Grenzenlose Gesellschaft – Migrationspolitik grundlegend reformieren

Wir leben in einer schnelllebigen und globalisierten Welt. Täglich erreichen uns Nachrichten über Ereignisse, die vielen Menschen keine andere Wahl lassen, als ihr Heimatland als Flüchtlinge zu verlassen. Seien es Naturkatastrophen, Kriege oder allgemeine Perspektivlosigkeit – die Gründe für einen solchen Entschluss sind vielfältig. Doch anstatt betroffenen Menschen zu helfen, schotten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union vor Flüchtlingen ab und bauen Europa damit zu einer menschenfeindlichen Festung auf.

Jeder Mensch muss selbst entscheiden können, wo er leben möchte. Über mehrere Generationen betrachtet sind wir alle MigrantInnen und niemand kann sich aussuchen, in welchem Land sie/er auf die Welt kommt oder von vom sie/er abstammt. Für uns ist klar: Das darf kein Problem sein!
Die so genannten Industrienationen als Profiteure der Globalisierung und Verursacherinnen des Klimawandels offenbaren ihr einseitiges Verständnis einer globalisierten Welt, wenn sie Hilfe suchenden Menschen die Hilfe verwehren. Vielmehr haben sie deshalb sie eine besondere Pflicht Menschen in Not zu helfen.
Die ausgrenzende Mentalität, die MigrantInnen zu „SozialschmarotzerInnen“ und „Ballast“ degradiert und in vielen Köpfen noch immer verankert ist, muss überwunden werden. Rassistische Ansichten, die Menschen nach ihrer Herkunft bewerten, können nicht Teil unserer Gesellschaft sein.

 

Kein Mensch ist illegal – jeder hat das Recht in einen anderen Land zu leben!
Festung Europa

 

1999 einigten sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union darauf, eine gemeinsame Migrationspolitik zu betreiben – eine verstärkte Kontrolle der Außengrenzen der EU sollte stattfinden. Vier Jahre später wurde die EU-Verordnung „Dublin II“ beschlossen, die regelt, welcher Mitgliedsstaat der EU und des Schengener Abkommens für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist und unter welchen Voraussetzungen in einen anderen Mitgliedsstaat abgeschoben werden darf. Praktisch umgesetzt führte diese Vereinbarung dazu, dass MigrantInnen ihren Asylantrag nun nur in dem Land stellen dürfen, welches sie auf ihrem Fluchtweg zuerst betreten haben. So kann ein Großteil der Asylanträge nur in den Staaten am Mittelmeer gestellt werden, was Asylanträge für Flüchtlinge mit einem Fluchtweg über das Mittelmeer beispielsweise in Deutschland nahezu unmöglich macht. Anstatt die Europäische Union auf einen Weg in eine solidarische Migrationspolitik zu bringen, führten diese Vereinbarungen zu einer Abschottung der Europäischen Union, in der die vermeintliche „Last“ auf einige wenige Mitgliedstaaten übertragen wurde.  Die Dublin II-Verordnung muss daher zurückgenommen werden.
Im Jahr 2004 wurde die Agentur FRONTEX gegründet, die das Ziel der Sicherung der europäischen Außengrenzen umsetzen sollte. Technologisch hoch gerüstet sollte mittels Überwachung und Sammelrückführungen das vermeintliche Problem der so genannten „illegalen Einwanderung“ gelöst werden.
Die „Überwachung“ durch FRONTEX sorgt dafür, dass MigrantInnen kaum noch eine Möglichkeit haben, die Europäische Union zu betreten. Immer häufiger werden sie bereits auf hoher See und mit lebensbedrohlichen Aktionen dazu gezwungen in ihr Heimatland oder unsichere Drittstaaten zurückzukehren, ohne dass sie die Chance erhalten haben, einen Asylantrag zu stellen – ein klarer Verstoß gegen die Vereinbarung der Nichtzurückweisung in der Genfer Flüchtlingskonvention. Immer wieder ertrinken Menschen auf der Flucht bei dem Versuch, in kleinen Booten die europäische Küste zu erreichen. Die Besatzung von Handelsschiffen oder Fischerbooten wird davon abgehalten, die Schiffbrüchigen zu retten, da dies als Beihilfe zur so genannten illegalen Einwanderung kriminalisiert wird. Das muss ein Ende haben! Das Retten von Menschenleben muss gefördert, nicht verurteilt werden.
Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher statt einer Ausweitung der Kompetenzen von FRONTEX die komplette Abschaffung dieses Abschottungsinstrumentes! Die EU muss sich dennoch für eine gemeinsame Flüchtlingspolitik einsetzen. Hierfür sind neue Strukturen vonnöten. Dabei steht die Einhaltung der Menschenrechte im Mittelpunkt.
Asyl ist Menschenrecht

Wir sehen im deutschen Asyl- und Flüchtlingsrecht grundlegende Probleme. Asyl ist nicht nur Menschenrecht, sondern auch Grundrecht. Das Grundrecht auf Asyl wurde mit der Intention, Flüchtlingen zu helfen, im Grundgesetz verankert. Der zugrunde liegende Gedanke entsprang der Erfahrung der Missstände und der ausweglosen Position der politisch Verfolgten zu Zeiten des NS-Regimes. Denn zur damaligen Zeit gab es für jene Flüchtlinge kaum eine Chance in anderen Ländern Asyl zu finden und so dem Terror zu entrinnen. Aber anstatt die Lehre aus diesen Erfahrungen zu berücksichtigen und allen Flüchtlingen Zuflucht und Schutz zu gewähren, wurde dieses Grundrecht zunehmend eingeschränkt und ausgehöhlt.
Seit den 70er-Jahren werden immer mehr Reglementierungen und menschenunwürdige Abschreckungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Sammellager und eingeschränkte Sozialleistungen, eingeführt. Mit dem Inkrafttreten des „Bonner Kompromisses“ im Jahre 1993 wurden die Chancen auf Asylgewährung massiv eingeschränkt. Seit diesem Zeitpunkt besteht nur für Menschen, die nicht durch einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sind, ein Asylanspruch. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert, dass Deutschland asylsuchenden Menschen durch die Bewilligung von Asylanträgen hilft, unabhängig von der Asylpolitik unserer Nachbarstaaten. Wir wollen, dass Deutschland in diesem Punkt tatsächliche Verantwortung übernimmt, anstatt die Verantwortung auf  „sichere Drittstaaten“ zu übertragen.
Zudem sprechen wir als GRÜNE JUGEND NRW der Bundesregierung als zuständiges Bewertungsgremium die Kompetenz ab, entscheiden zu können, welche Staaten als tatsächlich sicher erachtet werden können, und welche nicht.  Dass die Kompetenz nicht vorhanden ist, zeigt die aktuelle Beschlusslage, nach der Minderheiten, zum Beispiel Roma und Ashkali, wie aktuell beispielsweise in den Kosovo abgeschoben werden. Zudem verurteilt die GRÜNE JUGEND NRW die Flughafenregelung, mit der Flüchtlingen die Einreise verweigert wird. Wir finden es absolut unakzeptabel, dass die Asylsuchenden in einem Schnellverfahren abgefertigt und für die Dauer des Verfahrens auf dem Flughafen eingesperrt werden! Wir können es nicht akzeptieren, dass sich Deutschland beim Thema Asyl weitestgehend der Verantwortung für Menschen, die Schutz brauchen, entzieht! Deshalb fordern wir die sofortige Abschaffung der sicheren Dritt-, Herkunftsstaaten- und Flughafenregelung!
Außerdem verurteilen wir die strikte Trennung von „Politisch Verfolgten“ im Grundgesetz und „Flüchtlingen“ im Aufenthaltsgesetz. Für uns ist es nicht möglich, zwischen den Gründen der Verfolgung zu unterscheiden. Allen Flüchtlingen muss das Grundrecht auf Asyl gewährt werden, auch wenn sie nicht unter die Merkmale eines/r politisch Verfolgten fallen.
Kurzfristig fordern wir, dass auch die Folgen des Klimawandels , Armut, sexuelle Orientierung und andere Gründe in einen verbindlichen Kriterienkatalog zur Anerkennung von Flüchtlingen als Nachfolge der Genfer Flüchtlingskatalog aufgenommen werden. Auf lange Sicht muss es aber allen Menschen möglich sein, frei das Land zu wählen, in dem sie leben wollen, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Wir fordern außerdem, dass generell endlich Menschenrechtsverletzungen im Zuge von Asylverfahren als solche geahndet und bestraft werden!“

 

Bleiberecht für alle

Es kann nicht sein, dass Menschen, die zum Teil schon seit über 15 Jahren in Deutschland leben und deren Kinder hier aufgewachsen sind, Monat für Monat, teils sogar in kleineren Abständen dazu verpflichtet sind, sich erneut von den Ämtern „dulden“ zu lassen. Das Leben in ständiger Angst abgeschoben zu werden zieht enorme Belastungen für die Flüchtlinge nach sich. Dieses Leben in Ungewissheiten darf keinem Menschen zugemutet werden. Außerdem finden wir die Forderung nach Mitwirkung an der eigenen Abschiebung absurd.
Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich für die Abschaffung von Kettenduldungen ein und fordert stattdessen einen Anspruch auf ein bedingungsloses Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge. Das Schicksal eines Flüchtlings darf nicht von seiner Erwerbsfähigkeit, dem eigenständigen Erwerb des Lebensunterhaltes oder der Straffälligkeit abhängen. Wir verurteilen die Sippenhaft, bei der die gesamte Familie von einem Bleiberecht ausgeschlossen wird, nur weil ein Familienmitglied straffällig geworden ist. Allen Flüchtlingen muss durch eine fortlaufende Regelung, die auf einen Einreisestichtag verzichtet, nach einer bestimmten Aufenthaltszeit das Bleiberecht eingeräumt werden. Zudem muss es einen Anspruch auf dieses Recht geben, denn es kann nicht sein, dass eine Aufenthaltserlaubnis Auslegungssache der Länder und Behörden ist.
Wir kritisieren zudem, dass entgegen ursprünglicher Ankündigungen die Duldung weiterhin Bestandteil der deutschen Gesetzgebung ist. Menschen, die mit einer Duldung leben, haben wesentlich eingeschränkte Rechte gegenüber Menschen mit einem tatsächlichen Aufenthaltstitels: So  fallen sie beispielsweise unter das „Asylbewerberleistungsgesetz“, durch welches ihre Einkünfte weitaus unter dem ohnehin zu niedrigen ALG II Regelsatz liegen. Gesundheitsleistungen, wie Krankenscheine, Medikamente, Seh- oder Gehhilfen werden ihnen meist verwehrt, weil das Gesetz „akute Erkrankungen und Schmerzenszustände“ voraussetzt.
Allen Flüchtlingen muss ein Leben in Würde ermöglicht und garantiert werden, deswegen lehnt die GRÜNE JUGEND NRW auch die menschenunwürdige Unterbringung in Lagern ab. Wir fordern statt alldem, dass den Flüchtlingen gleiche Rechte wie StaatsbürgerInnen zugesprochen werden, dazu gehört auch die Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes! Die GRÜNE JUGEND NRW befürwortet daher, dass jeder genehmigten Asylbewerbung eine Aufenthaltserlaubnis folgt.
Ein weiteres Problem stellt die Möglichkeit zum Asylwiderruf dar. Seit  dem Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes müssen sämtliche Asylstatus alle drei Jahre überprüft werden. So ist es möglich, dass einE AsylbewerberIn, die/der eine Aufenthaltserlaubnis erhalten hat, nach drei Jahren plötzlich unbegründet abgeschoben wird. Führt die Prüfung nicht zum Verlust der Aufenthaltserlaubnis, kann jederzeit ein erneutes Widerrufsverfahren eingeleitet werden, was für die Betroffenen eine große psychische Belastung und Verunsicherung bedeutet. Ein Mensch muss ein Recht darauf haben, selbst und ohne Zwang entscheiden zu können, wieder in seinen Herkunftsstaat zurückzukehren oder nicht.
Es ist für uns nicht verständlich, wie ein Staat, der sonst die Menschenrechte hochhält, in Staaten abschiebt, in denen den Flüchtlingen rechtliche und soziale Diskriminierung und im schlimmste Falle Folter, Verschleppung und der Tod droht,. Nicht selten werden Menschen, die abgeschoben werden, in ihrem Herkunftsstaat sofort inhaftiert oder umgebracht. Die Menschenrechtslage in Syrien ist katastrophal, im Kosovo müssen Minderheiten, wie Roma und Ashkali in bleiversuchten Lagern leben und werden in der Gesellschaft völlig ausgegrenzt. Für uns bedeutet dies, dass Abschiebungen ein Ende haben und alle Rückführungsabkommen sofort aufgehoben werden müssen!
Die GRÜNE JUGEND NRW begrüßt zudem den Abschiebestopp nach Griechenland und bekräftigt, dass in Länder mit erheblichen Mängeln im Asylsystem auf keinen Fall abgeschoben werden darf!
Die unsichtbaren Grenzen öffnen

 

Zurzeit sind AsylbewerberInnen und Geduldeten strenge Regelungen bezüglich ihres Aufenthaltsgebietes im Bundesgebiet auferlegt – das Gesetz sieht für sie eine so genannte Residenzpflicht vor. Hierdurch wird den Betroffenen vorgeschrieben, dass sie sich lediglich innerhalb des Bezirks einer Ausländerbehörde oder eines Bundeslandes frei bewegen dürfen. Wer gegen diese Pflicht verstößt begeht eine Straftat, die das Risiko einer  Abschiebung erhöht. Besonders wenn Asylheime geografisch in Randgebieten des zuständigen Bezirkes liegen, wird der Lebensraum der AsylbewerberInnen und geduldeten Menschen so massiv eingeschränkt.
Außerdem haben Menschen, die mit einer Duldung in Deutschland leben, ohnehin schon eine erschwerte Chance, einen Arbeitsplatz zu bekommen. Erstens ist ihnen meistens ein Arbeitsverbot auferlegt, zweitens haben ArbeitgeberInnen, abgesehen von der Ungewissheit, wie lange der potenzielle Arbeitnehmer mit einer Duldung noch hier leben darf, erhöhte Auflagen. Beispielsweise muss erst geklärt werden, ob nicht einE potenzielleR ArbeitnehmerIn aus Deutschland oder der EU ein Vorrecht auf den Arbeitsplatz gegenüber der/dem Geduldeten genießt, bevor die Geduldete Person den Job bekommt.
Wenn nun noch die Residenzpflicht verhindert, dass jemand einen Job annehmen kann, der sich außerhalb seines festgelegten Gebietes befindet, ist das Hohn gegenüber den Geduldeten, die von den geringen Sozialleistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes abhängig sind. Daher fordert die GRÜNE JUGEND NRW, dass die Residenzpflicht aufgehoben und für alle AsylbewerberInnen und auch für alle geduldeten Bewegungsfreiheit gewährleistet wird!
Flüchtlinge fair und menschlich behandeln

 

Auch wenn wir die Asylverfahren grundsätzlich ablehnen, fordert die GRÜNE JUGEND NRW bis zur kompletten Abschaffung dieser Verfahren eine humanere Umsetzung der Asylgesetzgebung. Die Odyssee eines Flüchtlings ist mit der teils lebensbedrohlichen Anreise nach Deutschland noch nicht vorbei. Flüchtlinge landen danach in einem Flüchtlingslager, in dem die persönlichen Daten erhoben werden. Früher wurden selbst Flüchtlinge, die erst 16 oder 17 Jahre alt waren, wie Erwachsene behandelt, weil sie dem Gesetz nach als „handlungsfähig“ anzusehen waren. Mit dem Zuwanderungsgesetz wurde dann festgelegt, dass Flüchtlinge unter 18 Jahren nicht in Sammellagern unterkommen, sondern in Jugendhilfeeinrichtungen.
Allerdings werden häufig minderjährige Flüchtlinge ohne Pässe oder Ausweise von den Behörden bewusst älter eingestuft, als sie angegeben haben. Das darf so nicht weitergehen. Den Flüchtlingen darf nicht pauschal eine Lüge unterstellt werden. Deshalb bedarf es dringend einer menschenfreundlichen Regelung. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher, dass in einer Gesetzesnovelle festgelegt wird, dass den Angaben der Flüchtlingen grundsätzlich Glauben entgegen gebracht werden muss, wenn es nicht eindeutige und handfeste Beweise gibt, welche die Angaben widerlegen!
Für jene, die älter als 18 Jahre sind, geht es von den Sammellagern weiter in eine Ortschaft. Die Zielortschaft ist nicht durch den Flüchtling selbst zu bestimmen, sondern wird durch eine gesetzliche Quote festgelegt. Dass Flüchtlinge oft schon Bekannte in Deutschland haben, bei denen sie Unterkunft bekommen könnten, spielt dabei keine Rolle. Dass ein Flüchtling sich hier mit der persönlichen Unterstützung durch Bekannte noch besser und schneller zurechtfände, wird einfach übergangen, obwohl immer wieder Traumata auf der Flucht verursacht werden, die in der Gemeinschaft schneller und besser verarbeitet werden können, als alleine in einem sowieso unbekannten Land. Diese Quotenregelung muss deshalb schnellstens so abgewandelt werden, dass Flüchtlinge bei oder in der Nähe von FreundInnen und Bekannten untergebracht werden können.
Abschiebehaft abschaffen

 

Derzeit ist es in Deutschland möglich, Flüchtlinge bis zu 18 Monaten unter katastrophalen Bedingungen die Freiheit zu entziehen. Die Abschiebehaft stellt einen massiven Eingriff in die Grund. Und Menschenrecht der Flüchtlinge dar. Es kann nicht sein, dass unschuldigen Menschen ihre Freiheit entzogen wird, nur um ihre Abschiebung zu erleichtern. Für uns ist es völlig unverständlich, dass es in Deutschland möglich ist, ohne eine Straftat begangen zu haben ins Gefängnis zu kommen.
Mitten in der Nacht werden die Menschen geholt und zum Gefängnis gebracht. Sprachbarrieren verhindern meist, dass sie erfahren was mit ihnen geschieht und später wissen warum sie eingesperrt wurden, ohne etwas verbrochen zu haben oder zu wissen wie lange sie eingesperrt bleiben müssen. In Haft können Flüchtlinge als Sanktionsmöglichkeit bis zu vier Wochen in einen Arrest gesteckt werden, der einer Isolationshaft gleicht. Häufig werden Schmerzen unverhältnismäßig behandelt. Immer wieder treten Menschen in Abschiebehaft in Hungerstreik oder begehen Selbsttötung. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert deswegen die sofortige Abschaffung der Abschiebehaft. Bis die Abschiebehaft abgeschafft ist fordern wir ebenfalls als kurzfristiges Ziel, dass Abschaffung beispielsweise Jugendliche, Schwangere, stillende Mütter, alleinerziehende Elternteile, Menschen über 65 Jahren oder Menschen mit psychischen oder physischen Beeinträchtigungen keinesfalls in Abschiebehaft gesteckt werden dürfen, da dies unmittelbar durch eine Verordnung der Landesregierung umsetzbar ist.

 

Faire Asylverfahren

 

Asylverfahren müssen Asylsuchenden endlich eine faire und realistische Chance geben, Asylgründe vorzuweisen! Deshalb muss Flüchtlingen Zeit gegeben werden, sich auf ihr Asylverfahren vorzubereiten. Dabei müssen sie in einer Rechtsberatung aufgeklärt werden, welche Bedeutung dieses Gespräch hat, unter welchen Umständen sie Asyl erhalten und welche Angaben dafür besonders relevant sind, ebenso dass Angaben weder korrigiert noch ihnen etwas hinzugefügt werden kann. Den meisten Flüchtlingen ist nicht bewusst, dass es sich gerade um das Gespräch handelt, das darüber entscheidet, ob sie bleiben dürfen oder nicht.
Flüchtlinge haben oft mit den Folgen von Misshandlung und Vergewaltigung zu kämpfen. Dies muss zur Sprache kommen. Dabei bedarf es professioneller psychologischer Betreuung, damit dies nicht verschwiegen wird, denn solche Fakten sind oft ausschlaggebend. Daher ist es auch unabdingbar, dass das Asylverfahren bei Frauen nur von Frauen und nur mit Dolmetscherinnen durchgeführt wird!
Zudem hält die GRÜNE JUGEND NRW es für zwingend notwendig, dass zur Entscheidung über Asyl auch die emotionale Lage der Flüchtlinge herangezogen wird. Der transkribierte Text reicht nicht für eine hinlängliche Beurteilung! Wenn ein Asylantrag abgelehnt wurde, muss es die Möglichkeit geben, in einem Gerichtsverfahren nachzuweisen, dass bestimmte Aussagen nicht korrekt aufgefasst wurden. Asylsuchende müssen einen Anspruch auf anwaltliche Betreuung haben.

 

Resettlement jetzt

 

Auf der Welt sitzen viel Flüchtlinge jahrelang in Notbehausungen oder eigentlich provisorischen Lagern fest. Sie können oft auf unabsehbare Zeit nicht zurück in ihre Heimat und haben keine Perspektive. Hierfür hat das UNHCR, das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen, Lösungen erarbeitet. Eine davon ist, besonders schutzbedürftige Flüchtlinge anhand eines Kriterienkataloges auszuwählen und sie in aufnahmebereite Staaten neu anzusiedeln (Resettlement). Das bedeutet, dass sie von Anfang an eine sichere Aufenthaltsperspektive bekommen, sie arbeits- und sozialrechtlich mit Inländern gleichgestellt werden und bestmögliche Integrationschancen erhalten.
Bis wir erreicht haben, dass jedeR leben kann wo er/sie möchte, befürwortet die GRÜNE JUGEND NRW ein Resettlement-Programm. Menschen in auswegloser Situation brauchen unsere Hilfe, die meist armen und strukturell überforderten Erstzufluchtsländer unsere Solidarität! Viele Länder haben schon ein Resettlement-Programm. Deutschland muss endlich nachziehen!
Die GRÜNE JUEND NRW fordert die Kommunen auf sich für ein Resettlement-Programm auszusprechen. Gleichermaßen sehen wir die Bundesregierung in der Pflicht ein solches einzurichten.
Menschen vor Wirtschaft

MigrantInnen, insbesondere Flüchtlinge dürfen nicht unter wirtschaftlichen Aspekten betrachtet werden. Häufig wird den MigrantInnen unterstellt, sie würden lediglich einwandern, um vom wirtschaftlichen Wohlstand zu profitieren – in ihnen wird eine Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt gesehen. Durch das Leid, das den MigrantInnen oft keine andere Wahl lässt als ihre Heimat, ihre FreundInnen und Familie zu verlassen und eine beschwerliche Reise ungewissen Ausgangs anzutreten, um vor Verfolgung, Krieg und Unterdrückung, aber auch Perspektivlosigkeit durch Klimawandel und Hungersnöte, politische und wirtschaftliche Instabilität und vielen anderen Faktoren zu fliehen, ist nicht zuletzt das Verschulden unserer eigenen verfehlten Globalisierungspolitik.
Anstatt Migration als Bereicherung für eine pluralistische und vielfältige Gesellschaft zu sehen, werden sie häufig als wirtschaftliche Bürde wahrgenommen, die das Land zusätzlich belasten. Dabei ist Migration alles andere als eine wirtschaftliche Last, vielmehr profitiert unsere Volkswirtschaft von ihr, da Migration z.B. Folgen des demographischen Wandels entgegenwirkt und wirtschaftlich förderliche Beziehungen ins Ausland mit sich bringt.
Doch auch die Fokussierung auf die einseitige Einwanderung von Fachkräften halten wir für fehlgeleitet. Diese birgt gerade für strukturschwache Herkunftsländer der Fachkräfte die Gefahr eines „Brain-Drains“. Vielmehr brauchen wir eine heterogene Einwanderungsstruktur, die auch unserem pluralistischem Arbeitsmarkt entspricht. Die GRÜNE JUGEND NRW sieht zudem effektivere und effizientere Möglichkeiten in der Eingliederung von Fachkräften, die zurzeit im Niedriglohnsektor arbeiten. So leben in Deutschland ungefähr 500 000 Menschen, die in Ländern außerhalb Europas Hochschulabschlüsse erworben haben, diese hier aber wegen der fehlenden Anerkennung nicht nutzen können. Dieses Potential gilt es zu nutzen, indem die Anerkennung von Hochschulabschlüssen aus anderen Ländern ermöglicht wird.
Zudem ist inklusiver Arbeitsmarkt Voraussetzung für eine funktionierende Integration. Beschwerden über vergleichsweise hohe Arbeitslosenquoten bei MigrantInnen sind haltlos, wenn ihnen nicht die gleichen Chancen einräumt werden. „Dies setzt natürlich voraus, dass ArbeitgeberInnen nicht Lohndumping über die Einstellung von bedürftigen AsylbewerberInnen betreiben können. Dagegen braucht es einen allgemeingültigen Mindestlohn. Schwarzarbeit darf nicht toleriert werden.“
Dies setzt natürlich voraus, dass ArbeitgeberInnen nicht Lohndumping über die Einstellung von bedürftigen AsylbewerberInnen betrieben können. Dagegen braucht es einen allgemeingültigen Mindestlohn. Schwarzarbeit darf nicht toleriert werden.
Neben der Abschaffung der Nachrangigkeitsregelung für Arbeitsverhältnisse von AsylberwerberInnen und geduldeten Menschen besonders im privaten Sektor muss auch der Staat mit einem guten Beispiel vorangehen. Im öffentlichen Dienst muss daher zum Beispiel Mehrsprachigkeit zu einem positiven Einstellungskriterium gemacht werden!
Ein Gesellschaft der gleichen Rechte

In Deutschland leben viele Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und auch aus verschiedenen Ländern. Für die GRÜNE JUGEND NRW ist in Bezug auf Rechte und Pflichten jedoch nicht entscheidend, woher ein Mensch stammt. Wir treten für eine Gesellschaft ein, in der jeder Mensch, der seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat, die gleichen Rechte und Pflichten besitzt, wie Menschen mit der deutschen Staatsbürgerschaft.
In der Integrationsdebatte wird häufig ein einseitiger Assimilationsprozess zu Lasten der MigrantInnen gefordert. Das halten wir für falsch. Und auch im Gegensatz zu manch einer Behauptung aus dem wissenschaftlichen Diskurs, geht die GRÜNE JUGEND NRW davon aus, dass eine vielfältige Gesellschaft möglich und keine Utopie ist.
Eine solche Gesellschaft funktioniert nur auf eine erstrebenswerte Art und Weise, wenn kein Mensch benachteiligt oder ausgeschlossen wird. Die durch das Gesetz hervorgerufene Ungleichbehandlung führt zur Teilung der Gesellschaft, die Ressentiments untereinander hervor ruft. Die Angleichung der Rechte ist daher der erste Schritt, um bewussten und unterschwelligen Rassismus zu vermeiden und aufzubrechen.  Dabei ist es besonders wichtig, dass passives und aktives Wahlrecht keinen Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Deutschland haben, vorenthalten wird: Sowohl EU-BürgerInnen, als auch Nicht-EU-BürgerInnen sollen ein Recht auf demokratische Partizipation auf allen Ebenen erhalten.
Die GRÜNE JUGEND NRW wehrt sich strikt gegen einseitige Integrationsforderungen an MigrantInnen. Stattdessen treten wir für einen wechselseitigen Integrationsprozess ein. Sowohl MigrantInnen, als auch die deutsche Mehrheitsgesellschaft müssen Berührungsängste ablegen, zumal diese leider auch zu Vorurteilen führt. Für uns orientiert sich eine inter- und transkulturelle Gesellschaft an einer „Willkommenskultur“ und die dazu gehörige Neugier eine neue Kultur kennenzulernen. Deshalb muss über die rechtliche Gleichstellung hinaus bereits frühzeitig bei allen Beteiligten ein inter- und transkulturelles Bewusstsein geschaffen werden.
Dabei darf es nicht das Ziel sein, dass MigrantInnen ihre Kultur aufgeben. Viel mehr muss es allen Menschen möglich werden, ein kulturell vielfältig geprägtes Selbstbewusstsein mit inter- und transkulturellen Kompetenzen zu entwickeln. Dazu gehört die Möglichkeit des barrierefreien Erlernens der deutschen Sprache. Nur die Akzeptanz anderer Kulturen und die Toleranz anderer Werte können den Weg in eine von Rassismus befreite Gesellschaft ebnen.
Kinder sensibilisieren

Eine Gesellschaft wächst und verändert sich mit ihren Kindern. Deshalb muss bereits in den jüngsten Lebensjahren ein Bewusstsein geschaffen werden, in dem Unterschiede erwünscht sind und nicht zum Stigma werden. Dazu fordern wir eine Pädagogik der Vielfalt. Inter- und transkulturelle Erziehung soll nicht dazu führen, dass Kulturen generalisiert werden. Es müssen stattdessen individuelle Unterschiede benannt werden, die es zwischen allen Kindern gibt. Dieses Vorgehen soll den Alltag in Kindergärten und Schulen prägen und ein Gespür für Individualität schaffen, ohne die Förderung eines inter- und transkulturellen Bewusstseins dabei zu vernachlässigen.
In diesem Zusammenhang fordern wir die flächendeckende Einführung von verpflichtendem Ethikunterricht, der die Möglichkeit zum Zusammentreffen von SchülerInnen der unterschiedlichsten kulturellen, religiösen und moralischen Überzeugungen bietet und ihnen einen zeitlichen Rahmen schafft, um voneinander anstatt wie im heutigen Religionsunterricht übereinander zu lernen. Darüber hinaus soll der den Religionsunterricht ersetzende Ethikunterricht dazu dienen, sich mit den im Grundgesetz festgelegten Werten auseinander zu setzen und die individuelle Identitätsfindung der SchülerInnen zu unterstützen. Ergänzend dazu soll ein freiwilliger bekenntnisorientierter Religionsunterricht an Schulen weiterhin möglich bleiben.
Um allen Kindern die gleichen Bildungsperspektiven zu ermöglichen, soll weiterhin die Sprachförderung insbesondere in Kindergärten, die ab einem Alter von drei Jahren verpflichtet besucht werden müssen, aber auch in Schulen vorangetrieben werden. Sprache ist ein wesentlicher Bestandteil einer interaktiven Gesellschaft. Deshalb soll allen Kindern mit Sprachschwierigkeiten, unabhängig von Migrationshintergründen und/oder Mehrsprachigkeit, Sprachförderung zu Teil werden.  Zudem sollten auch für Erwachsene ausreichend und flächendeckend kostenlose Sprachkurse angeboten werden. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher die Weiterentwicklung der aktuellen und vielfältigen Sprachförderungsinstrumente auf Grundlage zu  ermittelnder Mindestanforderungen. Die Entwicklung eines umfassenden und allgemeingültigen Sprachförderungsinstrumentes halten wir für nicht praktikabel.

Gleiche Bildungsperspektiven schaffen

Wie internationale Studien beweisen, ist das deutsche Bildungssystem für Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund enorm benachteiligend. Zum einen sind die Defizite in der Sprachförderung offensichtlich, zum Anderen selektiert das mehrgliedrige Schulsystem in fortschreitendem Maße immer stärker nach sozialer Herkunft. Dies ist besonders für einen Großteil der SchülerInnen mit Migrationshintergrund ein folgenschwerer Nachteil, da diese überdurchschnittlich aus sozial schwachen Familien kommen. Deshalb ist es unabdingbar, das Schulsystem dringend strukturell und qualitativ zu verändern.
Die GRÜNE JUGEND NRW unterstützt deshalb die Initiativen zur Einführung der Gemeinschaftsschule durch die Landesregierung NRW. Die Gemeinschaftsschule ist ein erster Schritt zu einer individuellen Förderung jedes einzelnen Kindes, ohne dass es aufgrund ihrer sozialen Herkunft, anfänglichen Sprachproblemen oder anderen Hindernissen benachteiligt wird.
Besonders Mehrsprachigkeit ist ein Merkmal, dass gefördert werden muss. Dabei darf es nicht passieren, dass ein Kind zwar zwei Sprachen kennt, diese aber nicht ausreichend beherrscht. Deshalb muss auch in Schulen die Sprachförderung – nicht nur der deutschen Sprache – im Mittelpunkt stehen. Auch Fremd- und Gebärdensprachen sollen gefördert werden. Wir lehnen es daher ab, dass Schulhöfe restriktiv zu einem „deutschsprachigen“ Raum erklärt werden. In den Pausen und der schulfreien Zeit obliegt es jeder/jedem SchülerIn selbst, welche Sprache sie/er zur Kommunikation nutzt. Wenn wir Interkulturalität und Bikulturalität fördern wollen, ist es kontraproduktiv, einzelne Aspekte auszuschließen, um vermeintlich die Lernbilanz der deutschen Sprache zu steigern.
Um ein interkulturelles Miteinander fördern zu können ist es jedoch zwingend nötig, dass alle Kinder, also auch Migrantinnen und Migranten an Klassenfahrten, Sport-, Schwimm- und Sexualkundeunterricht teilnehmen. Wir können es nicht zulassen, dass einzelnen Kindern ein Bildungsaspekt aus finanziellen, gesellschaftlichen oder kulturellen Gründen verweigert wird. Es muss daher eindringlich dafür gesorgt werden, dass alle Kinder an den genannten Aktivitäten teilnehmen können. Dabei  sollten einzelne Unterrichtsstunden (etwa Schwimmen oder Sexualkunde) verpflichtend für alle SchülerInnen sein, mehrtägige schulische Veranstaltungen wie Klassenfahrten sollten allen SchülerInnen ermöglicht werden, jedoch ohne Verpflichtung zur Teilnahme.
Einbürgerung erleichtern

Derzeit dürfen lediglich Menschen eingebürgert werden, die seit mindestens acht Jahren in Deutschland leben und verschiedene Voraussetzungen erfüllen, wie beispielsweise das Beherrschen der deutschen Sprache. Wird der erfolgreiche Abschluss eines Integrationskurses nachgewiesen, kann die acht-Jahres-Frist auf sieben Jahre gekürzt werden. Eine weitere Kürzung um ein Jahr ist möglich, wenn die Sprachanforderungen bei weitem übertroffen werden.
Diese Regelung widerstrebt der GRÜNEN JUGEND NRW!Die Möglichkeiten der Integration sind individuell abhängig. Wir fordern deshalb eine transparente, individuell betrachtende Einbürgerungsregelung. Die acht-Jahres-Frist ist nicht länger haltbar.
Auch der Nachzug von EhegattInnen und LebenspartnerInnen aus dem Ausland nach Deutschland bleibt vielen Paaren vorenthalten: Die gesetzliche Regelung macht den Nachzug der/des EhegattIn davon abhängig, ob diese/dieser sich zumindest auf einfacher Art in deutscher Sprache verständigen kann. Es ist auch zu kritisieren, dass die Möglichkeit des EhegattInnennachzuges zu deutschen Staatsangehörigen von ihrem Lebensunterhalt abhängig gemacht wird. Die GRÜE JUGEND NRW verurteilt diesen unbegründeten Eingriff in das Grund- und Menschenrecht auf Familienleben.
Zudem lehnen wir das „feierliche Bekenntnis“ zu freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes, wie es im §16 S.2 Staatsangehörigkeitsgesetz gefordert wird, ab. Wir sehen nicht ein, dass an dieser Stelle unbegründet eine Ungleichbehandlung zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund geschaffen wird. Wieso sollte die deutsche Staatsangehörigkeit bei MigrantInnen vom Ablegen dieses Bekenntnisses abhängen, bei einer/einem gebürtigen Deutschen dagegen nicht? – schließlich muss sich jeder in Deutschland lebende Mensch an die freiheitlich-demokratische Grundordnung halten.
Ein weiterer kritischer Punkt ist das Verbot der doppelten Staatsbürgerschaft bei einer Einbürgerung.
Wir dürfen Menschen, die deutsche StaatsbürgerInnen werden wollen, niemals die Chance verbauen, wieder in ihr Herkunftsland zurückkehren zu können, indem wir die doppelte Staatsbürgerschaft verbieten. In manchen Staaten führt der Verlust oder die Aufgabe der Staatsangehörigkeit gleichsam zum Verlust jeglichen Eigentums an Land. In anderen ist es nicht mehr möglich nach einer Ausbürgerung wieder eingebürgert zu werden. Bei der Entscheidung für eine deutsche Staatsbürgerschaft verlieren viele Menschen dementsprechend viele rechtliche Möglichkeiten in ihren Herkunftsländern. Die Entscheidung, die junge 18-jährige heute treffen müssen, ob sie  einen deutschen oder einen nicht-deutschen Pass haben möchten, ist unzumutbar.  Deshalb muss das Recht auf die doppelte Staatsbürgerschaft wieder eingeführt werden.

Die GRÜNE JUGEND NRW sieht keine Rechtfertigung  darin, Menschen auf eine Staatsangehörigkeit zu beschränken!

 

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 10.7.2011.

Für ein Atomausstiegsgesetz, das den Namen auch verdient!

Für ein Atomausstiegsgesetz, das den Namen auch verdient!

Die GRÜNE JUGEND NRW hält den vorliegenden Gesetzentwurf der derzeitigen Bundesregierung für lückenhaft und wenig ambitioniert und ruft innerhalb der GRÜNEN dazu auf, diesem Gesetz nur bei grundlegenden Änderungen zuzustimmen.
Der Entwurf ist für uns kein gesellschaftlicher Konsens, sondern ein unausgereifter schwarz-gelber Kompromiss, der an zu vielen Stellen nicht zufriedenstellend ist. Die wichtigsten Punkte, welche im Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt werden, aber eine existenzielle Rolle für einen umfassenden Ausstieg aus einer so gefährlichen Technologie spielen, sind:
1.Der Zeitplan zum Ausstieg muss deutlich verbessert werden. Klare Kompromisslinie ist ein schrittweiser Ausstieg bis 2017, wie vom GRÜNEN Länderrat beschlossen. Aber auch die Umsetzung der entsprechenden Vorschläge der nordrhein-westfälischen Landesregierung wäre ein Schritt in die richtige Richtung.
2.Der Atomausstieg muss zudem die gesamte nukleare Brennstoffkette umfassen, also auch die Brennelementeproduktion in Lingen, die Konditionierung in Duisburg und die Anreicherung in Gronau. Ein Entwurf, der Gronau ausklammert, ist für uns unter keinen Umständen ein Konsens!
3.Die Bauarbeiten in Gorleben müssen zugunsten einer auch tatsächlich ergebnisoffenen Endlagersuche beendet werden!
4.Der Atomausstieg darf nicht auf Kosten des Klimaschutzes durchgesetzt werden. Erneuerbare Energien müssen konsequenter und mit erhöhtem Einsatz gefördert, der Weg in eine dezentrale, nachhaltige und demokratische Energieversorgung muss geebnet und Atomstrom  darf nicht durch Kohlestrom ersetzt werden!
5.Die Sicherheitsstandards der AKW müssen zudem endlich auf den Stand von Wissenschaft und Technik!
Von diesen elementaren Eckpunkten ist der aktuelle Gesetzentwurf aber noch meilenweit entfernt. Dies bemängeln auch zahlreiche Anti-Atom-Initiativen, welche die GRÜNEN auf unterschiedliche Art und Weise um eine Ablehnung des vermeintlichen Konsens bitten. Wir dürfen jetzt nicht den Fehler machen, ohne Not einem halbherzigen Entwurf zuzustimmen und damit erneut einen Bruch mit der Anti-AKW-Bewegung zu riskieren!
Lasst uns gemeinsam dafür kämpfen, der Bundesregierung ein Gesetz zum Atomausstieg abzutrotzen, welches den Namen auch verdient. Und wenn dies nicht möglich ist, ihr ein klares und deutliches „Nein!“ zu entgegnen.

Mitgliederversammlung-Sommer2011

Liebe Mitglieder, liebe Interessierten,

wir möchten euch herzlich zur Landesmitgliederversammlung (LMV) der GRÜNEN JUGEND NRW am 9. und 10. Juli ins Salvador-Allende-Haus in Oer-Erkenschwick einladen. Auf unserer diesjährigen Sommer-LMV werden wir uns schwerpunktmäßig mit dem Thema Migrationspolitik befassen.

Grenzenlose Gesellschaft

Die Welt befindet sich im Wandel – fast täglich werden wir mit erschütternden Nachrichten aus aller Welt konfrontiert: Seien es die Berichte von Katastrophen, Revolutionen oder Kriegen – das alles betrifft auch uns. In einer globalisierten Welt sind dies aber nur ein wenige von den vielen unterschiedlichsten Gründen für Migration.

Vor allem die Abschiebungen von Roma und Sinti aus Frankreich und auch jene aus Deutschland und NRW erregten die Gemüter in den letzten Jahren. Doch was können wir dem entgegensetzen und wie schaffen wir es, die Rechte von Flüchtlingen in Deutschland wieder zu stärken?
Das Versagen der Landes- und Bundesregierung in diesem Punkt zeigt sich ebenso bei der nahezu unmöglichen Zuwanderung, aber auch in der Lebenssituation von vor Jahrzehnten zugewanderten Menschen und deren Nachkommen: Anstatt partizipieren und sich entfalten zu können, stoßen sie in unserer Gesellschaft immer wieder auf Rassismus und Ausgrenzung.
Wir wollen versuchen, neue Lösungswege aufzuzeigen, die den Menschen nicht als Last empfinden, sondern sie gemeinsam gehen wollen!

In einer Vielzahl von thematischen Workshops möchten wir uns mit den verschiedenen Aspekten der Migrationspolitik vertraut machen, um fundiert in die Antragsdebatte einsteigen zu können. Wie immer werden am Samstag auch die Arbeitskreistreffen und das Frauen- und Gendertreffen auf dem Programm stehen.

Alle wichtigen Informationen, wie das Programm, die Tagesordnung, die Anmeldung und die Wegbeschreibung, aber auch die Anträge findet ihr schon bald auf unserer Homepage unter LMV.

Wir freuen uns auf eine super LMV mit vielen interessanten Workshops, innovativen Anträgen, spannenden Diskussionen und jeder Menge netten Leuten!

Euer Landesvorstand
Marie, Alex, Johanna, Nico, Lisa-Marie, Natalie, Floris und Maik
und die MitarbeiterInnen der Landesgeschäftsstelle

Same Sex Hand Holding

Am 17. Mai 1990 strich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Homosexualität von der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten (ICD)– ein entscheidender Schritt in Richtung Gleichberechtigung. Dennoch bleibt ein bitterer Beigeschmack, immerhin gilt die Zuneigung zum selben Geschlecht erst seit 21 Jahren nicht mehr als gesundheitliche Störung!

Und auch im Jahr 2011 haben wir noch lange nicht die vollkommenen Gleichberechtigung erreicht, weder rechtlich noch im Alltag.So bevorzugt  das Ehegattensplitting lediglich die heterosexuelle Ehe steuerlich und wertet damit homosexuelle Partnerschaften deutlich ab.. Auch Kommentare wie „Ich habe nichts gegen Homosexuelle – nur bitte nicht in meinem Freundeskreis“ – zeigen: Intoleranz und versteckte Ablehnung sind allen bekannte Phänomene. Bei der Diskussion um Maßnahmen gegen Diskriminierung fällt immer unter den Tisch, dass es nicht nur Schwule und Lesben, sondern ebenso Bi-, Trans- und Intersexuelle und Transgender gibt. Das ist umso fraglicher, denn im Gegensatz zur Homosexualität steht Transsexualität immer noch als sogenannte „Geschlechtsidentitätsstörung“ in der aktuellen Klassifikation der Krankheiten (ICD 10).

 

Damit das nicht so bleibt, ruft die GRÜNE JUGEND NRW dazu auf, am 17. Mai zum Same Sex Hand Holding nach Köln, Essen oder Münster zu kommen, um gemeinsam ein Zeichen für mehr Toleranz zu setzen! Die Aktion ist so einfach wie wirkungsvoll: Nehmt jemanden eures Geschlechtes an die Hand und zeigt somit der Welt, dass Diskriminierung und Ignoranz in unserer Welt keinen Platz hat!

Damit ihr wisst, wo ihr wann sein müsst:

Köln: Vor dem Dom um 18.30 Uhr
Essen: Am Willy-Brandt-Platz um 19.00 Uhr
Münster: Auf der Ludgeristraße gegenüber den Müsterakaden um 19.00 Uhr

 

Ladet auch eure FreundInnen bei Facebook ein:
https://www.facebook.com/home.php#!/event.php?eid=176505675734195

Wenn ihr Fragen oder Ideen zur Aktion habt, schreibt eine Mail an johanna.jurczyk(at)gruene-jugend-nrw.de
Wir sehen uns in Essen, Münster oder Köln

Lieb‘ doch wen du willst!

Euer Landesvorstand
Marie, Alex, Johanna, Nico, Natalie, Lisa-Marie, Maik und Floris

Infos unter Opens external link in new windowwww.idahomophobia.org und Opens external link in new windowwww.adayinhand.com

Den Sozialstaat neu gestalten!

Der Weg zum bedingungslosen Grundeinkommen

Der Sozialstaat als Bestandteil der demokratischen Gesellschaft

Der Sozialstaat ist ein wichtiger Bestandteil unserer demokratischen Gesellschaft. Wir halten ihn nicht nur wegen der wirtschaftlichen Vorteile gerechterer Gesellschaften für unabdingbar, sondern auch weil Solidarität die Basis für ein friedliches Zusammenleben ist. Wir sehen mit großer Sorge, dass der Sozialstaat über die letzten Jahrzehnte zum Nachteil vieler Menschen und unserer Volkswirtschaft immer weiter ausgehöhlt wurde. Deshalb kämpfen wir für eine politische Kehrtwende hin zu mehr Solidarität und gegenseitiger Verantwortung. Uns ist jedoch klar, dass damit nicht der Weg zurück in die Zeiten des Wirtschaftswunders gemeint sein kann.

Wir leben in einer individualisierten Gesellschaft, in der der Einzelne eine immer größere Rolle spielt. Der Wunsch nach Mitbestimmung, was das eigene Leben und die Gesellschaft betrifft, ist größer als jemals zuvor. Doch diese Gesellschaft hat aus der Vergangenheit viel Ballast mitgenommen, der nun diese neue, freie Gesellschaft bedroht. Das ist beispielsweise der Begriff der Arbeit und daraus resultierend unser Sozialsystem. Dieses ist nicht mehr zeitgemäß und auf eine längst verloren gegangene Gesellschaft mit Arbeitsplätzen für alle, zeitlich unbegrenzten Arbeitsverhältnissen und angemessenen Löhnen zugeschnitten.

 

Doch es fällt schwer sich von der Logik „Wer nicht arbeitet, der soll auch nicht essen“ zu lösen. Dabei ist die finanzielle Absicherung aller Menschen für eine funktionierende Demokratie von großer Wichtigkeit. Dieser Sozialstaat ist das Grundgerüst unserer Gesellschaft, doch er muss radikal verändert werden. Es braucht eine flexible, freie Grundsicherung, die dem Menschen alle Freiheiten lässt und diese möglichst noch fördert. Der Mensch muss nicht nur gedanklich, sondern auch in der Tat in den Mittelpunkt gestellt werden.

Schritte zum Grundeinkommen
Ein Instrument, um diese Ziele zu erreichen, ist das bedingungslose Grundeinkommen (BGE). Die Einführung des BGE wäre revolutionär und sicherlich mit vielen Hindernissen verbunden. So ist die größte Schwierigkeit die Überwindung des veralteten Arbeitsbegriffs und die Trennung von Arbeit und Einkommen. Die brauchen wir aber, damit wir tatsächlich ein Wirtschaften und Zusammenleben schaffen, das für den Menschen da ist und nicht umgekehrt. Deshalb wird hier der Begriff „Erwerbsarbeit“ eingeführt. Damit soll Arbeit gemeint sein, die Einkommen schafft.

Langfristig fordert die Grüne Jugend NRW deswegen die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, das allen EinwohnerInnen von ihrer Geburt an monatlich ausgezahlt wird und so ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Das BGE liefert ein Fundament an finanzieller sowie materieller Sicherheit, sodass sich jedeR Einzelne darüber hinaus freier und ungehemmter von Leistungsdruck entfalten kann. Menschen sollen künftig nicht mehr gezwungen sein, eine Arbeit anzunehmen, um ihr Existenzminimum zu sichern, sondern um sich selbst zu verwirklichen oder den eigenen Lebensstandart weiter zu heben.
Um die genannten Ziele zu erreichen muss ein grünes Grundeinkommen die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Ein Grundeinkommen muss bedingungslos sein und darf keinen Zwang zur Arbeit bedeuten.
  • Ein Grundeinkommen muss einen individuellen Rechtsanspruch darstellen, dass heißt, es muss einklagbar sein.
  • Ein Grundeinkommen muss zur Teilhabe an der Gesellschaft genügen. Dazu gehört der umfassende Zugang zu Bildung und Kultur.

Erst wenn diese drei Kriterien erfüllt sind, handelt es sich auch wirklich um ein Grundeinkommen. Jede Abweichung davon bedeutet einen Ausstieg aus diesem Konzept.
Um ein BGE in die Gesellschaft einzuführen, benötigt es vieler kleiner Schritte, bei denen das große Ziel jedoch niemals aus dem Auge verloren werden darf. Der erste, große Zwischenschritt in Richtung BGE ist eine grundlegende Reform der sozialen Sicherungssysteme und die Schaffung einer gerechten solidarischen Versorgung in allen Lebenslagen.

Schritt 1: Grundrente statt Altersarmut!
Heute setzt sich das Sozialversicherungssystem aus Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zusammen. Doch das vielschichtige und komplizierte System der deutschen Versicherungen lässt noch immer große Lücken:
Sowohl das grundlegende Prinzip der Versicherungspflicht, das zur gerechten Risiko- und damit Kostenverteilung auf alle BürgerInnen führt, als auch das Prinzip der einkommensabhängigen Beiträge wird nicht flächendeckend gewährleistet. So können sich derzeit vor allem die VielverdienerInnen einer solidarischen Finanzierung entziehen! Auch auf der Leistungsseite fallen immer mehr Menschen durch das nur grob gestrickte Netz der sozialen Sicherung: Renten unter dem Existenzminimum oder unzureichende Krankenversorgung sind keine Einzelfälle mehr.

Für die GRÜNE JUGEND NRW steht also fest: Das deutsche Versicherungssystem muss grundlegend reformiert werden! Besonders die deutsche Rentenversicherung wird derzeit von der Realität eingeholt. Der demographische Wandel macht den Generationenvertrag, welcher der Rentenversicherung zugrunde liegt, langfristig unbezahlbar. Steigende Lebenshaltungskosten im Alter, uneinheitliche Erwerbsbiographien und die vergleichsweise hohe Arbeitslosigkeit tun ihr Übriges.
Zudem hat die Finanzkrise erneut bewiesen, dass auch kapitalgedeckte Rentensysteme, die nicht erst seit Einführung der Riester-Rente in Deutschland eine größere Rolle spielen, keine sichere Zukunft haben.
Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher die Ablösung des bisherigen Rentensystems durch eine steuerfinanzierte Grundrente, die in ihrer Höhe über die Existenzsicherung weit hinaus geht und das erste Modul eines bedingungslosen Grundeinkommens bildet. Mit dem Betrag der Grundrente kann bereits ein möglicher Betrag eines folgenden BGE vorgegeben werden.
Bis zur vollständigen Umsetzung des BGE setzen wir uns beim Renteneinstieg  für flexiblere Lösungen ein. Dabei muss insbesondere das Modell der Altersteilzeit ausgeweitet werden, um einen Übergang ins Rentenleben zu gewährleisten. Eine einseitige Erhöhung des Renteneintrittsalters lehnen wir ab! Stattdessen sollte nach Berufsgruppen ausdifferenziert werden, um insbesondere bei Beschäftigten mit hoher körperlicher Belastung eine faktische Rentenkürzung zu verhindern.
Grundsätzlich muss das gesamte Erwerbsleben flexibler gestaltet werden. Die Menschen müssen selber entscheiden können, wann und wie viel sie arbeiten wollen. Dies könnte durch Instrumente wie z.B. Lebensarbeitszeitkonten möglich werden. Auch andere Rentenformen, wie beispielsweise Hinterbliebenenrenten sollen dabei im Maßstab der Grundrente ermittelt werden.
Die bereits bestehenden Rentenansprüche der aktuellen gesetzlichen Rentenversicherung können in der Übergangszeit anteilig mit der Grundrente verrechnet werden, sodass ein fließender Übergang sichergestellt ist.
Neben dem Verhindern von Altersarmut besteht insbesondere in der Altenpflege erheblicher Handlungsbedarf. Zu oft werden Pflegebedürftige zuhause unzureichend versorgt oder die Angehörigen sind mit der Situation überfordert. Viele Altersheime sind mittlerweile zu reinen Aufbewahrungsanstalten verkommen. Die GRÜNE JUGEND NRW sieht im menschenwürdigen Altwerden ein zentrales Element der Generationengerechtigkeit. Dafür müssen wir die Pflegestrukturen neu überdenken. Neben einem gesetzlichen Anspruch auf staatlich unterstützte Pflegeteilzeit für Angehörige, müssen neue Konzepte verstärkt in die Praxis übertragen werden. Auch eine Ausweitung des Freiwilligendienstes auf die Altenpflege ist eine Option. Insgesamt muss der Pflegebereich mit deutlich mehr und besser qualifiziertem Personal ausgestattet werden. Dies muss einer der bevorzugten Investitionsziele bei der Ausweitung des öffentlichen Beschäftigungssektor werden.

Schritt 2: Steuerfinanzierte BürgerInnenversicherung jetzt!

Einen speziellen Platz in der Debatte über die sozialen Sicherungssysteme nimmt die gesetzliche Krankenversicherung ein. Nachdem lange über die zwei grundlegend unterschiedlichen Modelle der Kopfpauschale und der BürgerInnenversicherung diskutiert wurde, haben heute auch andere Konzepte, wie der Gesundheitsfonds, ihren Weg in die politische Landschaft gefunden.
Für die GRÜNE JUGEND NRW steht jedoch fest, dass wir die solidarische BürgerInnenversicherung brauchen! Für uns bedeutet BürgerInnenversicherung im Kern einen Wegfall der Versicherungsplichtsgrenze. Das heißt, dass auch die bisher nicht versicherungspflichtigen BeamtInnen, Selbständige und alle Personen mit einem Einkommen von derzeit über 4125 € mit in die Verantwortung genommen werden!
Die beitragsfinanzierte Krankenversicherung stößt zudem bereits heute an ihre Grenze, denn sie funktioniert trotz immer kleinerem Leistungskatalog nur noch mit staatlichen Zuschüssen.
Wir wollen die BürgerInnenversicherung komplett auf Steuerfinanzierung umstellen. Somit beteiligen sich nicht nur die ArbeitnehmerInnen an den „Kosten des Risikos“, sondern sämtliche Teile unserer Gesellschaft. Außerdem sinken so die Lohnnebenkosten, was sich positiv auf den Arbeitsmarkt auswirken kann.
Nur so können die Leistungen gesteigert werden, die Beiträge bezahlbar bleiben und die Ungleichbehandlung von  privaten und gesetzlich Versicherten durchbrochen werden. Denn für uns steht fest: Auch mit einem BGE brauchen wir weiterhin eine solidarische Krankenversicherung!

Schritt 3:  Hartz IV: Transparente Berechnung und flächendeckender Mindestlohn

Die derzeit wohl am intensivsten diskutierte Sozialleistung ist das auch „Hartz IV“ genannte Arbeitslosengeld II (ALG II). Unsere Position dabei ist klar: Kurzfristig muss der Betrag des Arbeitslosengeldes II endlich auf ein verfassungskonformes und existenzsicherndes Maß angehoben werden. Zurzeit wird das Existenzminimum, das die Höhe des Betrages festlegt, künstlich klein gerechnet, indem beispielsweise auch AufstockerInnen in die Berechnung zur Höhe des ALG II miteinbezogen werden. Dass aber die Menschen, die schon am Existenzminimum stehen, nicht für die Berechnung desselben herangezogen werden sollten, ist für die GRÜNE JUGEND NRW selbstverständlich. Zudem werden willkürlich Ausgaben von der Bundesregierung für den ALG II-Satz gestrichen oder gekürzt. Dazu gehört beispielsweise die umstrittene Tabak- und Alkoholstreichung, aber auch der Eisdielenbesuch!
Außerdem ist wichtig, dass die Sätze regelmäßig an die Preisentwicklung, steigende Gesundheitskosten und andere Mehrbelastungen für die BezieherInnen angepasst werden.
Das Ergebnis der aktuellen Verhandlungen um das Arbeitslosengeld II hält die GRÜNE JUGEND NRW daher für einen faulen Kompromiss. Deshalb unterstützen wir den Ausstieg von Bündnis90/Die Grünen aus den Verhandlungen.
Besonders Kinder und Jugendliche in ALG II beziehenden Familien müssen nun unter dem faulen Kompromiss leiden. Für sie wird es nämlich keine Erhöhung der Regelsätze geben und auch bei ihnen war der Vermittlungsausschuss nicht in der Lage, sich auf eine verfassungskonforme Berechnung der Regelsätze zu einigen. Es ist nicht hinnehmbar, dass denjenigen, die am wenigsten für ihre Lebenssituation verantwortlich sind, der Zugang zu sozialer Teilhabe und Bildung so schwierig gestaltet wird!
Auch das im Vermittlungsausschuss leicht verbesserte Bildungs- und Teilhabepaket, das jetzt verabschiedet wurde, bringt dabei keine wesentlichen Verbesserungen.  So fordern wir beispielsweise die komplette Finanzierung eines möglichst gesunden Mittagessens in den Schulen, anstatt eines Zuschusses in begrenztem Umfang.  Ein solches Mittagessen fördert die sozialen Kontakte und ist, wenn ein vegetarisches Gericht angeboten wird, auch offen für Kinder mit unterschiedlichem religiösem Hintergrund. Auch die geplante teilweise Finanzierung von Vereinsmitgliedschaften stellt für uns eine Facette einer insgesamt unwesentlichen Situationsverbesserung der betroffenen Familien da und rüttelt nicht an den grundsätzlichen Hürden. Und ob die politisch vereinbarten sozialpädagogischen Hilfen jemals bei den Bedürftigen ankommen werden, ist äußerst fragwürdig.
Aber Hartz IV hat noch ganz andere Auswirkungen auf die Gesellschaft. So schafft das Überangebot an  preiswerten Arbeitskräften einen enormen Druck auf die Erwerbstätigen. Die Folge sind sinkende Löhne und wachsende Armut trotz Erwerbsarbeit. Hier kommt neben einer Grundsicherung der flächendeckende Mindestlohn ins Spiel. Dieser muss eingesetzt werden, um Dumpinglöhne zu verhindern und ausreichen, um den erwerbstätigen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Ein Mindestlohn sollte deshalb auch über die Minimalforderung von 8,50 Euro hinausgehen. Diese 8,50 Euro reichen zwar zum Überleben, aber zum Leben benötigt man mehr als nur das physische Existenzminimum. Zudem bestehen wir auf einen jährlichen Inflationsausgleich.
Zusätzlich fordern wir, dass die ArbeitnehmervertreterInnen einen branchenspezifischen Mindestlohn, der maximal 15% unter dem entsprechenden Lohntarif liegen darf, festsetzen können. Der Mindestlohn von 8,50 darf dabei jedoch niemals unterschritten werden. Darüber hinaus wollen wir die Gleichbezahlung von LeiharbeiterInnen und der Stammbelegschaft, um den Missbrauch und das Lohndumping durch das Instrument der Leiharbeit zu bekämpfen.
Daher fordert die GRÜNE JUGEND NRW nicht nur eine wirklich transparente Berechnung der Regelsätze, sondern auch den längst überfälligen flächendeckenden Mindestlohn von mindestens 8,50 €!

Schritt 4: Die Grüne Grundsicherung

Die Debatte um die Zukunft unseres Sozialstaates darf jedoch nicht durch den starren und unsozialen Kurs der Bundesregierung in Stocken geraten. Dass es im Vermittlungsausschuss nur zu unzureichenden Kompromissen kommen kann und wenig Raum für die Umsetzung grüner, progressiver Ideen bleibt, war allen Beteiligten klar. Das ändert jedoch nichts an den grundsätzlichen Forderungen: Wir wollen die Grüne Grundsicherung als einen Schritt zum bedingungslosen Grundeinkommen!
Im ersten Ansatz bedeutet das Hartz IV „light“: Mehr Geld, weniger Sanktionen. Doch das Ziel des Grünen Grundsicherung ist die Abschaffung aller Zwänge und Sanktionen und eine regelmäßige Anpassung der Sätze an die Lebenshaltungskosten, um das Klischee vom arbeitsunwilligen Arbeitslosen endlich zu beenden und Menschen nicht in Erwerbsarbeit zu zwingen, die weder ihren Interessen noch ihren Fähigkeiten entspricht. Das Widerspricht unserer Ansicht nach dem Grundrecht auf freie Berufswahl.
Die grüne Grundsicherung bedeutet eigenständige und transparente Regelsätze für Kinder und Jugendliche, die den tatsächlichen Bedarf widerspiegeln und ein erster Schritt zur Teilhabegerechtigkeit wären.

Grüne Grundsicherung bedeutet aber auch die Abschaffung der Bedarfsgemeinschaften, um die strukturelle Abhängigkeit besonders von ALG II beziehenden Frauen zu beenden!

Wir nähern uns dem  Ziel: Das bedingungslose Grundeinkommen!
Die GRÜNE JUGEND NRW versteht unter sozialer Teilhabe jedoch weitaus mehr, als ein prekäres Leben am Existenzminimum. Wir möchten den aktuellen Zustand, in dem Bedürftige als BittstellerInnen auftreten müssen, um von den vermeidlichen LeistungsträgerInnen ertragen zu werden, endlich durchbrechen. Wir möchten soziale Teilhabe zur Selbstverständlichkeit machen! Darüber hinaus beinhaltet unser Verständnis von Arbeit weitaus mehr als das Ausüben einer bloßen Tätigkeit, die genug Geld einbringt, um den Lebensunterhalt zu finanzieren. Auch Menschen, die eine für die Gesellschaft sinnvolle Tätigkeit verrichten, die sich zum Beispiel der Pflege von Angehörigen widmen, die sich vor Ort in Sportvereinen, für den Tierschutz oder politisch engagieren, verrichten nach unserem Verständnis eine Arbeit. Die Anerkennung jeglicher Arbeit schafft das BGE!
Dieses Ziel wollen wir über eine Ausweitung der mittelfristig realisierbaren Grundrente auf alle Altersgruppen realisieren. Durch eine schrittweise Absenkung des nominellen Renteneintrittsalters, sowie eine Öffnung der Grundrente für im Alter erwerbstätige Menschen, lässt sich so bereits in absehbarer Zeit ein quasi-Grundeinkommen für eine ganze Bevölkerungsschicht einführen.
Gleichzeitig kann die Grüne Grundsicherung Grundlage eines Grundeinkommens sein. Mit einer stetigen, zielgerichteten Anhebung der Sätze und einer Ausdehnung auf immer mehr Bevölkerungsschichten (Kinder, StudentInnen und Azubis, Hausmänner, Hausfrauen) kann ein flüssiger Übergang zum bedingungslosen Grundeinkommen gewährleistet werden.

Das BGE ist finanzierbar!

Durch das BGE können viele Soziale Leistungen, wie zum Beispiel das Arbeitslosengeld oder die Rente entfallen. Deswegen ist das BGE auch nicht so teuer, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Einführung eines BGE darf aber keine Aufforderung zum Kahlschlag darstellen. Weiterhin bedarf es eines starken Staates, der unter Anderem eine gute Gesundheitsvorsorge und ein gerechtes und kostenloses Bildungssystem anbieten kann und somit auch die individuellen Bedürfnisse der BürgerInnen berücksichtigt. Grundeinkommen bedeutet nicht Gleichmacherei. Freigewordene Kapazitäten in der Sozialverwaltung dürfen nicht komplett wegfallen, sondern müssen an anderer Stelle zu Verbesserungen sozialer Leistungen eingesetzt werden.
Unser Steuersystem wollen wir grundlegend reformieren. Die Einkommensteuer muss durch eine echte Progression gerechter werden. Das beinhaltet das Einziehen einer weiteren Progressionsstufe, sowie eine deutliche Anhebung des Spitzensteuersatzes. Ein Einkommen von 250.000 EUR darf nicht gleich mit einem Einkommen von 2.500.000 EUR besteuert werden. Die Abgeltungssteuer soll wieder abgeschafft werden. Es ist nicht einzusehen, dass sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen der Progression entziehen können. Mit einer Wiedereinführung der Vermögenssteuer und einer Erhöhung der Erbschaftsteuer wollen wir zudem auch Vermögen in die Pflicht nehmen.

Wir wollen die Konsum- und Verbrauchssteuern vermehrt auf ökologische Lenkungswirkungen ausrichten, insbesondere durch Einführung einer CO2-Steuer. Die Mehrwertsteuer ist historisch gewachsen und lässt inzwischen jedes System vermissen. Hier wollen wir grundlegend aufräumen. Güter der Grundversorgung, wie zum Beispiel Lebensmittel, sollen einem verminderten Steuersatz unterliegen. Alle anderen werden mit dem normalen Mehrwertsteuersatz besteuert. Für Luxus-Güter gilt ein dritter zu bestimmender Höchst-Mehrwertsteuersatz. Zusätzlich fordern wir ein zentral strukturiertes und effektiveres Finanzverwaltungssystem, sowie das Streichen ökologisch schädlicher Subventionen.