichter zugänglich sein und nutzer*innenfreundlich aufbereitet werden. Der Einsatz lizenzfreier Software soll gefördert werden, um mehr Menschen Teilhabe und freien Wissensaustausch zu ermöglichen.

Dieser freie Zugang zu Wissen beschränkt sich nicht auf den digitalen Raum – im Gegenteil: Wir erinnern an den großen Nachholbedarf im Bereich des Verbraucher*innenschutzes, sei es bei der transparenten Kennzeichnung von Produkten und Dienstleistungen, AGBs oder der Auskunftspflicht von Behörden. Wir kämpfen weiter für Transparenz, denn nur wer freien Zugang zu Informationen hat, kann auch wirklich freie Entscheidungen treffen!

Trotz aller Freiheiten, die uns das Internet bietet, ist es für uns kein rechtsfreier Raum. Große Sorge bereitet uns die zunehmende Verbreitung von Hate Speech, gegen die wir ein konsequentes Vorgehen fordern. Dort, wo die Würde von Menschen verletzt wird und Diskriminierung stattfindet, endet die persönliche Freiheit – auch im Internet. Ebenfalls besorgniserregend ist die wachsende Verbreitung sogenannter „Fake News“ im Internet, die gezielt genutzt werden, um Vorurteile gegen Minderheiten zu schüren und menschenfeindliche Ansichten salonfähig zu machen. Dieses Thema gehört für uns auf die politische Agenda und wir wollen Betreiber von sozialen Netzwerken in die Pflicht nehmen, rechtswidrige Inhalte innerhalb einer Frist zu entfernen.

 

FÜR EINE FREIE WELT.

Unsere Welt wächst enger zusammen und damit geht für uns die Verantwortung einher, nicht nur die Freiheit im Geltungsbereich unserer Verfassung – auf dem Boden der Bundesrepublik – zu verteidigen, sondern auch darüber hinaus für das Leben in einer freien Welt einzustehen. Vielerorts ist die politische Situation in den letzten Jahren leider nicht freier, sondern unfreier geworden. Autoritäre Bewegungen befinden sich im Aufwind und demokratische Gesellschaften haben gezeigt, wie verletzlich sie sein können.

Wir möchten aus diesem Grund unseren Anspruch auf Freiheit ins Zentrum unserer außenpolitischen Positionen rücken. Dort, wo Staaten Freiheit, Teilhabe und Gleichberechtigung verwirklichen und an dem Bild einer freien Welt festhalten, müssen wir verstärkt transnationale Zusammenarbeit suchen. Wir halten an unserem Traum einer starken, solidarischen Europäischen Union fest, der eine wichtige Rolle in einer sich zunehmend globalisierten Welt zukommt und die seit Jahrzehnten eine friedliche Zusammenarbeit zwischen Staaten sicherstellt.

Wir haben die Verantwortung, Kritik an Staaten zu üben, die Freiheitsrechte einschränken und verletzen. Insbesondere die jüngeren Entwicklungen in der Türkei haben wir mit großer Sorge verfolgt und waren fassungslos über die Kritikscheu der Bundesregierung. Es ist klar: Ein Land, in dem Menschenrechte, Freiheit und Demokratie immer stärker verloren gehen, kann auf absehbare Zeit keine Beitrittsperspektive zur EU mehr haben.

Eine besondere Verantwortung kommt Deutschland überdies als drittgrößter Waffenexporteur der Welt zu. Wiederholt wurden in der Vergangenheit Waffen in Länder, die damit Menschen unterdrücken und in ihrer Freiheit einschränken. Wir fordern, dass nicht nur Waffen, sondern auch deren Baupläne, das entsprechende Know-How und die Produktionsmaschinen nicht an Diktaturen weitergegeben werden dürfen. Ebenfalls müssen Genehmigungsverfahren für den Waffenexport transparenter erfolgen.

 

DER MAI WIRD FREI.

Mit klarer Kante gegen Rechts

Die GRÜNE JUGEND NRW zeichnet sich durch ein klares antirassistisches und antifaschistisches Grundverständnis aus. Dieses Grundverständnis werden wir bei der kommenden Landtagswahl nach vorne stellen. Denn: Wo rechte Kräfte erstarken, wird die Freiheit von Minderheiten eingeschränkt. Deswegen werden wir uns den Kräften um die deutschnationale AfD entgegenstellen. Unser Ziel ist es, ihren Einzug in den nächsten Landtag von NRW zu verhindern. Jede Form möglicher parlamentarischer Kooperation lehnen wir strikt ab.

GRÜN heißt Freiheitspolitik

Wir haben die Arbeit der Landesregierung in den letzten 7 Jahren stachlig begleitet. Auch durch unseren Druck konnte durch die GRÜNE Regierungsbeteiligung Freiheitspolitik in NRW betrieben werden. Unsere wichtigsten Erfolge der letzten 7 Jahre:

Studiengebühren abgeschafft, freien Zugang zur Bildung gestärkt

Die schwarz-gelbe Landesregierung hatte 2006 Studiengebühren eingeführt. Nicht einmal ein Jahr nach der Regierungsübernahme brachte die rot-grüne Landesregierung ihre Abschaffung auf den Weg. Damit wurde allen mit einer Studiumsberechtigung der gebührenfreie Zugang zum Studium gesichert.

Demokratie gesichert, Wahlfreiheit geschaffen – und für noch mehr Wahlfreiheit gekämpft

Mit der Wiedereinführung von Stichwahlen bei Oberbürger*innenmeister*innen und Landrät*innen hat die rot-grüne Landesregierung die kommunale Demokratie in NRW gestärkt. Nur mit einer absoluten Mehrheit können diese jetzt ins Amt kommen. Beim Wahlrecht, wie dem Wahlalter 16 und für weitere Personengruppen, ist die Aufhebung des Reformstaus durch Verfassungsänderungen am Widerstand der Mitte-Rechts Opposition aus CDU und FDP gescheitert. Durch GRÜNE wurde aber klargemacht: Die Freiheit für junge Leute, wählen zu gehen, ist für uns nicht vom Tisch.

Datenschutz gestärkt, Deine Freiheit – deine Daten

Durch GRÜNE wurden die Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit deutlich gestärkt. Mit dem Datenschutzssiegel NRW geht unser Bundesland als Vorreiter im Schutz der persönlichen Freiheit voran.

Freiheit in Vielfalt, Aktionsplan umgesetzt

Vielfalt wurde in NRW zur Staatssache. Mit dem Aktionsplan für Gleichstellung und Toleranz hat die Landesregierung die Vielfalt in die Schulen gebracht und arbeitet daran, Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung abzubauen. Dies zeigt auch der unermüdliche Einsatz für die Eheöffnung im Bundesrat. Nur mit GRÜN bleibt NRW Vielfaltsland.

Freiheit schützen, Handlungskonzept gegen Rechts auf den Weg gebracht

In einer freien und vielfältigen Gesellschaft darf kein Platz für radikal rechtes Gedankengut sein. Deswegen ist es richtig, dass die Landesregierung mit dem „Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus“ einen Meilenstein in der Arbeit gegen Menschenfeindlichkeit gesetzt hat.

Polizeibeschwerdestelle eingeführt, Sicherheit durch Freiheit und Rechtstaat

Die GRÜNE Innenpolitik setzt auf Sicherheit durch Freiheit und einen starken, demokratischen und vielfältigen Rechtstaat. Es gibt gerade im Bereich der institutionellen Diskriminierung in der Polizei und in der Arbeit gegen einen Überwachungsstaat noch viel zu tun. Mit einer Polizeibeschwerdestelle und der Neueinstellung von Polizist*innen ist aber ein erster Schritt gemacht.

Wissen macht Freiheit, mehr Transparenz für Verbraucher*innen gesichert

Nur durch das GRÜNE Verbraucher*innenschutzministerium konnte die Freiheit der Verbraucher*innen in NRW gestärkt werden. Konkrete und zentrale Punkte waren dabei:

die Verminderung des Einsatzes von Antibiotika und anderer Medikamente in der Tiermast, erfolgreiche Initiativen im Bundesrat für mehr Tierschutz und bessere Haltungssysteme für unsere Nutztiere, Maßnahmen gegen das Wegwerfen und die Verschwendung von Lebensmitteln, größere Transparenz sowie mehr Personal bei der Lebensmittelkontrolle.

Gender-Mainstraming umgesetzt, Freiheit durch Geschlechtergerechtigkeit

 Freiheit gibt es nur in einer geschlechtergerechten Gesellschaft. Deswegen ist es richtig, dass das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter das Gender-Mainstreaming fest im Regierungshandeln verankert hat. Konkret wurde mit der verankerten Quote im Hochschulzukunftsgesetz ein großer Schritt getan.

Es geht um Freiheit bei der Landtagswahl

Die Landtagswahl im Mai wird keine gewöhnliche Wahl, sie wird auch eine Abstimmung über Freiheit in NRW. In den letzten 7 Jahren haben wir als GRÜNE JUGEND NRW mit Erfolg für ein freies NRW gekämpft. Jetzt ist diese Freiheit in Gefahr: Der erstarkende Rechtspopulismus wettert gegen jede Vielfalt, CDU und FDP bedrohen mit ihrer polemischen Innenpolitik jede persönliche Freiheit und mit dem Ruf nach Studien- und KiTa-Gebühren die Bildungsfreiheit.

Wir werden die erreichte Freiheit verteidigen und für noch mehr Freiheit kämpfen – das ist unsere Aufgabe als linker Jugendverband.

 

Glossar:

Fiskalpolitik bezeichnet wirtschaftspolitische Maßnahmen eines Staates (z.B. Steuersenkungen oder gezielte Staatsausgaben), die für ein stabiles Wirtschaftswachstum sorgen sollen.

Jobcenter sind in allen Städten bzw. Kreisen angesiedelt und kümmern sich um die Bereitstellung von Arbeitslosengeld und die Betreuung der Empfänger*innen.

Ehegattensplitting bezeichnet eine Option im deutschen Steuerrecht, die es Ehepartner*innen ermöglicht, ihr Einkommen auf beide Personen zu verteilen, um weniger Steuern zu zahlen. Das Verfahren nützt insbesondere Paaren, bei denen eine Person sehr viel und die andere sehr wenig bis gar nichts verdient.

Frau* bezeichnet alle Menschen, die sich selbst als Frauen* definieren. Der Genderstar „*“ macht kenntlich, dass Transfrauen explizit mitgemeint sind.

Prohibitionspolitik bezeichnet das politisch vorgeschriebene Verbot bestimmter Drogen.

Das Personenstandsrecht regelt das Melden von familiären Situationen gegenüber staatlicher Behörden. Dazu zählen z.B. Geburten, Eheschließungen, Sterbefälle, aber auch Namensänderungen.

Begutachtungszwang bezeichnet die Auflage für Menschen, die ihren Namen und Geschlechtseintrag ändern lassen wollen, zwei unabhängige psychiatrische Gutachten einholen zu müssen.

Trans* bedeutet, dass eine Person das bei ihrer Geburt zugewiesene Geschlecht ablehnt.

Unter inter-geschlechtlich oder intersexuellen Menschen werden Personen verstanden, die körperlich weder eindeutig dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugeordnet werden können.

Als nicht-binär oder non-binary werden Menschen bezeichnet, die sich weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zuordnen möchten.

Emanzipation bezeichnet die Befreiung von Diskriminierung von Minderheiten. Historisch bezieht sich der Begriff insbesondere auf den Kampf gegen ein traditionelles Rollenbild von Mann und Frau.

Die Netzneutralität soll sicherstellen, dass alle Datenpakete im Internet bei ihrer Übertragung gleich behandelt werden. Das bedeutet, dass keine Webseiten gegen Aufpreis schneller erreichbar sein dürfen oder nur bestimmte Internetdienste über einen Internetanschluss (kostenfrei) erreichbar sind.

Polemisch bedeutet, mithilfe von scharfen und direkten Äußerungen, gerne auch Übertreibungen, Ironie oder Sarkasmus, die eigene Meinung gegen eine andere durchzusetzen. Dabei liegt der Fokus auf dem Durchsetzen der eigenen Ansicht und nicht auf der Suche nach einem Kompromiss.

 

Beschlossen auf der Frühjahrs-Landesmitgliederversammlung am 12.03.2017.



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