Biomasse – nachhaltig in die Zukunft!

Die Nutzung von Biomasse bringt viele Probleme mit sich und ist eine der umstrittensten erneuerbaren Energieträger. Die Möglichkeit Strom aus Biomasse dann zu erzeugen wenn er gebraucht wird, ist auf der anderen Seite der große Vorteil der Biomasse im Vergleich zu Solaranlagen und Windrädern. Den Einspeisevorrang für Biomasse wollen wir aufweichen, sobald alle Kohlekraftwerke vom Netz gegangen sind, damit diese Flexibilität der Biomasse zum Gelingen der Energiewende beiträgt. Das Ziel einer 100% erneuerbaren Stromversorgung bis 2030 ist ohne die Nutzung von Biomasse kaum zu schaffen.

Für uns als GRÜNE JUGEND NRW ist jedoch klar:

  •  Die Biomassenutzung darf nicht zu einer Ausweitung der Massentierhaltung führen!
  • Die Biomassenutzung darf nicht die Lebensmittelversorgung beeinträchtigen und damit den Hunger verschärfen!
  • Die Biomassenutzung darf nicht zur Rodung der letzten verbliebenen Ur- und Regenwälder führen!
  • Die Biomassenutzung darf nicht zu einem massiven Import von Biomasse aus weit entfernten Regionen führen!
  • Die Biomassenutzung darf nicht zu weiteren Monokulturen führen 
  • Massentierhaltung ist nicht Bio!

Die Einführung des Güllebonus, führte dazu, dass Betreiber*innen großer Massentierhaltungsbetrieben die anfallende Gülle zu guten Preisen verkaufen konnten und somit die Massentierhaltung indirekt subventioniert wird. Wir bekräftigen unsere Forderung nach einer Einstreupflicht. Durch die Einstreu im Stall wird die Gülle gebunden. Der entstehende Mist kann als biologischer Dünger genutzt werden. Auf diesem Wege gelangt weniger Gülle in die Bäche und Flüsse, da mehr von den Pflanzen aufgenommen wird. Mist, der nicht auf Felder ausgebracht werden kann, muss kostenfrei an die Betreiber*innen von Biogasanlagen abgegeben werden. Der Güllebonus wird so überflüssig und kann eingespart werden.
 

Hunger kann nicht nachhaltig sein!

Der Hunger in der Welt nimmt nicht ab, obwohl sich zahlreiche Staaten dazu verpflichtet haben, den Hunger zu bekämpfen. Dafür gibt es viele verschiedene Gründe. Der weltweit steigende Fleischkonsum führt zu einem größeren Bedarf an Futtermitteln, die reguläre Lebensmittel von den Anbauflächen verdrängen. In der EU werden 58% der Getreideernte als Tierfutter verwendet. Dem Gegenüber stehen 2% der weltweiten Ackerfläche, auf denen Energiepflanzen angebaut werden. Noch ist die Hungerproblematik also vor allem auf ungerechte Verteilung und den hohen Fleischkonsum zurückzuführen. Doch Mittelfristig ist es nötig, verstärkt Reste der Nahrungsmittelproduktion (wie z.B. Stroh) zur Herstellung von Biomasse zu nutzen. Außerdem fordern wir ein Verbot der Einfuhr von Energiepflanzen aus Regionen, in denen Lebensmittelknappheit herrscht.
 

Zukunft ist nicht ohne Regen- und Urwälder zu haben

Die letzten verbliebenen Regen und Urwälder brauchen unseren Einsatz für ihren Schutz. Wir fordern die Einführung globaler Regeln, die die Rodung dieser wichtigen Lebensräume effektiv verhindern. Eine Produktion von Biomasse auf ehemaligen Regenwaldflächen ist das Gegenteil einer ökologischeren Welt. Deswegen darf Biomasse nicht auf dafür gerodeten Regen- und Urwaldflächen angebaut werden

Zukunft braucht Vielfalt

Riesige Felder, auf denen nur Mais und andere Getreidearten angebaut werden, prägen in einigen Regionen das heutige Landschaftsbild. Dies gefährdet die Biodiversität. Nachhaltige Biomasse kann nicht aus Energiepflanzenmonokulturen kommen. Stattdessen fordern wir, vielfältige Blumenmischungen zu nutzen, die nach dem heutigen Stand der Forschung zwar etwas weniger Energie pro Flächeneinheit liefern können als Energiepflanzen, dabei aber für einen sehr vielfältigen Lebensraum sorgen und so ökologischen Zusatznutzen mit sich bringen. Wir fordern daher die Einführung eines Wildwiesenbonus, um diese ökologische Form der Energieerzeugung weiterzuentwickeln.
Wir wollen auch das Anlegen von Blühstreifen auf nicht genutzten Flächen zwischen Wegen und Feldern verbindlich vorschreiben. Denn durch die um sich greifenden Monokulturen verschwindet immer mehr Lebensraum nicht nur für Niederwild, sondern auch für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten.
Außerdem wollen wir das Anpflanzen von Energiepflanzen als schnell wachsende Zwischenfrüchte fördern. Pflanzen wie Klee, Erbsen oder Senf produzieren in kurzer Zeit viel Biomasse und sollten in der Fruchtfolge stärker berücksichtigt werden. Auch bisher ungenutzte Energiepflanzen wie Hanf müssen angebaut werden können.
Die Nutzung von Holz zur Energiegewinnung muss an strenge Auflagen zur nachhaltigen Waldwirtschaft geknüpft werden. Gerade beim Rohstoff Holz bietet sich aber die sogenannte Kaskadennutzung an: zuerst wird das Holz für z.B. Möbel genutzt, und dann am Ende der Nutzungszeit zur Energiegewinnung verbrannt.
Aber auch aus Bioabfällen lässt sich Biogas gewinnen. Wir fordern daher die flächendeckende Einführung einer Biomülltonne und die Überprüfung und gegebenenfalls Aufhebung der bisherigen Ausnahmeregeln. Darüber hinaus fordern wir von den Kommunen ihren eigenen Grünabfall wenn möglich energetisch zu verwerten.
 

Die Zukunft ist anders

Jede Form der Energieerzeugung hat Auswirkungen auf die Umwelt. Atom- und Kohlekraft, sowie Fracking sind Möglichkeiten der Energiegewinnung, die ein sehr hohes Risiko für die Menschen heute, aber auch für künftige Generationen bergen. Die Nutzung von erneuerbaren Energien ist im Gegensatz dazu weniger umweltschädlich, da sie keinen radioaktiven Müll oder große Mengen CO2 hinterlässt. Ein erneuerbares Stromversorgungssystem braucht aber auch flexible Kraftwerke, die bei hoher Nachfrage oder geringem Angebot einspringen können. Für diese Flexibilität kann neben anderen Alternativen auch die Biomasse genutzt werden. Wir fordern daher eine Regelung, die diese Flexibilität nutzbar macht. Dabei muss aber beachtet werden, dass die Biomasse nicht zugunsten der Kohle- oder Atomkraft eingeschränkt wird! Langfristig wird die Biomasse eine wichtige Rolle bei der Produktion von Biogas darstellen. Mit dem erzeugten und speicherbarem Gas kann in Spitzenzeiten so die Stromversorgung sichergestellt werden.
Auch die Erneuerbaren, ob Sonne, Wind, Wasserkraft oder Biomasse haben einen Einfluss auf die Umwelt. Daher gilt auch bei 100% Erneuerbaren: nur Strom sparen kann Umweltfreundlich sein!

Glossar

Biomasse: Biomasse sind Pflanzenteile und andere natürliche Stoffe die (in dem hier verwendeten Zusammenhang) zur Gewinnung von Energie geeignet sind.
Erneuerbare Energieträger: Energieträger sind Stoffe die zur Energieerzeugung und/oder Speicherung geeignet sind. Erneuerbar ist ein Energieträger dann, wenn er z.B. nachwächst wie zum Beispiel Pflanzenteile.
Einspeisevorrang: regelt, dass erneuerbar erzeugter Strom vor Strom aus anderen Quellen (z.B. aus Kohle- oder Atomkraft) ins Stromnetz eingespeist wird.
Monokulturen: Große Felder auf denen nur eine Pflanzensorte angebaut wird. Monokulturen sind für Schädlinge besonders anfällig und stellen gleichzeitig ein Problem für die Artenvielfalt dar.
Güllebonus: eine zusätzliche Vergütung für die Betreiber*innen von Biomassekraftwerken, wenn sie Gülle in ihren Kraftwerken nutzen.
Gülle Urin und Kot von Tieren, der in der als Dünger genutzt werden kann.
Einstreu: Einstreu dient dazu im Stall den Urin und Kot der Tiere aufzunehmen. Sie kann aus zum Beispiel aus Stroh oder Sägespänen bestehen.
Mist: Die Einstreu bindet den Kot und Urin es entsteht Mist, der ebenso wie Gülle als Dünger genutzt werden kann. Da Mist eine festere Konsistenz hat als die Gülle gelangen die enthaltenen Stoffe nicht so schnell in die Flüsse und das Grundwasser, wodurch die negativen Folgen der Gülledüngung abgeschwächt werden.
Zwischenfrüchte: Pflanzen, die zwischen den den hauptsächlich angebauten Pflanzen angebaut wird.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29./30. Juni 2013 in Bielefeld.

Solidarität mit der Zivilgesellschaft in der Russischen Föderation

Ein Staat, der jährlich rund 50 rassistische Morde vorzuweisen hat, in dem oppositionelle Politiker in Schauprozessen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt werden und regelmäßig Wahlen gefälscht werden, kann nur schwerlich als Vorbild für Freiheit und Gleichheit gelten.

Seit den Massenprotesten gegen die massiven Wahlfälschungen zum Jahreswechsel 2011/2012 hat sich die politisch-gesellschaftliche Lage in der Russischen Föderation jedoch noch einmal erheblich verschlechtert. Westliche Medien berichten und berichteten in diesem Zusammenhang vor allem über die Verfahren gegen drei Mitglieder der Aktionsgruppe „Pussy Riot“, über die Ausweitung des bis dahin nur regional gültigen Gesetzes zum „Verbot homosexueller Propaganda“ auf das gesamte Staatsgebiet sowie über die neuen NGO-Gesetze. Dabei stehen diese Ereignisse nur stellvertretend für die alltäglichen kleinen und großen Repressionen, die freiheitsliebenden Menschen zunehmend das Leben schwermachen.

Kleine Chronologie der neuen Repressionswelle

Auftakt zu dieser Welle neuerlicher Unterdrückung war der Prozess gegen Nadeschda Tolokonnikowa, Jekaterina Samuzewitsch und Marija Aljochina für eine subversive Aktion im Februar 2012 in der Christi-Erlöser-Kathedrale in Moskau. Das „Punkgebet für Freiheit“ wurde von internationalen Medien vor allem als Aktion gegen Putins autoritäre Politik beschrieben, richtete sich aber mindestens eben so sehr gegen den in Russland herrschenden Sexismus.
Das sich daran anschließende Verfahren im Sommer 2012 geriet zur Farce und endete für die Angeklagten mit äußerst hohen Haftstrafen von zwei Jahren, die im Berufungsverfahren immerhin für Jekaterina Samuzewitsch in eine Bewährungsstrafe umgewandelt wurde. Im Laufe des Prozesses wurde sehr deutlich, dass an den drei Aktivistinnen ein Exempel statuiert werden sollte. Dabei hatte der auffällige Ort der Aktion zur Folge, dass die orthodoxe Kirche die Stimmung gegen die drei Aktivistinnen anheizen konnte.
An sich wies der Prozess gegen Tolokonnikowa, Samuzewitsch und Aljochina keine großen Neuerungen der politischen Rechtsprechung seit dem Amtsantritt Putins auf. Schon gegen Oligarchen wie Michail Chodorkowski oder oppositionelle Politiker wie Lew Ponomarjew waren Prozesse in ähnlicher Weise geführt worden.
Doch anders als bei vorhergehenden Verfahren kann der Prozess gegen die Pussy-Riot-Aktivistinnen als Beginn einer neuen Serie staatlicher und staatlich tolerierter Repressionen gegen oppositionelle Politiker*innen und Parteien, gegen Menschenrechts- und Umweltaktivist*innen sowie gegen die autonom organisierte antifaschistische Szene bezeichnet werden.
Als ein Grund für das verschärfte Vorgehen gegen putinkritische Gruppierungen werden die angeblichen „Massenunruhen“ während einer Großdemonstration gegen Putins Politik am 6. Mai 2012 in Moskau angegeben. Damals kam es zu erheblichen Übergriffen der paramilitärischen Polizeieinheit OMON mit zahlreichen Verletzten und knapp 1000 Verhaftungen. Die Mitorganisatoren Sergej Udaltsov und Leonid Razwozzhajew werden nun wegen der Organisation von Massenunruhen und der Vorbereitung der Destabilisierung der Macht angeklagt.
Eine Ermittlungskommission der russischen Zivilgesellschaft versucht nun die Ereignisse vom 6. Mai, nach dem Ort der Geschehnisse auch als Fall „Sumpf“ bekannt geworden, aus Sicht der Demonstrierenden aufzuarbeiten. Aus allerlei staatlichen Quellen und Medienberichten, aus schriftlichen Berichten von Teilnehmenden und Zeug*innen, aus privaten und öffentlichen Video- und Tonaufzeichnungen hat sie eine ganz andere Darstellung der Ereignisse erarbeitet. Es ist die Darstellung krasser Polizeigewalt und erheblicher Verstöße gegen die Versammlungsgesetze durch die Sicherheitsbehörden.
Das hält die Ermittlungsbehörden nicht davon ab, weiter zu ermitteln, hohe Haftstrafen zu fordern und auf zweifelhafte Mittel zurückzugreifen. So wollte sich ein Mitarbeiter Udaltsovs durch die Flucht in die Ukraine der Verhaftung zu entziehen, wurde dort aber von Agenten des russischen Geheimdienstes FSB entführt, verschleppt und nach eigenen Angaben gefoltert.
Ende April, Anfang Mai diesen Jahres kam es zu weiteren Festnahmen, unter anderem wurde der bekannte Antifaschist Alexej Gaskarow verhaftet. Ihm wird ebenso wie Udaltsow und anderen Beteiligung an bzw. der Aufruf zu „Massenunruhen“ vorgeworfen.
Obwohl sich diese neue Repressionswelle hauptsächlich gegen Teile der sich eben erst formierenden Linken richtet, bleiben auch liberale Aktivist*innen und Gruppen nicht verschont. So greift das neue NGO-Gesetz vor allem das liberale Spektrum aus Menschenrechts-, Umwelt- und Antikorruptionsorganisationen an. Für diese werden neben verschärften administrativen Vorgaben auch die Selbstbezeichnung „Ausländischer Agent“ verpflichtend. Bei Nichtbeachtung drohen den sowieso klammen Gruppierungen Geldstrafen in empfindlicher Höhe.
Gegen den liberale Oppositionspolitiker, Blogger, Sprecher des „Koordinationsrats für die russische Opposition“ und designierte Präsidentschaftskandidat Alexei Nawalny wurde bereits im Juli 2012 Anklage wegen Veruntreuung staatlicher Gelder erhoben. Wird er verurteilt, gilt er als vorbestraft und darf deshalb nach neuestem russischem Recht nicht mehr für ein öffentliches Amt kandidieren.
In diese Auflistung reiht sich auch das Gesetz zum Schutz von Minderjährigen vor „Homosexueller Propaganda“ ein, welches vor der letzten Lesung in der Staatsduma noch auf „nichttraditionelle sexuelle Beziehungen“ ausgeweitet wurde. Damit soll queeren Menschen die Möglichkeit genommen werden, sich gegen Diskriminierung zu wehren oder gar mehr bzw. gleiche Rechte einzufordern. Das Zeigen der Regenbogenflagge bzw. dieses Logos ist so zum Beispiel unter Strafe gestellt.

Verhinderung einer neuen Gegenbewegung

Grund für diese Repressionswelle dürfte die Entstehung einer inhaltlich breit aufgestellten Oppositionsbewegung gewesen sein. Die Proteste zwischen Dezember 2011 und Sommer 2012 entwickelten sich zunehmend von Demonstrationen für einzelne Verfassungsrechte wie freie Wahlen und ein freieres Versammlungsrecht hin zu kreativeren Aktionen für weitergehende sozioökonomische Reformen.
Diese Forderungen schließen zum Beispiel höhere Steuern für reiche Menschen, ein entschlosseneres Vorgehen gegen Korruption und die Machenschaften der Moskauer Oligarchen-Sippe sowie höhere Löhne, Reformen im Gesundheitswesen und des Bildungssystems ein.
Diese durchaus populären Forderungen hätten die Attraktivität oppositioneller Gruppen erheblich steigern können. Waren die liberalen Bewegungen mit ihren Forderungen nach „sauberen“ Wahlen und Versammlungsfreiheit bisher doch eher von der breiten Masse ignoriert worden. Diese aufkeimende Differenzierung und Radikalisierung der Proteste fand ihren vorläufigen Höhepunkt in der Demonstration am 6. Mai 2012, die nach der Logik der Regierung Putin folgerichtig gewaltsam aufgelöst und anschließend diffamiert wurde.

Nationalismus als Argument

Ein immer wiederkehrendes Motiv dieser Hetzkampagnen gegen putinkritische Gruppierungen ist Nationalismus. Besonders eindrücklich zeigt dies das neue NGO-Gesetz, das finanzielle Unterstützung durch internationale Organisationen als Spionagetätigkeit bezeichnet.
Auch die neueste homophobe Gesetzgebung wird mit kulturellen Eigenheiten und einem Bedürfnis nach Abgrenzung vom „Westen“ begründet.
Auf diese Weise können Repressionen gegen alternative Bewegungen bei den gläubigen und patriotischen Bevölkerungsteilen gut mit nationalistischen Beweggründen legitimiert werden. Patriotische Gefühle anzusprechen ist in der Russischen Föderation wegen des grassierenden Rassismus eine sehr erfolgversprechende Methode. Putins Regierung kannso bei weiten Bevölkerungsteilen trotz der zunehmenden sozialen Spannungen immer wieder punkten.
Diese Stimmung verhilft aber auch homophoben, rassistischen und antidemokratischen Aktivist*innen aus dem faschistischen Spektrum mit zur Legitimierung von Gewalttaten.
Selbst oppositionelle Gruppen können sich von diesem Nationalismus nicht freimachen und durch der krassen Repressionen sowie der verfahrenen Situation in der Politik sind inzwischen sogar Teile der Linken zur Kooperation mit faschistischen Organisationen bereit.

Behinderung des Kampfes gegen Diskriminierung

Doch nicht nur Nationalismus ist in der Russischen Föderation populär. Insbesondere Rassismus, Sexismus und Homophobie sind weit verbreitet und mit einer erheblichen Gewaltbereitschaft von Faschist*innen und Nationalist*innen bzw. orthodoxen Fundamentalist*innen gepaart.
Engagement gegen Unterdrückung und Diskriminierung findet so in einem äußerst schwierigen Umfeld statt. Durch fehlende staatliche Unterstützung, sowohl finanzieller als auch ideeller Art, wird diese Arbeit zusätzlich erschwert.

Kritik am Deutsch-Russischen Verhältnis

Trotz oder vielleicht gerade wegen der regelmäßigen Empörungswellen in den deutschen Massenmedien, wenn russische Aktivist*innen gerade wieder neuen Repressionen ausgesetzt sind, finden auch putinfreundliche Meinungen in der Medienlandschaft, aber auch in der deutschen alternativen Szene Anklang.
Auf konservativer und liberaler Seite wird vor allem aus ökonomischen Erwägungen heraus Zurückhaltung gegenüber dem autoritären Regime Putins gefordert.
Darüber hinaus wird angesichts des Themenfelds Russland auch immer wieder der in Deutschland latente Antiamerikanismus ersichtlich. Nach dieser Logik ist Kritik an der Russischen Föderation nur dann zulässig, wenn mindestens in gleichem Umfang Kritik an den USA und ihren Kriegen im Irak, in Afghanistan sowie des militärischen Vorgehens im „Krieg gegen den Terror“ geäußert wird. Mit Schuldzuweisungen, Vorurteilen und der Weigerung die Realität in der Russischen Föderation anzuerkennen, verändert sich die Lage vor Ort allerdings nicht.
Das schwierige offizielle Verhältnis zwischen den verschiedenen Russischen und Deutschen Staaten setzt sich somit bis heute fort und ist von Vorurteilen und Ignoranz geprägt. Eine Fortsetzung dieses Verhältnisses darf es in unseren Augen in dieser Form nicht mehr geben. Eine politisch-ökonomische Zusammenarbeit mit dem Regime Putin darf unserer Meinung nach die Einschränkungen grundlegender Rechte nicht weiter ignorieren. Die Kooperation mit denjenigen, die gegen Korruption, Rassismus, Sexismus und Homophobie arbeiten muss weiterhin gesucht werden. Angesichts des immer akuter werdenden Geldmangels russischer NGOs muss auch ausdrücklich ein Ausbau der finanziellen Unterstützung erwägt werden. Angesichts der herrschenden Unterdrückung in der Russischen Föderation, des maroden Bildungswesens und der geringen Möglichkeiten für kritische Bildungsarbeit wollen wir alles daran setzen, kritische Meinungsbildung in der Russischen Föderation zu ermöglichen und zu fördern. Dazu gehört auch der Erhalt bereits bestehender kritischer Einrichtungen, die im Rahmen der neuen Situation von der Schließung bedroht sind.
Eine intensivere Vernetzung deutscher und russischer NGOs zum Erfahrungsaustausch, aber auch um kritische Beobachtung der Vorgänge in Russland zu ermöglichen, sehen wir ebenfalls als lohnenswert an. Dabei müssen unter Umständen gewisse Kompromisse geschlossen werden, um den historisch gewachsenen Unterschieden in Inhalten, Organisierung und Sprache sowie Vokabular gerecht werden zu können.
Angesichts der bereits eingetretenen Repressionsmaßnahmen, der zahlreichen Festnahmen im Zusammenhang mit dem Fall „Sumpf“, der Unterdrückung bestimmter Lebensstile und Meinungen, fordern wir die sofortige Freilassung aller im Rahmen der Ereignisse vom 6. Mai 2012 auf dem Bolotnaya Platz Verhafteten, die Freilassung der anderen politischen Gefangenen, die Rücknahme des neuen NGO-Gesetzes sowie des Verbots „homosexueller Propaganda“.
Letzteres Gesetz darf auch auf keinen Fall noch weiter verschärft werden, wie es einige Abgeordneten der Staatsduma bereits vorgeschlagen haben.
Die Regierung der Russischen Föderation muss sich mindestens an die eigene Verfassung sowie die Europäische Konvention für Menschenrechte halten. Beides tut sie momentan unseres Ermessens nach nicht.
Free Pussy Riot! Freiheit für Aleksei Gaskarow! Solidarität mit den Betroffenen der aktuellen Repressionen!

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29./30. Juni 2013 in Bielefeld.

Queer dir deine Welt, Alte*r!

Wo man auch hinsieht: Die Vorstellung von Zweigeschlechtlichkeit und Heteronormativität in der Gesellschaft sind allgegenwärtig und damit leider auch die Diskriminierung derjenigen, die aus diesem Denkraster herausfallen. CSU-Politiker*innen wie Norbert Geis argumentieren mit der Existenz von Mann und Frau gegen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Auf offiziellen Dokumenten gibt es nur die Kategorien „männlich“ und „weiblich“ und Fernsehserien wie „Germany’s next Topmodel“ zeigen, wie letzteres Geschlecht auszusehen hat. Transsexuelle Menschen haben nach den offiziellen Kriterien der Weltgesundheitsorganisation WHO eine psychische Störung und müssen in therapeutischer Behandlung sein, bevor die Krankenkasse die Kosten für eine Geschlechtsangleichung übernehmen. „Du schwule Sau“ ist nach wie vor einer der gebräuchlichsten Schimpfworten auf deutschen Schulhöfen.
Für die GRÜNE JUGEND NRW ist klar: So stellen wir uns die Welt nicht vor!

GJ goes queer

Männlich, heterosexuell, monogam lebend, weiß und privilegiert – das ist das gesellschaftliche Standardmodell. Wir wollen aber zu einem Zusammenleben, das Vielfalt nicht nur akzeptiert, sondern fördert. Bestimmte sexuelle Identitäten und Orientierungen, Herkunft, Einkommen, Lebensweisen, Religionen und Weltansichten dürfen nicht weiter Grund für Diskriminierung und Andersbehandlung sein – sie müssen selbstverständlich werden.
Das Ziel der GRÜNEN JUGEND NRW ist eine queere Gesellschaft.

Familie goes queer

Für uns steht fest: Der Staat sollte keine Form des Zusammenlebens bevorzugen, sondern lediglich gesellschaftlichen Realitäten Rechnung tragen. Deswegen darf es kein längeres Festhalten an der klassischen „Hetero-Ehe“ geben. Kurzfristig fordern wir die Entscheidungsträger*innen auf Bundesebene auf, die deutlichen Zeichen aus Karlsruhe wahrzunehmen und endlich die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen!
Wir dürfen an diesem Punkt aber nicht stehen bleiben. Die Institution Ehe als „Keimzelle der Familie“ hält schon seit Jahren nicht mehr einer genaueren Überprüfung stand: Kinder werden immer öfter in Lebensformen außerhalb der Ehe geboren bzw. wachsen nicht mit verheirateten Eltern auf; was fehlt ist eine rechtliche Absicherung dieser Familien. Auf der anderen Seite steht eine historische Ungleichbehandlung der Frau innerhalb dieser Institution.
Wir fordern darum nochmals mit Nachdruck die Einführung eines Familienvertrags (Verweis auf Antrag 11/2010), in dem Verpflichtungen, Privilegien und Sorgerechtsfragen geklärt werden können. Da die Ehe ein unantastbares Menschenrecht ist, fordern wir die Öffnung dieser auf alle maximal zulässigen Formen des menschlichen Zusammenlebens.

Bildung goes queer

Kindergarten und Schule sind Orte, an denen Kinder und Jugendliche sich Wissen aneignen. Vor allem aber sind es Orte des sozialen Miteinanders, Möglichkeiten sich auszutauschen und voneinander zu lernen.
Dazu gehören auch Vorstellungen von sozialen Geschlechterrollen und Orientierung an Gleichartigen und Erzieher*innen. An diesen Orten lernen Kinder und Jugendliche was von ihnen in ihrer jeweiligen Geschlechterrolle verlangt wird und was gesellschaftlich verpönt ist.
Für uns ist klar: Hier muss Aufklärung ansetzen!
Bücher und andere Materialien sind aus dem Alltag in Kindergarten und Schule nicht wegzudenken. Egal ob Bilder- oder Mathematikbuch: Es macht einen Unterschied, ob die Familie immer nur im Vater-Mutter-Kind-Schema dargestellt wird oder dort gesellschaftliche Realitäten abgebildet werden! Darum fordert die Grüne Jugend NRW, dass die Gutachter*innen der Kultusministerien, die die jetzigen Schulmaterialien überprüfen, diese auf die Diversität der Familien- und Liebeskonstellationen untersuchen und für Neuauflagen beachten.
Lehrer*innen kann es mitunter Schwierigkeiten bereiten, Lebensformen fernab der Heteronormativität ihren Schüler*innen nahezubringen, wenn jene ihnen nicht selbst bekannt sind. Aus diesem Grund muss das Fortbildungsangebot für Lehrer*innen ausgeweitet werden, um auch die Themenspektren Queer und Gender abzudecken. Zusätzlich müssen die Pflichtfortbildungsstunden erhöht werden, um zu gewährleisten, dass die Schule den Lehrer*innen den Besuch der Fortbildung nicht verwehrt.
Wir begrüßen ausdrücklich die Initiative der Landesregierung zur Erstellung des “Aktionsplanes gegen Homophobie”, an dem auch NGOs und Beratungsstellen beteiligt waren. Darüber hinaus zeigen wir uns erfreut über die Bereitstellung weiterer Gelder, um beispielsweise SchLAu – schwul lesbische Schulaufklärung – gebührend finanziell zu unterstützen. Diese Initiativen müssen auch in Zeiten knapper Kassen langfristige Förderung erhalten, um konstant arbeiten zu können.

Medizin goes queer

Transsexualität gehört nach wie vor zu den größten Baustellen der Politik. Wer heute beschließt, sein Körper durch Hormontherapie und Operationen seiner Identität anzupassen, muss einen langwierigen, anstrengenden und letztendlich diskriminierenden Prozess durchlaufen; neben einer Diagnose der Transsexualität durch eine*n Psychater*in stehen diverse Behördenläufe sowie der Antrag auf Vornamensänderung und später auf Personalstandsänderung bei Gericht an. Der ganze Prozess, der in den meisten Fällen mit Hormoneinnahme und einer operativen Geschlechtsangleichung einhergeht, erstreckt sich über einen langen Zeitraum und ist für die Betroffenen extrem belastend.
Die GRÜNE JUGEND NRW schließt sich den Forderungen nach einer Novelle des Transsexuellengesetzes an. Es ist menschenverachtend, jemanden den Weg aufgrund seines Wunsches nach einer körperlichen Anpassung dermaßen schwer zu machen! Wir fordern deswegen die Abschaffung der verpflichtenden psychologischen Begutachtung, denn niemand kann Transsexualität besser einschätzen als die betroffene Person. Zudem muss das jetztige Sonderrecht Transsexuellengesetz (TSG) in bestehendes Recht integriert werden. Dass es eines Antrages bei Gericht bedarf, um Vornamen und Personalstand ändern zu können, ist menschenunwürdig – dies muss bei den zuständigen Behördern möglich sein. Und zuletzt bedarf es einer gesetzlichen Regelung, die Krankenkassen zur Finanzierung der medizinischen Schritte wie Hormontherapie und Operationen verpflichtet – ein nötiger Schritt, der viel zu lange nicht gegangen wurde!
Die in letzter Zeit in den Medien präsenter gewordenen „Therapien“ gegen Homosexualität verurteilen wir aufs Schärfste. Meist sind die ideologisch begründet, versprechen Heilung von der nicht der Norm entsprechenden Orientierung.
Seit 1992 steht Homosexualität zurecht nicht mehr auf der Liste der Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation WHO. Wer Heilung verspricht, redet der Patient*in ein, nicht „normal“ zu sein und anstatt vermeintliche Probleme zu lösen, werden sie dadurch erst geschaffen! Deswegen fordert die GRÜNE JUGEND NRW ein Verbot dieser Therapieangebote. Um aber den weiterhin großen Bedarf an Beratung nicht-heterosexueller Menschen, inbesondere Jugendlicher, abzudecken, müssen die Gelder für Beratungsstellen auf hohem Niveau bleiben. Der Staat hat außerdem die Verpflichtung, besonders die Infrastruktur dieser Beratungsstellen im ländlichen Raum, weiter zu fördern.


Unsere queeren Kernforderungen für ein vielfältiges Miteinander sind:

  • Öffnug der Ehe auf alle maximal zulässigen Formen des menschlichen Zusammenlebens
  • finanzielle Unterstützung und Fortbildungen im gesamten Bildungssystem, um Aufklärung über Queer zu ermöglichen
  • Novelle des Transsexuellengesetzes (TSG)
  • Glossar

    Zweigeschlechtlichkeit: Annahme, dass die Menschheit in die Kategorien „Frau“ und „Mann“ unterteilt werden kann
    Heteronormativität: Annahme, dass Zweigeschlechtlichkeit das Miteinander von Mann und Frau bestimmt, die in heterosexuellen Partnerschaften leben. Biologisches Geschlecht, soziales Geschlecht und sexuelle Orientierung sind aufeinander immer gleich abgestimmt.
    Novelle: Mit Novelle wird in der Gesetzgebungslehre ein Änderungsgesetz bezeichnet, das ein oder auch mehrere andere, bereits bestehende Gesetze in einzelnen Teilen abändert. Der Vorgang bzw. die Schritte zu seiner Vorbereitung werden Novellierung genannt.

    Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29./30. Juni 2013 in Bielefeld.

Rechte Menschenfeindlichkeit in NRW entschieden bekämpfen

In den letzten Jahren hat sich NRW zu einer Hochburg rechten Strukturen in Deutschland entwickelt. Zwar erreichte die NPD oder Pro NRW keine landesweiten Wahlerfolge, jedoch fanden mit dem “Antikriegstag” in Dortmund und der “Anti-Islamisierungs Konferenz” mehrere große und pressewirksame Naziveranstaltungen in NRW. Die Kameradschaften sowie Pro NRW haben regen Zulauf und Nationale Zentren können sorgenfrei bestehen. In einigen Städten sind Übergriffe von rechts an der Tagesordnung.

Rechte Strukturen kämpfen in NRW seit Jahren gegen eine offene und vielfältige Gesellschaft. Auf unterschiedlichste Art und Weise versuchen sie, ihre Ideologie zu verbreiten und zielen dabei vor allem auf junge Menschen ab.
Das Verbot der Kameradschaft Aachener Land, des Nationalen Widerstands Dortmund und der Kameradschaft Hamm im letzten Jahr sind ein erster Schritt in die richtige Richtung, jedoch lösen Verbote kein Problem nachhaltig sondern dienen in erster Linie einer Schwächung neonazistischer Strukturen. Nachfolgeorganisationen wie die Partei “Die Rechte” werden gegründet und noch immer findet fast jedes Wochenende eine Nazidemonstration in NRW statt. Die GRÜNE JUGEND NRW solidarisiert sich mit allen die sich mit friedlichen Protesten und Blockaden gegen Naziaufmärsche wenden und fordert ein Ende der Repressionen gegen Antifaschist*innen, die friedlich Nazidemonstrationen stören oder blockieren.
Eine wichtige finanzielle und organisatorische Stütze der rechten Strukturen ist die NPD. So werden gezielt extrem Rechte Kader in NPD Fraktionen oder in Parteibüros beschäftigt und Kameradschaften werden finanziell und organisatorisch unterstützt. Eine Partei, die so eng mit gewalttätigen und verfassungsfeindlichen Kameradschaften umwoben ist, kann nicht auf dem Boden unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen.
Wir begrüßen den Vorstoß der Länder die NPD als verfassungsfeindliche Partei zu verbieten, auch wenn wir die Risiken eines Misserfolgs dieses Verfahrens sehen. Das Verfahren muss gut vorbereitet werden und sämtliche Risiken müssen minimiert werden. Ein Verbot der NPD würde die Szene enorm schwächen und um Jahre zurück werfen. Dies sollte das Ziel aller Demokrat*innen sein!
Besonders Besorgniserregend sehen wir die Entwicklung der Nachfolgepartei ”Die Rechte”,  die sich großteils aus Mitgliedern von freien Kameradschaften und ehemaligen Mitgliedern der NPD speißt. Sie werben offen und massiv mit nationalsozialistischen Ideologien.
Während rechte Gewalt immer weiter zu nimmt und im letzten Jahr erneut gestiegen ist, wird Antifaschist*innen immer wieder eine verfassungsfeindliche Gesinnung unterstellt und mit dem Kampfbegriff des „Linksextremismus“ werden Ängste geschürt und wichtige Gelder gegen Rechts verlagert. Initiativen gegen Rechts und Aussteiger*innenprogramme müssen finanziell besser ausgestattet werden und die Umverteiltung der Mittel zugunsten sogenannter “Projekte gegen Linksextremismus” müssen sofort gestoppt werden. Die Finanzielle Förderung  muss so organisiert werden, dass eine langfristige Finanzierung und Planung möglich ist. Außerdem lehnen wir den Extremismusbegriff als wissenschaftlich umstrittenen Begriff ab und fordern, dass die Extremismusklausel sofort abgeschafft wird.
In Zeiten der Finanzkrise wird immer wieder die rassistische Karte ausgespielt und zwar nicht nur aus einschlägigen (rechten) Kreisen. Ob antimuslimische, antiziganistische und antisemitische Hetze oder Stimmungsmache gegen EU-Bürger*innen aus Rumänien und Bulgarien wie jüngst durch Innenminister Friedrich oder wiederholt von Landesinnenminister Jäger. Aus Angst vor einer unsicheren Zukunft wird Hass auf vermeintlich „andere und fremde“ Kulturen geschürt. Schuld an der sozialen Misere sollen nicht der Finanzsektor und mangelhafte Regulierung, sondern „die faulen Griechen“ und „arbeitsunwilligen Einwanderer“ sein. All dies gibt den Neonazis ideologisch Rückenwind um ihre Strukturen zu festigen und ihre Propaganda zu verbreiten.
NRW ist eine Hochburg des Rechtspopulismus. Von Köln ausgehend gründeten sich Pro NRW und Pro Deutschland, die regelmäßig mit ihren islamfeindlichen Touren für massive Gegenproteste sorgen. Doch wir dürfen dies nicht als lokales Phänomen betrachten, sondern müssen den europäischer Rechtspopulismus als gemeinsames Problem begreifen und wollen der allgemeinen “Anti-EU” Stimmung unser Bild von einem gemeinsamen, solidarischen und offenen Europa entgegensetzen.
Doch auch in der sogenannten Mitte der Gesellschaft sind Alltagsrassimus und Diskriminierung Normalität. Es ist es an der Zeit, dass ein Bild einer offenen Gesellschaft die Köpfe der Menschen erreicht. Wir wollen erreichen, dass für Rassimus, Homophobie, Transphobie, Sexismus, Antisemitismus und sämtliches menschenfeindliche Denken in NRW kein Platz ist!

Unsere antirassistischen Kernforderungen für ein vielfältiges Miteinander sind:


  • Die sofortige Abschaffung der Extremismusklausel

  • Eine nachhaltige Bekämpfung von Rechtspolpulismus und Antieuropäischen Ideologien

  • Ein rechtssicheres Verbot der NPD
  • Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29./30. Juni 2013 in Bielefeld

Gesellschaft entwickeln, Internet entdrosseln!

AntragstellerInnen: Kay Mähler, Florian Guta, Andreas Krischer, Sebastian Klick, Firat Yaksan, Kubilay Yurdakul, Simon Hölscher (aus Bonn)

In vielen Gesellschaften ist das Internet ein wichtiger Bestandteil des sozialen Lebens geworden. Twitter, Facebook und YouTube trugen unter anderem zum ”Arabischen Frühling” bei: Viele Demonstrationen konnten so über die sozialen Netzwerke – fernab von staatlicher Zensur – organisiert werden.
Aber nicht nur in der Demokratie spielt das Internet eine wichtige Rolle. Es trägt zur Entwicklung der modernen Gesellschaft bei und prägt zunehmend die Kultur. Während wir in der realen Welt einen Trend der Kommerzialisierung erleben, werden freie Inhalte im Internet zunehmend beliebter und entwickeln sich rasant weiter.
Doch das Internet ist bedroht. Durch Drosselungen und der Auflösung von Netzneutralität, wird das Internet gezügelt und zunehmend dem kommerziellen Zweck unterlegen. Dies gilt es zu verhindern! Unsere offene Gesellschaft braucht ein offenes Internet. Dafür müssen wir die Neutralität erhalten und die Infrastruktur ausbauen.
Weg mit der Drosselung, überall!

Vor wenigen Wochen kündigte die Telekom die Einführung von Drosselungen an, sollten Nutzer*innen ein bestimmtes Datenvolumen aufgebraucht, also eine bestimmte Größe an Daten herunter- und hochgeladen haben. Der Plan des Bonner Unternehmens ist dabei kein Neuer. Die Drosselung bei Datenverträgen (1) im Mobilfunk ist gängige Praxis. Das Mittel der Einschränkung der Bandbreite (2) ist dabei oft ein Vorwand, den Netzausbau zu gewährleisten. Die Nutzer*innen haben nach einer Zahlung eines bestimmten Betrages die Möglichkeit, wieder begrenzt im Internet zu surfen. Ob mit diesen zusätzlichen Mitteln der Netzausbau tatsächlich gefördert wird, bleibt ein Rätsel.
Viel mehr ist die Drosselung eine Methode, sich den Netzausbau kurzfristig zu sparen. Sie gewährleistet den Providern, dass die bestehenden Netze nicht unter der Last zusammen brechen, die das neue digitale Leben mit sich bringt. Langfristig gesehen werden allerdings die multimedialen Geräte (3) mehr Bandbreite benötigen, um immer mehr Daten herunter zu laden, um damit den steigenden Ansprüche der Nutzer*innen zu entsprechen.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher:

  • Drosselungen jeglicher Art gesetzlich zu verbieten
  • eine neue Welle der staatlichen Subventionierung für den Netzausbau und der Entwicklung neuer Übertragungstechnologien (4)

Glossar

(1)    Datenverträge – Verträge, in denen Datenvolumen und Übertragungsgeschwindigkeiten für mobiles Internet festgehalten werden
(2)    Bandbreite – Kennziffer, die die Übertragungsgeschwindigkeit von Daten an einem bestimmten Anschluss zum Internet beschreibt
(3)    Multimediale Geräte – Geräte, von denen verschiedene Medien (wie Videos, Bilder oder Sonstiges) erstellt und wiedergegeben werden können. In der Regel handelt es sich hierbei um Smartphones und Tablets.
(4)    Übertragungstechnologien – Art und Weisen der Datenübertragung
 

Keine Drosselung im Festnetz!

Bereits heute gibt es Tarife für das Festnetz-Internet, die bestimmte Nutzer*innen in ihrer Verbindung einschränken. So werden Tarife in verschiedenen Breitband-Verbindungen angeboten. Je höher die Bandbreite, desto höher der Preis. Die entgegengebrachte Leistung variiert allerdings nur leicht und ist für die meisten Benutzer*innen kaum spürbar.
So nutzen viele Menschen Tarife, die eine Bandbreite in Höhe von 50.000kBit/s(5) versprechen. Damit lassen sich innerhalb einer Sekunde durchschnittlich 2 Musiktitel aus dem Internet herunterladen. In der Minute wären es so 120 Musiktitel. Viele Benutzer*innen benötigen solch eine Bandbreite nicht, da sie als Menschen an normalen Computern gar nicht in der Lage sind, Datenmassen eines Rechenzentrums(6) zu empfangen und zu verarbeiten. Auf der anderen Seite werden in den Verträgen keine Mindestgeschwindigkeiten festgehalten und garantiert. Somit sind die versprochenen Geschwindigkeiten eher theoretische Maximalwerte als alltagsnahe, kalkulierbare Werte.
Hinzu kommt die aggressive Preispolitik vieler Anbieter*innen, was dazu führt, dass die gezahlten Beiträge nicht mehr ausreichen um, neben dem dringend notwendigen Netzausbau, einen Gewinn für die Aktionär*innen(7) gewährleisten zu können. Aus dieser Situation heraus konnte nur die Entwicklung neuer Produkte und Vertragsdetails folgen, die die fehlenden Gelder von den Kund*innen wieder einfordern.
An Stelle eines maximalen Wertes an Übertragungsgeschwindigkeit, ist eine vertragliche Festhaltung von Durchschnitts- und Mindestgeschwindigkeiten notwendig. In diesem Zusammenhang müssen die Rechte der Nutzer*innen gestärkt werden.
Langfristig muss die Netzinfrastruktur(8), die zu einem Großteil mit Steuergeldern aufgebaut worden ist, in die Hände der Bürger*innen gelegt werden. Nur so kann das Internet als Raum der friedlichen Koexistenz von kommerziellen und nichtkommerziellen Angeboten gesichert werden.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert deswegen:

  • gesetzlich festzulegen, dass in den Verträgen eine Mindestgeschwindigkeit garantiert wird und auch auf die durchschnittliche Geschwindigkeit hingewiesen wird
  • die Rechte der Kund*innen für den Fall zu stärken, wenn ein Provider die vertraglich festgehaltene Bandbreite ganztägig nicht gewährleisten kann
  • das Breitbandnetz als wichtige Infrastruktur in die Hand gemeinwohlorientierter, von Bürger*innen kontrollierten, Organisationen zu geben

Glossar

(5)    50.000kBit/s – 50.000 Kilobits pro Sekunde, also 51.200.000 Bits pro Sekunde. Ein Bit speichert den Zustand Strom oder kein Strom. Daten haben unterschiedliche Größen. Weiter im Text wird ein Beispiel mit Musik-Dateien aufgeführt.
(6)    Rechenzentrum – Ein Ort, an dem viele Server stehen und mit den Nutzer*innen des Internets kommunizieren. Sie senden meistens an mehrere Nutzer*innen gleichzeitig einen Teil des Inhalts ihrer Festplatte. Auf diesen Servern werden zum Beispiel Webseiten gespeichert und können von dort aus mittels einem Browsers aufgerufen werden.
(7)    Aktionär*innen – Besitzer*innen von Anteilspapieren einer Aktiengesellschaft, also Unternehmen. Ein bestimmter Teil des Gewinns wird als Dividende an die Besitzer*innen ausgeschüttet. Die Höhe der Ausschüttung richtet sich nach dem jeweiligen Anteil an das Unternehmen.
(8)    Netzinfrastruktur – Aufbau des Internets, vergleichbar mit Straßen. Die Infrastruktur des Internets besteht aus Routern, die mit einander mittels unterschiedlicher Kabel verbunden sind.

Daten unabhängig ihrer Quelle behandeln!

Unberücksichtigt in der Daten-Zählung bis zur Drosselung bleiben die Dienste der Telekom selbst. Zum Beispiel wird das Videotheken-Angebot der Telekom vollkommen über die Festnetz-Internetleitung gewährleistet. Hierbei entstehen Übertragungen hoher Datenmengen, die allerdings nicht mitgezählt werden. Dies wird bei Konkurrenzangeboten nicht der Fall sein. Dementsprechend werden Telekom-Kunden schneller gedrosselt, wenn sie einen fremden ”Streamingdienst”(9) nutzen. Nach der Logik der Telekom, müssten die Kunden nun für die ”Entdrosselung” zahlen, was Konkurrenzangebote in Summe teurer macht und damit klar benachteiligt. Es liegt ein klarer Fall des Missbrauchs der Marktmacht vor.
Sogenannte ”managed Services” erlauben es Drittanbieter*innen Geld an die Telekom zu zahlen, um ebenfalls von der Datenzählung bis zur Drosselung unberücksichtigt zu bleiben. Dies kann langfristig das Ende des Internets wie wir es kennen bedeuten.
Heute werden alle Informationen unabhängig von ihrem Inhalt gleichberechtigt übertragen. Wenn in Zukunft Anbieter*innen für eine ausreichend schnelle Übertragung zahlen müssen, werden viele Vorteile, die das Internet bietet, verschwinden. Die Finanzierung einer privilegierten Übertragung von frei-lizensierter(10) Software und frei-lizensierten(10) Daten kann dann nicht mehr gewährleistet werden, was dazu führt, dass die nicht-kommerzielle(11) Kultur im Internet aussterben wird. Dies gilt es zu verhindern.

Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich dafür ein:

  • die Neutralität der Übertagung verschiedenster Inhalte gesetzlich sicher zu stellen
  • die Privatsphäre bei der Übertragung von Daten weiterhin zu gewährleisten
  • das Internet als Plattform zur Entwicklung neuer – auch nicht kommerzieller – Projekte zu erhalten und zu stärken

Glossar

(9)    Streamingdienst – Angebote im Internet, wie Facebook oder Google, werden Dienste genannt. Ein Streamingdienst bietet die Übertragung von Videos und Musik an, ohne dass diese auf dem eigenen PC gespeichert werden. YouTube ist zum Beispiel ein Streamingdienst.
(10)Frei-lizensiert – Jegliche Inhalte des Internets unterliegen einer Lizenz. Diese wahren das Urheber*innenrecht des*der Ersteller*in des jeweiligen Inhaltes. Das Urheber*innenrecht gewährleistet dem*der Ersteller*in, dass die Inhalte nicht als die eigenen verwendet werden und/oder verkauft werden, ohne das der*die Ersteller*in daran beteiligt wird. In Summe ist das Urheber*innenrecht sehr umfangreich, so dass wir den entsprechenden Artikel in Wikipedia empfehlen. Frei-lizenzierte Daten können privat kostenlos genutzt werden.
(11)nicht-kommerziell –  Für den (privaten) Gebrauch muss nichts gezahlt werden. Das Ziel des Angebotes ist nicht Profit zu erwirtschaften, sondern die Nutzer*innen zufrieden zu stellen. Es kann sich hierbei um Videos, Spiele, Software, Nachschlagewerke (z.B. Wikipedia) und vieles andere handeln.
 

Mobiles Internet als Zukunft akzeptieren!

Beim mobilen Internet(12) wird allerdings schon viel früher gedrosselt, als dies beim Festnetz der Fall sein soll. Anders als im Festnetz, haben sich Verträge mit unterschiedlichen Übertragungsgeschwindigkeiten noch nicht durchgesetzt. Allerdings wird hier die Drosselungsgrenze zum wichtigen Vertragsdetail für die Nutzer*innen von Smartphones, Tablets oder anderen multimedialen Geräten. Diese liegt oft zwischen 50 MB(13) und 5 GB(13). Durch die Neuerungen im Bereich des digitalen Zusammenlebens und der Technik, wird es immer leichter, diese Grenzen zu erreichen und zu überschreiten. Auch hier wird dem*der Kunden*Kundin die Entdrosselung gegen Geld angeboten.
Die Entwicklung von immer leistungsfähigeren multimedialen Geräten und die Verkaufszahlen anderer Computer-Technologien zeigen, dass die mobilen Netze immer wichtiger werden. Durch immer mehr Nutzer*innen und neuer Technologien werden in naher Zukunft die mobilen Netze eine wichtige und entscheidende Rolle spielen.
Aus diesem Grund ist der Netzausbau in diesem Bereich besonders wichtig. Bereits jetzt werden neue Funk-Techniken wie LTE(14) entwickelt. Aber auch hier wird durch die Drosselung die Entwicklung des gesamten Internets gedrosselt. So erreichen Nutzer*innen des LTE-Netzes oft nach wenigen Sekunden die Drosselungsgrenze, wenn sie die gesamte Bandbreite vollkommen ausnutzen würden.
Beim Netzausbau und der Entwicklung neuer Funk-Techniken darf die jeweilige biologische Aktivität nicht unberücksichtigt bleiben. Menschen, die in direkter Nähe eines Funkmastes leben, werden deutlich mehr mit Strahlen belastet, als andere. Deshalb müssen gesundheitliche Belastungen beim Bau neuer Funkmasten und in der Entwicklung neuer Übertragungstechnologien auf ein Minimum reduziert werden.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert deshalb:
höhere staatliche Subventionierungen für den Ausbau und die Entwicklung des mobilen Funknetzes, unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Belastung für anwohnende Menschen.
 
 

Glossar

(12) Mobiles Internet – Zugang zu Internet, welches vom Gerät des*der Nutzer*in ohne Festnetz gewährleistet wird. Mobiles Internet wird von Smartphones, Tabletes und sogenannten Surf-Sticks genutzt.
(13) MB & GB – Megabyte und Gigabyte, Größenangaben für eine komplette Datei. Ein Gigabyte sind 1024 Megabyte. Ein Musiktitel ist zum Beispiel durchschnittlich 3 MB groß.
(14) LTE – Long Term Evolution, auch bekannt als 4G. LTE ist eine Übertragungsart, die eine Bandbreite vergleichbar mit dem Festnetz gewährleisten soll. Andere Mobilfunk-Technologien übertragen Daten wesentlich langsamer.
 

Freies und gleichberechtigtes WLAN ermöglichen!

Zusätzlich müssen sich auch bestehende Gesetze ändern, die den Ausbau von bereits existierenden Funk-Technologien fördern.
WLAN(15) ist dabei eine Alternative zu den bestehenden mobilen Netzen. Allerdings sind die meisten WLAN-Netze aus gesetzlichen Gründen geschlossen und werden im öffentlichen Bereich meistens nur dann angeboten, wenn Name und Anschrift hinterlegt werden. In diesem Zusammenhang werden Anbieter*innen von freien und gleichberechtigten WLAN-Zugängen zu ”Störhafter*innen”, die für die mögliche kriminelle Nutzung der jeweiligen Nutzer*innen haften. Da die Möglichkeiten, Anonym im Internet zu surfen, immer einfacher werden, wird es in Zukunft keine Rolle mehr spielen, von wo aus die jeweiligen Menschen online gehen.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher:

  • eine Gesetzeslage, die das Betreiben von freien, kostenlosen und gleichberechtigten WLAN-Zugängen ermöglicht
  • den Aufbau eines öffentlichen, freien, kostenlosen und gleichberechtigten WLAN-Netzes an zentralen Orten und behördlichen Räumen staatlich zu fördern, unter Berücksichtigung des geltenden Rechts bezüglich der Privatsphäre und dem Datenschutz

Glossar

(15) WLAN – Wireless Local Area Network, Übertragungstechnologie für “zu Hause”. Wird in der Regel durch bestimmte WLAN-Router gewährleistet, also Gerätschaften, die einen kabellosen Zugang zu Netzwerken gewährleisten. WLAN eignet sich nicht als Standard für mobiles Internet, da dessen Reichweite nur wenige Meter beträgt und extrem störungsempfindlich (wie zum Beispiel durch Wände) ist. Wenn allerdings eine WLAN-Verbindung besteht, ist die Übertragungsgeschwindigkeit mit dem normalen Festnetz vergleichbar.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29./30. Juni in Bielefeld.