13. September 2014

Das geht raus an alle Demogänger*innen. Eine Bitte.



Ich finde es wirklich großartig, wenn Menschen Nazis blockieren wollen! Wirklich! Und ich finde uns alle toll dafür, dass wir das so regelmäßig versuchen, trotz vieler frustrierender Erlebnisse auf Demos und Blockaden und dem nicht abreißenden Strom immer neuer Nazidemos.

ABER.

Ja ich weiß, nach einem ‘aber’ folgt meist nichts Gutes. Auch in diesem Fall erwartet euch aus einer Frustration heraus entstandes Ausgekotze über Dinge, die mich stören. Es handelt sich um ein rein subjektives Empfinden. Gerade das finde ich auf Demos und vor allem (versuchten) Blockaden aber besonders wichtig: das subjektive Empfinden. Und mein subjektives Empfinden sorgt dafür, dass ich mich mit dem Verhalten einiger weniger Menschen auf Demos nicht wohl fühle.

Ich fange an mit etwas, das mich immer wieder unglaublich nervt: Alkohol. Versteht mich nicht falsch, ich habe nicht gegen selbstbestimmten Alkoholkonsum. Ich habe nur etwas dagegen, wenn ich mich dadurch nicht mehr sicher fühle. Genau da liegt das Problem. Auf einer Demo mit viel Gerenne, hin und wieder Hektik, schnellen Reaktionen und viel Polizeipräsenz ist meinem Empfinden nach ein klarer Verstand sehr wichtig, um sich selber aber auch andere nicht in Gefahr zu bringen. Alkohol macht allerdings träge, vermindert die Reaktionszeit, schwächt das Wahrnehmungsvermögen, es kann zu Fehleinschätzungen kommen und je nach Person auch zu aggressivem Verhalten. Alles Dinge, die ich auf einer Demo für mich nicht will. Die Einstellung, dass das ja wohl bei jeder Person selbst liegt und das mit den restlichen Demoteilnehmer*innen nichts zu tun hat, teile ich nicht, denn auf einer Demo sind wir alle auch für die anderen verantwortlich, ob wir wollen oder nicht. Wenn die Person neben mir volltrunken in eine Polizeikette reintorkelt und dabei am besten noch die Fäuste schwingt, bekomme ich die Reaktion der Polizei im Zweifel schließlich auch zu spüren. Ich möchte niemandem den Alkohol verbieten, ich bitte nur darum, dass aus Rücksichtnahme vor anderen auf Demos darauf verzichtet wird. Ich fühle mich mit Besoffenen auf einer Demo nicht wohl. Ähnliches gilt natürlich auch für die meisten anderen Drogen, nur dass die zum Teil andere Auswirkungen haben und zumindest von mir bisher auf Demos nicht vermehrt wahrgenommen wurden.

Eine andere Sache, die sich auch an mich selbst richtet, ist die Kleidung auf Demos. Ihr wisst ja was jetzt kommt. Der berühmte schwarze Block. Jaja, böse böse, wir kennen es alle aus den Medien und von diversen Kommentaren der Polizei. So denke ich natürlich nicht, sondern ich finde das Argument des Selbstschutzes sehr überzeugend. Allerdings frage ich mich oft, ob Selbstschutz wirklich nur in schwarz funktioniert. Aus Trotz bin ich schon in roter Jacke auf Demos erschienen, habe mir das jedoch schnell wieder abgewöhnt, das leuchtet mir dann doch viel zu sehr raus, muss ja nicht sein. Aber wie wäre es mit grau? Oder braun? Oder dunkelblau? Irgendetwas bei dem (vermeintlich) Unbeteiligte nicht sofort abgeschreckt sind. Denn ist es etwa nicht mehr unser Ansinnen, auch diese Menschen zu erreichen? Wie sollen wir sie davon überzeugen, dass wir „die Guten“ sind, wenn wir durch unsere einheitlich schwarze Kleidung abschrecken? Klar ist es oft primäres Ziel, Nazis möglichst effektiv zu blockieren und an der Verbreitung ihrer Hetze zu hindern, die eigene inhaltliche Botschaft rückt da teilweise in den Hintergrund, was ich hier überhaupt nicht verurteilen möchte. Die Frage ist nur: Lässt sich nicht beides haben? Selbstschutz durch unauffällige und damit von mir aus auch halbwegs einheitliche Kleidung und die Ausstrahlung von netten Menschen? Ich denke ja! Aber damit anfangen will ja doch niemand.

Wo wir schon beim schwarzen Block sind, kommen wir doch gleich auf das Thema Vandalismus zu sprechen (guter Übergang oder? Schwarzer Block und Vandalismus, untrennbar! ;)). Aber eigentlich geht es mir primär nicht um den Vandalismus selbst, sondern darum, dass ich mir manchmal einfach etwas durchdachtere Aktionen wünsche. Auf der moralischen Schiene möchte ich deshalb auch überhaupt nicht argumentieren, sondern rein an euer logisches Denkvermögen appellieren. Denn was zur Hölle bringen umgeschmissene Mülltonnen? Das leuchtet mir bis heute nicht ein. Wege versperren: verständlich, wenn auch meist nicht sehr zielführend. Aber am Straßenrand nur um mal etwas umgeschmissen zu haben? Ist das wirklich nötig? Das einzige was das bewirkt ist Ablehnung durch die Anwohner*innen, eine angepisste Polizei und das Sichern von Arbeitsplätzen, die SPD wird sich freuen. Je nach Situation kann es sogar ziemlich Scheiße für alle sich in der Umgebung befindenden Demoteilnehmer*innen sein, falls die Polizei beschließt, solche Aktionen als Anlass für einen Kessel oder Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock zu nehmen. Deshalb mein Appell an euch alle: denkt doch BITTE drüber nach, ob das was ihr tut wirklich zum Erreichen des Ziels (Inhalte transportieren, Nazis blockieren etc.) beiträgt oder vielleicht sogar negative Folgen für euch oder andere haben kann. Wenn es nur zu eurer eigenen Frustbewältigung dient kann ich das in dem Moment vielleicht sogar nachvollziehen aber lasst es doch bitte einfach trotzdem bleiben.

Allgemein habe ich den Wunsch, dass ein „Demoausflug“ weniger als Ausflug und mehr als Demo verstanden wird. Also für die Sache, welche auch immer es ist, und nicht für den persönlichen Spaß. Ihr seid nicht alleine auf der Demo, wenn ihr unüberlegte Aktionen startet oder irgendeinen Scheiße baut hängen andere mit drin. Natürlich ist Spaß selten verkehrt, es sollte nur niemand anderem schaden. Sicherheit geht vor und zwar nicht nur eure eigene! Denkt daran, dass jeder Mensch ein anderes Sicherheitsbedürfnis hat. Das heißt nicht, dass ihr euch nach dem höchsten davon richten sollt, habt es einfach im Hinterkopf und sorgt möglichst dafür, dass eure Aktionen niemandem schaden.

Die große Besserwisserin hat gesprochen ;)



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