Bildungsstreik – 2010 geht’s weiter!

2009 beteiligten sich Hunderttausende an den Bildungsstreiks – auch in diesem Jahr gehen SchülerInnen und StudentInnen wieder für Ihre Rechte auf die Straße.

Gut ein Jahr nach Beginn des Bildungsstreiks sind StudentInnen, SchülerInnen und Auszubildende am 22. April wieder auf die Straße gegangen. Über 50 Organisationen aus ganz NRW unterstützen den Aufruf zum erneuten Protest für ein besseres Bildungssystem. Mit dabei war auch die Grüne Jugend NRW. Besonders vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen will das Bildungsstreik-Bündnis seine Forderungen noch einmal deutlich machen.

Im vergangenen Jahr beteiligten sich bundesweit über 250 000 Menschen, darunter vor allem SchülerInnen, StudentInnen, aber auch GewerschafterInnen und Erwerbslose, am Bildungsstreik. In zwei Aktionswochen und mehreren bundesweiten Demonstrationen kämpften sie für ihre Ziele. Allein im Herbst 2009 protestierten über 125 000 SchülerInnen und StudentInnen in ganz Deutschland, um den dramatischen Verhältnissen im deutschen Bildungssystem den Kampf anzusagen. Auch die Grüne Jugend NRW war in vielen lokalen

Bildungsstreikbündnissen aktiv. Die Medien begleiteten die Streiks intensiv. Trotz der großen Aufmerksamkeit: Viel hat sich seither im Bildungssystem nicht geändert – auch nicht in NRW, Doch die Streikenden geben nicht auf. Selten haben sich junge Menschen über einen so langen Zeitraum für eine politische Sache engagiert. Für die erste Hälfte dieses Jahres organisieren mehrere dezentrale Aktionstage und eine große Streikwoche.

Über 6000 SchülerInnen, StudentInnen und Auszubildende sind zum Auftakt am 22. April in einem große Protestmarsch durch die Kölner Innenstadt gezogen. Das sind zwar weniger DemonstrantInnen als noch 2009, doch die fordern ihre Rechte mit der gleichen Härte wie im vergangenen Jahr.

Das fordern die Bildungsstreikenden

Schülerinnen und Schüler setzen sich für die Ganztagsschule und die Abschaffung des dreigliedrigen Schulsystems ein. StudentInnen fordern einen freien Zugang zu Bildung für alle Menschen: Dazu gehört die Lehrmittelfreiheit, die Abschaffung sämtlicher Gebühren, wie zum Beispiel Studien-, Ausbildungs, aber auch Kita-Gebühren.

Außerdem soll Lernen für SchülerInnen und StudentInnen selbstbestimmer werden. Leistungs- und Konkurrenzdruck haben in der Schule nichts zu suchen! Dewegen müssen Kopfnoten, die derzeit für Leistungsbereitschaft, Zuverlässigkeit und Sozialverhalten vergeben werden, wieder abgeschafft werden. Die Rücknahme des „Turboabiturs“ (G8) und die Abschaffung des Master und Bachelor Systems in seiner jetzigen Form würden SchülerInnen und StudentInnen endlich wieder die Zeit zum Lernen geben, die sie brauchen.

In diesem Jahr waren zum ersten Mal viele Auszubildende gemeinsam mit den SchülerInnen und StudentInnen auf der Straße. Die Azubis fordern unter anderem ein Grundrecht auf Ausbildung für alle und die betriebliche Übernahme aller Auszubildenden.

Eine weitere wichtige Forderung der DemonstrantInnen ist die radikale Demokratisierung der Bildungseinrichtungen: Hochschulräte müssen abgeschafft werden! SchülerInnen und die StudentInnen haben Recht, auf viel größeren Einfluss auf das Schul- und Unileben Momentan kann stattdessen die Wirtschaft immer mehr mitbestimmen, wenn es um Lehrinhalte, Studienstrukturen und Stellenvergaben geht. Damit muss Schluss sein! Die öffentliche Hand muss das Bildungssystem finanzieren, um eine Einflussnahme und Gewinnerwartung von Unternehmen zu unterbinden.

Streik in der Schulzeit unerwünscht

SchülerInnen und StudentInnen streiken während ihrer Unterrichts- und Vorlesungszeit. Dafür haben LehrerInnen und DozentInnen nicht unbedingt Verständnis und vor allem SchülerInnen gehen ein großes Risiko ein.

Eine Demonstrantin berichtet, wie ihre Schule versucht, Schüler unter Druck zu setzen: „Viele SchülerInnen trauen sich nicht, zum Bildungsstreik zu gehen, weil unser Direktor neben unentschuldigten Fehlstunden auch Klassenkonferenzen für die Streikenden angekündigt hat. Die SchülerInnen, die heute morgen zur Schule gegangen sind, wurden während der Demonstration in der Schule eingesperrt und nicht rausgelassen. Trotzdem nehmen einige SchülerInnen am Bildungsstreik teil. Viele sagen, dass die trotz dieser Repressionen auch weiterhin am Bildungsstreik teilnehmen werden. Sie wollen sich ihre Kritik nicht verbieten lassen.“

Rechtlich gesehen haben SchülerInnen kein Streikrecht, jedoch werden die Fehlzeiten von jeder Schule anders behandelt. Doch ein Streik während der Schulzeit verleiht den Anliegen der SchülerInnen viel mehr Nachdruck, als eine Demonstration am Wochenende oder Nachmittags. Außerdem, argumentieren die Organisatoren, könnte man während der Schulzeit viel mehr SchülerInnen erreichen und mobilisieren.

Einige Schulen und Hochschulen lassen den Streikenden auch mehr Raum. So rechnete die Uni Köln etwa offiziell während der Demonstration am 22. April in Köln keine Fehlstunden an.

Bildungsstreik – so geht’s weiter

Die nächsten Aktionen des Bildungsstreiks sind die bundesweite Demonstration am 05. Mai 2010 in Düsseldorf und der dezentrale bundesweite Bildungsstreik am 09.06. in vielen Städten in NRW. Mehr Informationen zum Bildungsstreik 2010 und alle Termine gibt es unter Opens external link in new windowwww.bildungsstreik.net und Opens external link in new windowwww.bildungsstreik-fruehling.de

Die Grüne Jugend NRW hat die Bildung zum Schwerpunktthema für die Landtagswahl am 09. Mai gemacht. Wir werden den Bildungsstreik durch unsere KandidatInnen der Grünen Jugend von der Straße ins NRW-Parlament tragen!

Von Karsten Ludwig

Wofür gibt die EU Geld aus?

Erster Schülerwettbewerb zum Thema EU-Haushalt „Wofür gibt die EU Geld aus?“

Rund 140 Milliarden Euro gibt die Europäische Union jedes Jahr aus. Doch nur die wenigsten wissen, wo dieses Geld in ihrer Nähe investiert wird, welche Chancen und Herausforderung damit verbunden sind oder wie man selbst davon profitiert. Jugendliche können nun diesen und anderen Fragen zum Thema EU-Haushalt auf den Grund gehen. Im ersten Schülerwettbewerb zu diesem Thema können deutschsprachige Schülerinnen und Schüler allein oder in Teams von höchstens vier Personen Reportagen von maximal 4500 Wörtern sowie Videos von maximal zwei Minuten einreichen. Die besten Beiträge werden von einer Jury aus renommierten Journalisten ausgewählt. Die Gewinner reisen nach Brüssel und treffen den EU-Kommissar für Haushalt und Finanzplanung, Janusz Lewandowski. Der Wettbewerb startet am 15. März. Der Einsendeschluss ist am 30. Juni 2010.
Weitere Informationen unter: http://ec.europa.eu/budget/jugendwettbewerb

Pro NRW – Rechtspopulisten im Gewand einer Bürgerbewegung

Als Anfang Januar bekannt wurde, Pro NRW wolle am 28.03. vor der Merkez-Moschee in Duisburg unter dem Motto „Abendland in Christenhand“ demonstrieren, schlug das in der Stadt ein wie eine Bombe. Als sich dann noch NPD eine Kundgebung anmeldete, waren sich viele Duisburger einig, dass es notwendig wurde, sich mit der rechten Propaganda auseinander zu setzen.

Pro NRW – Rechtspopulisten im Gewand einer Bürgerbewegung

Aber der Reihe nach – wer war nochmal Pro NRW? Die sich als Bürgerbewegung tarnende rechtspopulistische Regionalpartei wurde im September 2007 in Bonn gegründet. Viele der Gründungsmitglieder waren vorher bereits Mitglied in rechtsextremen Gruppierungen.

Thematisch wettern die Mitglieder der Pro-Bewegung vor allem gegen die angebliche Islamisierung Europas. Moscheeneubauten dienen häufig als Anlass, die Anwohner mit ihrem Gefasel vom islamistischen Kulturkampf gegen muslimische Projekte aufzuwiegeln. Außerdem tritt Pro NRW für eine rigide law-and-order Politik ein, will die recht schaffenden Bürger von den etablierten Parteien „befreien“ und sieht sich so als Anwalt der deutschen Bevölkerung gegen korrupte Politiker.

Die dahinter stehende Strategie ist einleuchtend: Pro NRW verunsichert, bietet simple Lösungen und präsentiert sich mithilfe von Bürgerbegehren und Präsenz in den Stadtteilen als Anwalt des einfachen Bürgers. Fühlt die Partei sich bekannt genug, kann sie bei Wahlen antreten und die Rechtsaußenpolitik in die Parlamente bringen.

Potenzial für Pro

Pro NRW hat Rheinland und Ruhrgebiet bereits gut erschlossen: Mit 46 Sitzen in den Land- und Kreistagen (fast ausschließlich im Rheinland und Ruhrgebiet) ist die Partei bereits vertreten.

Die Tendenz ist steigend – Umfragen zeigen, dass ein erheblicher Teil der deutschen Bevölkerung Sympathie für die rechtspopulistische Hetze hegt. Und die Meinungsforscher gehen noch weiter: Weit über 5 Prozent könnten sich vorstellen, eine Partei rechts der CDU zu wählen.

Zentrum der „Bewegung“ ist aber auch nach den weitreichenden Erfolgen bei den Kommunalwahlen 2009 noch immer Köln, wo die Rechtsaußenpartei über fünfzehn Sitze in Rat und Bezirksvertretung hält. Hier versuchten sie schon zwei Mal einen sogenannten Anti-Islamisierungskongress zu organisieren. Die lebendige Zivilgesellschaft in und um Köln wusste das jedoch mit kreativen wie kraftvollen Aktionen zu vereiteln. Sowohl Grüne Jugend Köln als auch die Grüne Partei waren damals in den Widerstand involviert.

Duisburg und Rechtsradikalismus

Anfang Januar ließ die Ankündigung Pro NRWs, einen Sternmarsch zur Duisburger Merkez-Moschee durchzuführen, die antifaschistischen Alarmsirenen aller aufheulen: von den Stadtratsparteien, dem christdemokratischen Oberbürgermeister, über die Vertreter der verschiedenen Konfessionen und Glaubensrichtungen bis hin zu den Bewohnern des betroffenen Stadtteils. Die Stadt war schon lange nicht mehr mit einem rechtsextremen Großereignis konfrontiert worden. Obwohl die rechte Bürgerunion in der Bezirksvertretung Meiderich einen Sitz verteidigen konnte, eine jugendliche Kameradschaft hin und wieder im Duisburger Süden ihr Unwesen treibt und es im Umfeld des lokalen Fußballvereins eine rechtsradikale Hooliganvereinigung gibt, spielt Rechtsextremismus in der öffentlichen Debatte keine Rolle.

Für die Pro-Bewegung, die bis dato in Duisburg nahezu gar nicht als solche wahrgenommen wurde, bieten sich Duisburg allerdings mehrere Anknüpfungspunkte. Erfreulicherweise hat die Duisburger CDU das geschafft, wovon man woanders nur träumen kann: sie steht mit Partei, Fraktion und Funktionsträgern geschlossen hinter der Merkez-Moschee, hat im Dezernat des Oberbürgermeisters ein Referat für Integration gegründet und steht somit mit beiden Füßen inmitten der multikulturellen Gesellschaft.

Damit lässt sie rechts von sich viel Platz – einer der Direktkandidaten von Pro NRW ist ehemaliges CDU-Mitglied. Außerdem hat er sich als Geschäftsführer in einer örtlichen Kinder- und Jugendtafel engagiert. Beides kommt für Pro NRW wie gerufen: parteipolitische Erfahrung und soziales Engagement polieren das Bild von der lokal verwurzelten Bürgerbewegung auf. Doch Leute wie Peter Klein sind rar bei den Pro-NRW-Mitgliedern. Dass sich hinter der Tarnung als Bürgerbewegung menschenfeindlicher brauner Sumpf verbirgt, hat ein mittlerweile ausgeschlossenes Mitglied der Duisburger Pro-Gruppe selbst gezeigt: Andreas Akwara drohte dem Betreiber des Blogs „Biedermanni verliert“ mit dem Tod durch Erhängen. Außerdem setzte er 1000 Euro Belohnung für den-/diejenige aus, der/die die Identität des Bloggers offenbare.

Diese Eskapade ließ die Duisburger Öffentlichkeit weitgehend kalt. Erst der Aufruf zu der rechten Kundgebung schreckte die Bevölkerung auf. Zunächst waren die Aktivitäten in und um Duisburg aber unkoordiniert: Bündnisse schossen aus dem Boden, zerstritten sich oder grenzten sich vehement voneinander ab. Zwischenzeitlich gab es ein undurchschaubares Wirrwarr von Homepages, Demonstrationsanmeldungen und Resolutionen. Zeitdruck und Einsicht haben solche Barrieren mittlerweile abgebaut. Die Gruppen und Konzepte gegen die Kundgebung der Rechtsextremen stehen nun.

Blockaden, Kulturfest und Informationsveranstaltungen

Im Marxloher Bündnis engagieren sich Stadtteilgruppen, Privatpersonen oder Geschäftsbesitzer. Die Vereinigung gibt es schon seit 2005 – damals verteidigte man den Stadtteil vor der NPD. Als man diese Anfeindungen erfolgreich abgewehrt hatte, machte sich das ZDF über Duisburgs Multikulti-Bezirk her. „Mit einer ausgrenzenden und hetzerischen Berichterstattung diskreditierte man die Bewohner des lebensfrohen Stadtteils. Daraufhin sind wir als Bündnis hingegangen und konnten eine dreißig minütige Gegendarstellung des ZDF erwirken“, so Sylvia Brennemann, Sprecherin der Initiative.

Ein Mitglied des Marxloher Bündnis erklärte, dass nach den anfänglichen, kraftraubenden Auseinandersetzen die Vielfalt der Aktionen besonders wichtig sei. So soll es am Sonntag ein großes Fest auf dem Elisenhof geben – einem Brachland, das sich auf Betreiben der multi-kulturellen Bürgerinitiative Gülhane Elise zu einem Rosengarten mausern soll; im Vorfeld der Demonstrationen von Pro NRW und der ebenfalls demonstrierenden NPD gibt es Informationsveranstaltungen. Am entsprechenden Wochenende versuchen viele Gruppen und Privatpersonen durch die Anmeldung von Veranstaltungen „eine Art demokratischen Schutzwall um den Stadtteil zu bauen“, wie ein anderer Bewohner des Stadtteils erklärt. Die Marxloher arbeiten jedoch nicht nur nach innen, sondern lassen die Umlandskommunen, die am Freitag, den 26.04., mit Kundgebungen von Pro-NRW auseinandersetzen müssen, nicht im Regen stehen. So erhielten die Katernberger aus Marxloh nützliche Tipps, denn auch in dem Essener Stadtteil will Pro NRW gegen den Moscheebau hetzen.

Dem Bündnis „Duisburg stellt sich quer“, dem maßgeblich linke Gruppierungen angehören, ist der Schulterschluss mit „den Marxlohern“ wichtig. Die Gruppe will sich jedoch vorrangig um Blockaden kümmern. Dass Pro NRW ausgerechnet eineinhalb Monate nach Dresden in Duisburg demonstrieren will, ist für die Aktivisten besonders unangenehm – schließlich hatten die meisten auf eine ruhigere Zeit nach Dresden gehofft. Außerdem: Bis Dresden war eine ausgiebige Beschäftigung mit Pro NRW wegen der Mobilisierung für die Blockaden dort unmöglich – danach musste jedoch alles umso schneller gehen.

Linksjugend und SDS, beide Organisationen sind Mitglied im Bündnis „Duisburg stellt sich quer“, haben drei Wochen vor den Demonstrationen in einem Kraftakt eine Aktionskonferenz auf die Beine gestellt. Die knapp 100 Teilnehmer kriegen hier reichlich Input über Rechtsextremismus – konkret werden aber auch Blockadekonzepte entwickeln.

Auch der DGB arbeitet mit dem Anti-Rassismus-Informations-Centrum an einem Training zu Demoverhalten, anderen Aktionsformen sowie Pro NRW und NPD. Am eigentlichen ‚Demonstrationssonntag‘ hat der Gewerkschaftsbund eine große Demonstration durch Marxloh angemeldet. Das ist aus Sicht vieler Blockierer ein Fortschritt, schließlich war der Duisburger DGB bisher häufig auf die Innenstadt ausgewichen und hatte so den Rechten freie Bahn gelassen. Vor den Protesten will der DGB mit einem Workshop fit für den Kampf gegen Rechtsextremismus machen.

Die Duisburger Grünen und die Grüne Jugend sind auch beim Protest dabei: Sie nehmen am Samstag und Sonntag ab 10:00 Uhr einen Versammlungpunkt an der Egonstraße/Williy-Brandt-Ring ein. Zehn neuralgische Punkte rund um den Stadtteil sollen von Versammlungen belegt werden. Damit das Konzept aufgeht, ist es jedoch notwendig, dass viele Menschen von außerhalb kommen, um den Protest zu unterstützen.

Zu hoffen bleibt, dass Ende März alles glatt geht: dass die demokratischen Kräfte stark genug sind, dass in Marxloh keine Autos brennen, die die Blicke vom friedlichen Kampf gegen Rechtsextremismus wegziehen. Und vor allem, dass das Fest erfolgreich das richtige Marxloh zeigt, das in der öffentlichen Berichterstattung so selten vorkommt.

Schwarz-Gelb abwählen – Für einen sozial-ökologischen Politikwechsel in NRW!

Die Landtagswahl am 9. Mai 2010 ist richtungsentscheidend für die Zukunft Nordrhein-Westfalens und der Bundesrepublik. Wir werden im Wahlkampf für eine ökologische, sozial gerechte, moderne und progressiv linke Politik streiten, für eine starke grüne Fraktion kämpfen und möglichst viele unserer KandidatInnen aus der GRÜNEN JUGEND NRW in den Landtag bringen. Die Abwahl der amtierenden Regierung aus CDU und FDP wird nicht nur einen politischen Richtungswechsel einleiten, sondern auch die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat brechen.

In den vergangenen Jahren haben wir als GRÜNE JUGEND NRW viele Debatten in der grünen Partei angestoßen und gemeinsam mit den Grünen inhaltliche Konzepte für ein soziales und ökologisches NRW entwickelt. Nach fünf Jahren Oppositionsarbeit sind die Grünen wieder bereit zu regieren. Für die GRÜNE JUGEND NRW ist Regieren jedoch kein Selbstzweck, sondern muss einen sozial-ökologischen Politikwechsel zum Ziel haben. Wenn sich keine Mehrheit zur Umsetzung unserer Ziele findet, müssen wir konsequenterweise wieder in die Opposition gehen. Denn: Opposition ist nicht Mist, sondern unabdingbar für eine lebendige Demokratie!

Von einer grünen Regierungsbeteiligung erwarten wir mehr als ein paar halbherzige Reförmchen und warme Worte. Klimawandel, der Bildungsnotstand und die soziale Spaltung verlangen radikale Umbaumaßnahmen in Politik und Gesellschaft. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, stellt die GRÜNE JUGEND NRW folgende inhaltliche Mindestanforderungen an einen Koalitionsvertrag mit grüner Unterschrift:

Ein Kita-Platz für jedes Kind! Das Kinderbildungsgesetz (KiBiz) muss ersetzt werden durch ein neues Gesetz, das kleine Gruppengrößen, Finanzierung durch eine Gruppenpauschale und eine Ausbildung von ErzieherInnen auf dem FH-Niveau festschreibt. Beim Ausbau der Kindertageseinrichtungen dürfen die Kommunen bei der Finanzierung nicht alleine gelassen werden.

Eine Schule für alle! Das mehrgliedrige Schulsystem muss zugunsten einer Schule für alle bis zum Ende der Pflichtschulzeit abgeschafft werden. Ein zweigliedriges System aus Gesamtschule und Gymnasium ist für uns keine Option. Die Gemeinschaftsschule muss eine inklusive Schule gemäß der UN-Konvention sein.

Neben einem Anreizsystem für die Kommunen zur Gründung von Gemeinschaftsschulen bedarf es aber auch eines Sofortprogramms: Die Kopfnoten gehören abgeschafft. Anstelle von wenig aussagekräftigen Ziffernnoten von eins bis sechs sollen alternative Bewertungsformen erprobt werden. Das Schulleben muss demokratischer werden. Ein erster Schritt ist die Wiedereinführung der Drittelparität in der Schulkonferenz.

Die Hauptschulen haben aktuell kaum noch Zulauf. Deshalb sollen sie nicht künstlich am Leben erhalten werden, sondern zugunsten längeren gemeinsamen Lernens auslaufen.

Abschaffung jeglicher Form von Studiengebühren! Bildung ist ein Menschenrecht, der Geldbeutel darf nicht über Bildungschancen entscheiden. Deshalb dürfen an nordrhein-westfälischen Hochschulen ab dem Wintersemester 2010/2011 keine Studiengebühren mehr erhoben werden. Auch Langzeitstudiengebühren und nachgelagerte Studiengebühren lehnen wir ab.

Außerdem gehört das Hochschulfreiheitsgesetz abgeschafft. Stattdessen muss in die Qualität von Lehre und Forschung sowie den massiven Ausbau von Studienplätzen investiert werden, um insbesondere auch den AbsolventInnen des doppelten Abiturjahrgangs 2013 einen Studienplatz anbieten und allen Bachelor-AbsolventInnen in NRW einen Master-Studienplatz garantieren zu können. Das Bachelor-Master-System muss komplett überarbeitet werden, um Leistungsdruck und der Verschulung entgegenzuwirken.

Mehr Mitbestimmung für Kinder und Jugendliche! Das Wahlalter bei Landtagswahlen soll gesenkt werden. Ein erster Schritt ist die Senkung auf 16 Jahre bei der Landtagswahl im Jahr 2015. Die Regelung, dass Kinder und Jugendliche bei sie betreffenden kommunalpolitischen Entscheidungen, miteinbezogen werden müssen, muss verbindlich werden.

Mehr politische Mitbestimmung für BürgerInnen! Um die BürgerInnen stärker in politische Entscheidungen zu integrieren, müssen BürgerInnenentscheide auch auf Landesebene Anwendung finden.

Soziale Infrastruktur fördern! Nach dem sozialpolitischen Kahlschlag von CDU und FDP muss die soziale Infrastruktur gefördert und zerschlagene Strukturen wieder aufgebaut werden. Die Finanzierung von Frauenhäusern muss sichergestellt, Programme der Drogenhilfe ausgebaut, Institutionen der schwul-lesbischen Selbstverwatung gestärkt und echte Integration von Menschen mit einer Behinderung in allen gesellschaftlichen Bereichen geschaffen werden.

Erneuerbare jetzt! Die Subvention des Kohlebergbaus soll wie geplant auslaufen. Ab 2010 werden keine neuen Kohlekraftwerke mehr gebaut und einer Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken wird NRW im Bundesrat nicht zustimmen. Außerdem muss die Erneuerbare- Energien-Verhinderungspolitik beendet, ein ökologisch-soziales Energiekonzept umgesetzt und die energetische Gebäudesanierung konsequent gefördert werden. Die zahllosen, geheimen Atomtransporte quer durch NRW müssen auf ein Minimum reduziert und die Planung und Durchführung transparent gestaltet werden. Die Förderung nuklearer Forschungsarbeit gehört eingestellt!

Die Erde unseren Kindern erhalten! Es darf keine weitere Privatisierung von Staatswald geben. Zudem muss die finanzielle Unterstützung ökologischer Landwirtschaft wieder eingeführt, die Fläche an Naturschutzgebieten erweitert und die massive Flächenversiegelung gestoppt werden. Die Kürzungen beim ÖPNV müssen rückgängig gemacht und Schiene und Radweg vor Straße und Landebahn gestellt werden.

Kommunale Finanzen sichern! Wir lassen die Städte und Gemeinden in NRW nicht weiter ausbluten. In der nächsten Legislaturperiode müssen die Kommunen eine realistische Perspektive auf schnelle Haushaltsanierung bekommen. Bei grüner Regierungsbeteiligung muss der Kahlschlag in der sozialen Infrastruktur, bei den Kultureinrichtungen und in der Jugendarbeit beendet werden. Das Land muss wieder finanzielle Verantwortung für seine Kommunen übernehmen.

Die genannten Punkte bilden die Grundpfeiler unserer Anforderungen an eine grüne Politik in NRW. Nur wenn diese Inhalte Eingang in einen Koalitionsvertrag finden, halten wir eine grüne Regierungsbeteiligung für sinnvoll.

Weder bei der FDP noch bei der CDU sehen wir derzeit ausreichend inhaltliche Schnittmengen mit diesen Anforderungen. Mit den Unterschieden in Weltbild und Demokratieverständnis zwischen Grünen und schwarz-gelben Koalitionären sehen wir unüberbrückbare Hindernisse für eine gemeinsame Zusammenarbeit.

Deshalb treten wir für einen Politikwechsel mit dem Ziel einer ökologisch gerechten und sozialen Gesellschaft ein. Die Chance dies zu verwirklichen sehen wir in einem linken Bündnis. Wir kämpfen für die Abwahl von Schwarz-Gelb und für ein solidarisches und ökologisches NRW mit starken Grünen!

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 7.3.2010 in Köln.

Jung – grün – vernetzt

Wir stellen uns den Herausforderungen der digitalen Gesellschaft!

Keine technische Innovation der letzten Jahre hat unser Lebensumfeld so radikal verändert wie das Internet. Noch nie waren Kommunikation, der Austausch von Daten oder die Veröffentlichung von Meinungen und Informationen so einfach wie heute.
Das Internet stellt einen neuen, virtuellen Raum für viele Millionen Menschen dar, der enorme Chancen zur Vernetzung und schnellen Kommunikation bietet, jedoch auch Herausforderungen an unsere Gesellschaft stellt und Gefahren birgt.
Die Verbreitung und der Tausch von Texten, Musik, Bildern und Filmen stellen uns vor die Frage der zukünftigen Gestaltung des UrheberInnenrechts. Außerdem müssen wir, bei aller Transparenz der BenutzerInnen im Web 2.0, die Privatsphäre und die Daten aller InternetnutzerInnen schützen.
Die Netzpolitik der GRÜNEN JUGEND NRW stellt die Chancen in den Vordergrund und versucht Lösungen für Probleme zu finden anstatt nur einseitig die Gefahren zu betonen. Wir stehen für die freie Entfaltung des Individuums und für Datenschutz, wir kämpfen gegen Gängelung durch den Staat
und gegen Sperrung und Zensur. Daher wollen wir eine breite gesellschaftliche Diskussion über Wahrung und Stärkung der Grundrechte im digitalen Raum führen.
Netzpolitik wird zu einem der zentralen Politikfelder des 21. Jahrhunderts. Allerdings gibt es bei den politischen AkteurInnen aller Parteien, auch bei den Grünen, noch großen Nachholbedarf. Wir wollen in Politik und Gesellschaft die wichtigen netzpolitischen Fragen unserer Zeit thematisieren.
Internet für alle Derzeit haben 81 Prozent aller in Deutschland lebenden Menschen einen Zugang zum Internet. Da dieser Zugang zunehmend zur Teilhabevoraussetzung in unserer Gesellschaft wird, müssen wir dafür sorgen, dass alle die Möglichkeit bekommen, dieses Medium zu nutzen. Ein Breitband-Internetanschluss ist für uns deshalb ein wichtiger Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Wir fordern den Ausbau von Breitbandnetzen, insbesondere von mobilen Netzen. Dieser Ausbau sollte gerade in ländlichen Regionen stattfinden. Wir brauchen eine offene und zukunftsfähige Netzinfrastruktur, ohne Monopole und mit Entwicklungsmöglichkeiten bezüglich der Bandbreite.
Daher muss jetzt in Technik und Kapazitäten für die nächsten Jahrzehnte investiert werden. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers und der Regulierungsstellen, dafür zu sorgen, dass Netzbetreiber nicht nur rentable Gebiete mit Anschlüssen versorgen, sondern flächendeckende Angebote schaffen, indem z.B. durch geschickte öffentliche Ausschreibungen Anreize für Unternehmen geschaffen werden, in diese Gebiete zu investieren.
An öffentlichen Plätzen, in Ballungszentren und im öffentlichen Personennahverkehr setzen wir uns für frei zugängliche W-LAN-Netze ein, wie es einzelne Initiativen in verschiedenen Großstädten heute schon umzusetzen versuchen. Dies erscheint uns vertretbar, da zahlreiche Studien mittlerweile
belegen, dass Public W-LANs die einschlägigen Grenzwerte für die Strahlung weit unterschreiten.
Ebenso kann eine Drosselung der Sendeleistung von Hotspots zu einer Minderung der Strahlenbelastung beitragen. Es müssen regelmäßige Überprüfungen stattfinden. Zudem muss auch sozial Benachteiligten die Möglichkeit gegeben werden, am Internet teilzuhaben. Daher fordern wir
kostenlose stationäre Internetzugänge in öffentlichen Einrichtungen.
Damit niemand im Internet benachteiligt wird, muss Netzneutralität gesetzlich verankert werden. Alle Daten, die im Internet unterwegs sind, müssen gleichberechtigt transportiert werden. Wir lassen uns nicht von Unternehmen diktieren, was wir im Netz nutzen dürfen und was nicht. Das Internet ist ein Medium der Bürgerinnen und Bürger und nicht Spielball und Kontrollstelle für Wirtschaft und Staat.
Barrierefreiheit muss auch im Internet zur Selbstverständlichkeit werden! Die gleichberechtigte Teilhabe am Internet ist ein Grundrecht aller Menschen. Deshalb ist die barrierefreie Gestaltung aller Internetseiten von gesellschaftlicher Bedeutung. Barrierefreiheit ist selbstverständliches
Qualitätsmerkmal aller Internetseiten. Die Webcontent Accessibility Guidlines 2.0 (WCAG) sind die international anerkannten Regeln zur barrierefreien Gestaltung. Deshalb fordern wir die konsequente Anwendung der WCAG 2.0 sowohl im Bereich der kommerziellen als auch öffentlichen
Internetseiten. Auch im privaten Umfeld sollte mit geeigneten Werkzeugen darauf hingearbeitet werden, dass Internetseiten grundsätzlich barrierefrei sind. Barrierefreiheit bedeutet insbesondere, dass Menschen mit sogenannten Hilfsmitteln (wie zum Beispiel Schriftvergrößerung, Sprachausgabe und
speziellen Tastaturen) die Internetseiten bedienen können. Die Bedienbarkeit ohne Maus ist sicher zu stellen. Außerdem fordern wir die Ausgaben in die Forschung solcher barrierefreien Technologien und Methoden zu erhöhen, um deren Umsetzung zu fördern.
Zur Barrierefreiheit gehört für uns aber auch, dass niemand aufgrund seiner finanziellen Möglichkeiten ausgeschlossen werden darf. Wir fordern daher, dass alle Daten, die für die Öffentlichkeit zugänglich sein müssen, auch in offenen Formaten bereit gestellt werden und öffentliche Stellen Daten in solchen Formaten akzeptieren.
Wir wollen das Netz für alle Generationen öffnen. Noch sind nur etwa ein Drittel der älteren Menschen mit einem Internetanschluss versorgt. Wir fordern ein Landesprogramm zur Verankerung von Angeboten zur Steigerung der Netzkompetenz von Seniorinnen und Senioren.

Online-BürgerInnenbeteiligung vorantreiben

Das Internet bietet viele Möglichkeiten zur Einbindung der Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungen. So gibt es bereits heute in vielen Städten und Gemeinden Internetportale, auf denen alle Vorlagen und Protokolle runtergeladen werden können, Online-BürgerInnenbefragungen
durchgeführt oder Rats- und Kreistagssitzungen zu Hause mitverfolgt werden können. Wir setzen uns dafür ein, dass Bürgerinnen und Bürger auf allen politischen Ebenen Entscheidungen nachverfolgen können und durch Instrumente wie z.B. BürgerInnenhaushalte und Online-Petitionen direkt in
politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Deshalb wollen wir Online-Beteiligungsmöglichkeiten gesetzlich festschreiben und diese breiter publik machen. Wir fordern ein Landesprogramm, dass die Kommunen beim Massiven Ausbau des E-Governments unterstützt.
Alle Behördlichen Formulare sollten digital zur Verfügung stehen, so dass diese auch digital ausgefüllt und übermittelt werden können, um unnötige Papierverschwendung und Fahrwege zu vermeiden und die Arbeit für BürgerInnen zu erleichtern. Zusätzlich soll die öffentliche Verwaltung innerhalb der nächsten fünf Jahre weitestgehend auf Open-Source-Software umgestellt werden. Für die Sicherheit der übertragenden sensiblen Personendaten muss von Behördlicher Seite aus alles Mögliche getan werden. Dabei darf der Schutz vor Manipulation nicht vernachlässigt werden. Daher lehnen wir z.B.
die Durchführung von Onlinewahlen lehnen ab.
Die öffentliche Hand muss auch bei der Beschaffung von IT-Infrastruktur mit positivem Beispiel vorangehen. Landesbehörden und Kommunen müssen rechtlich verpflichtet werden, Green IT zu beschaffen. Die Nachhaltigkeit der verwendeten Rohstoffe ist nachzuhalten.

Datenschutz ist BürgerInnenrecht

Unsere Daten, seien es Bankdaten oder Freundeslisten in sozialen Netzwerken, sind untrennbarer Bestandteil unserer Privatsphäre. So, wie eine Überwachungskamera unser Verhalten aufzeichnen kann, vermag dies auch unser digitaler Fußabdruck.
Ohne Privatsphäre ist die freie Meinungsbildung unmöglich und der Gesellschaft fehlt jeglicher Freiraum zur individuellen Entfaltung. Um die Privatsphäre zu schützen, wurden unsere Grundrechte, wie zum Beispiel das Briefgeheimnis oder die Unversehrtheit des privaten Wohnraumes definiert. Um
die Einhaltung des Datenschutzes in der öffentlichen Verwaltung und in der Privatwirtschaft sicherzustellen, ist der Etat für die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder angemessen zu erhöhen.
Die GRUENE JUGEND NRW fordert, die essentiellen Gesetze zum Schutze der Privatsphäre an die heutige Realität anzupassen. Das bedeutet konkret die Schaffung eines Kommunikationsgeheimnisses als Weiterentwicklung des Briefgeheimnisses, ebenso wie die Achtung und der Schutz der Daten auf unseren Festplatten. Auch Vorratsdatenspeicherung1, ELENA2 und die Onlinedurchsuchung sind gravierende Einschnitte in unsere Privatsphäre. Diese Gesetze sind Rückschritte auf dem Weg zu einem verantwortungsvollen Umgang mit unseren Daten und missachten das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Die GRÜNE JUGEND NRW lehnt es entschieden ab, wenn sich staatliche Institutionen unbemerkt Zugriff auf unsere Daten verschaffen, es sei denn es besteht der
dringende Verdacht, dass die Daten dabei helfen können, Leib und Leben anderer Menschen zu retten.
Die Betroffenen müssen in jedem Fall über diesen Eingriff in ihrer Privatsphäre informiert werden und anschließend eine Dokumentation erhalten, welche ihrer Daten gesichtet wurden.

Deine Daten gehören dir!

Im Informationszeitalter sind unsere Daten zu einer handelbaren Ware geworden. Sie werden gesammelt, getauscht, verkauft und freigegeben. Mit unseren Bankdaten, persönlichen Vorlieben, unserem Konsumverhalten, FreundInnenlisten in sozialen Netzwerken oder unserer sexuellen Orientierung können nicht nur Behörden und Verbände viel anfangen, auch Unternehmen haben schon lange den Wert von Datensammlungen erkannt und unterschiedlichste Methoden entwickelt, an diese zu gelangen.
So werden beispielsweise KundInnenenkarten benutzt, um ausführliche Konsumprofile und damit gläserne KundInnen zu schaffen. Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher, dass bei jedem Vorgang, bei dem KundInnendaten gespeichert werden, die ausdrückliche Genehmigung der Betroffenen eingeholt werden muss. Allgemeine oder einmalige Verweise auf Datenschutzerklärungen, die sich in langen Geschäftsbedingungen verstecken, reichen dazu nicht aus! Wir fordern eine klare, einfache und deutliche Deklaration von Datensammlungen, in der außerdem die Verwendung der Daten beschrieben wird! Schulen und Bildungseinrichtungen sind hier in besonderer Weise gefordert, Netzkompetenz zu stärken.

Des Weiteren fordern wir, dass jede Stelle, die Daten speichert, dazu verpflichtet wird, den DateneigentümerInnen regelmäßig Bericht zu erstatten, welche Daten gespeichert sind, zu welchem Zweck diese Daten verwendet werden und aus welchem Zusammenhang die Datenspeicherung vorgenommen wurde und auf Wunsch sofort zu löschen, soweit kein zwingendes Interesse des Speichernden besteht. Ein Vorbild hierfür könnte die monatliche Erinnerungsmail einer Mailingliste sein. Wie bei dieser sollte nur ein einfacher Klick auf einen Link genügen, um seine Daten zu löschen. Nur so kann jede und jeder einen Überblick darüber gewinnen, wie weit die eigenen Daten verstreut sind und folglich das eigene Datenverhalten kritisch hinterfragen.

Das Internet vergisst nicht!

Auch im sozialen Leben unserer Generation spielen unsere Daten eine entschiedene Rolle. Der Erfolg des sogenannten „Web 2.0“ basiert vor allem auf dem Reiz, unsere Informationen unkompliziert und schnell mit anderen teilen und somit auf eine bisher nie da gewesene Art kommunizieren zu können.
Viele BenutzerInnen sind sich nicht ausreichend bewusst darüber, dass einmal gespeicherte Daten oftmals weiter verbreitet und über längere Zeiträume gespeichert werden. Die AnbieterInnen von sozialen Netzwerken stehen daher in der besonderen Verantwortung, den Schutz der Daten ihrer NutzerInnen zu gewährleisten und weitgehende Privatsphäre-Einstellungen vorzunehmen. Der Informationsdschungel in Bezug auf die Datenschutzeinstellungen muss transparenter und nuterzInnenfreundlicher werden. Zugleich muss die Kompetenz der BenutzerInnen über den Verbleib ihrer Daten gesteigert werden – wir wollen die BenutzerInnen mächtig machen! Außerdem fordern wir die Einführung eines „Daten-Verfallsdatums“. Eingestellte Daten sollen nach einem bestimmten Zeitraum automatisch gelöscht werden, der zwischen den verschiedenen Bereichen variieren kann, jedoch nicht mehr als zwei Jahre betragen sollte. Es sind wirksame Mechanismen zu entwickeln, um die unkontrollierte Weiterverbreitung von Daten zu vermeiden.

Löschen statt Sperren

Das umstrittene “Zugangserschwerungsgesetz“ hat eine breite gesellschaftliche und politische Diskussion über die Verbreitung illegaler Inhalte und Praktiken mittels Internet ausgelöst. Die GRÜNE JUGEND NRW tritt für eine konsequente Kriminalitätsbekämpfung im Netz ein, aber nicht für unpraktikable Gesetze. Deshalb lehnen wir die Sperrung von Webseiten und Servern als
Maßnahme der Prävention ab. Internet-Sperren schaffen eine Infrastruktur, die auch weitergehende Zensur möglich macht. So gibt es bereits Stimmen, die sich für eine Sperrung von urheberrechtlich fragwürdigen oder anderen umstrittenen Angeboten aussprechen. Diese Entwicklung lehnen wir klar ab! Ein freies und unzensiertes Internet ist ein Grundpfeiler unserer modernen Demokratie. Aber auch die Effektivität der Sperren stellen wir in Frage: Die meisten Sperren lassen sich bereits von Laien leicht umgehen bzw. aufheben.
Die konkrete Ausgestaltung des Sperrgesetzes halten wir für verfassungswidrig, da dem BKA Kompetenzen zugewiesen werden, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Konkret bedeutet das, dass Seiten gesperrt werden können, ohne dass ein Richter diese Seiten begutachtet haben muss.
Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher Löschung statt Sperrung von Internetseiten. Des Weiteren setzen wir uns für eine konsequente Verfolgung der TäterInnen ein.
Das Abstimmungsverhalten der GRÜNEN Bundestagsfraktion, aus der sich 15 Abgeordnete bei dem Sperr-Gesetz enthalten haben, darunter auch Abgeordnete aus NRW, zeigt deutlich, dass die GRÜNE JUGEND nicht nur gesamtgesellschaftlich sondern auch in der GRÜNEN Partei noch viel Sensibilisierungsarbeit leisten muss. Diese Herausforderung nehmen wir gerne an.

Freiheit sichern! – „Antiterrorgesetze“ hinterfragen

Onlinedurchsuchung und Vorratsdatenspeicherung sind nur zwei der unzähligen im letzten Jahrzehnt beschlossenen Gesetze zur Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung, die zur Einschränkung von BürgerInnenrechten geführt haben. Die Erhaltung der inneren Freiheit und die Sicherheit der
Bürgerinnen und Bürger ist eine zentrale Aufgabe des Staates. Dabei dürfen jedoch die demokratischen Grundrechte und die Freiheit der Bevölkerung unter keinen Umständen missachtet oder unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Wir begrüßen deshalb ausdrücklich, dass das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung als nicht verfassungskonform eingestuft hat.
Die zentrale Speicherung unserer Daten und die behördliche, heimliche Erfassung von Daten Verdächtiger birgt vielfältige Missbrauchsgefahren. Außerdem stellen diese Gesetze alle BürgerInnen unter Generalverdacht, wodurch die Unschuldsvermutung, ein wichtiger Grundpfeiler unseres
Rechtssystems, umgekehrt wird. Die GRUENE JUGEND NRW lehnt die Vorratsdatenspeicherung daher ab und fordert stattdessen,
Kriminalität und Terrorismus an ihren Wurzeln zu bekämpfen.

Computerspiele sind Kulturgut

In der Öffentlichkeit wird häufig ein Bild von aggressiven Jugendlichen verbreitet, die sogenannte „Killerspiele“ auf dem Computer oder der Spielekonsole spielen und angeblich mehr und mehr den Unterschied zwischen virtueller und realer Welt aus den Augen verlieren. Allein die pauschale
Verwendung des Begriffs “Killerspiele” zeigt, welches Unwissen und Unverständnis für Videospiele in der Öffentlichkeit vorherrscht.
Natürlich lehnen wir gewaltverherrlichende oder sexistische Darstellungen in Videospielen ab und fordern deshalb eine partielle Zensur oder ein Verbot nach transparenten Kriterien. Wir sprechen uns gegen die Indizierung von Videospielen aus, da somit die kritischen Inhalte nicht beseitigt sondern nur verdeckt werden. Damit Kinder und Jugendliche effektiv vor Inhalten geschützt werden können, welche nicht für ihre Altersklasse freigegeben sind, müssen die Erziehungsberechtigten verstärkt auf die Möglichkeit hingewiesen werden, von den Jugendschutzmechanismen, die in den Computern und Spielekonsolen integriert sind, Gebrauch zu machen. Die Gründe für Jugendkriminalität sind vielfältig und dürfen nicht mit Scheindebatten über
Videospielverbote überdeckt werden.
Wir betrachten Computerspiele als einen wichtigen Bestandteil unserer vielfältigen Kulturlandschaft und begrüßen es sehr, dass der deutsche Kulturrat Videospiele bereits als Kulturgut anerkannt hat. Die Entwicklung von Videospielen ist ein Ausdruck von Kreativität und neben dem Spielspaß gibt es viele Spiele, die Fertigkeiten und Wissen vermitteln.
Videospiele sollen ihrem Inhalt nach altersgerecht eingestuft werden. Deshalb fordern wir ein einheitliches Alterseinstufungssystem auf europäischer Ebene, wobei uns wichtig ist, dass eine transparente und unabhängige Kommission die verbindlichen Alterseinschränkungen festlegt.

Medienkompetenz schaffen – Sucht vorbeugen

Das Suchtrisiko von Computerspielen und dem Aufenthalt im virtuellen Raum darf nicht unterschätzt werden. Der Übergang von Gewohnheit zu Sucht ist fließend.
Die GRÜNE JUGEND NRW spricht sich deshalb für den flächendeckenden Ausbau von Angeboten aus, die Computer- und Internetsüchtige betreuen und Therapiemöglichkeiten aufzeigen. Vor allem Angebote, die einen präventiven Charakter haben, müssen ausgebaut werden. Bei minderjährigen NutzerInnen sehen wir die Verantwortung zudem bei den Eltern und der Schule. Daher fordern wir, dass genügend Fortbildungen für LehrerInnen und Informationsveranstaltungen für Erziehungsberechtigte stattfinden, damit diese auch ihrer Verantwortung gemäß richtig handeln können.

Für effektiven Jugendschutz im Internet

Jugendliche verbringen durchschnittlich 120 Minuten pro Tag im Internet. Insbesondere Videoportale und soziale Netzwerke sind beliebte Adressen junger Menschen. Die GRÜNE JUGEND NRW streitet deshalb für effektiven Jugendschutz im Internet. Wir fordern die Einrichtung eines politisch
unabhängigen Gremiums, welches eine Liste mit Internetseiten mit einschlägigen jugendgefährdeten Inhalten erarbeitet; die Erstellung dieser Liste muss transparent und nachvollziehbar durchgeführt werden. Die erstellte Liste ist dazu bestimmt durch Kindersicherungsprogramme herstellerInnenunabhängig benutzt zu werden.
Die meisten Jugendlichen sind mit ihrer Internetnutzung und den damit verbundenen Problemen in ihrer Generation isoliert. Cybermobbing, ungewollte Webpräsenz oder unverantwortlicher Umgang mit eigenen Daten sind negative Nebeneffekte nicht reflektierter Internetnutzung. Die Aus- und
Weiterbildung von LehrerInnen und anderen PädagogInnen muss dringend an diese Herausforderungen angepasst werden. Außerdem muss bereits in der Grundschule mit der Aufklärung und Sensibilisierung im Umgang mit diesem Medium begonnen werden, um ein breites Bewusstsein für den Schutz persönlicher Daten zu verankern. Auch die Eltern sollen in diesen Prozess über Beratungs- und Kontaktangebote mit einbezogen werden.

Freies Wissen für alle! – KünstlerInnen gerecht entlohnen

Früher gingen wir in einen Laden und kauften eine CD, eine Platte, einen Roman, einen Bildband oder ein Hörspiel. Ein Teil des Verkaufserlöses kam dem Laden zu Gute, weitere Teile der Plattenfirma und den UrheberInnen. Das deutsche UrheberInnenrecht ist in diesem Ansatz bereits weit über 100
Jahre alt. Durch das Internet und durch die Entwicklung von Tauschbörsen oder Streamingportalen wie „Youtube“ hat sich das Mediennutzungsverhalten verändert. Musik, Texte und Fotos kursieren im Internet und werden von vielen Tausend oder gar Millionen Menschen kostenfrei genutzt.
Musik- und Filmindustrie gehen gegen all diejenigen NutzerInnen vor, die im Internet Musik und andere unlizensierte Inhalte tauschen. Diese durch das Internet geschaffene Realität stellt eine große Herausforderung für unsere Gesellschaft dar. Der Aufbau einer unverhältnismäßigen Kriminalisierung-, Verfolgungs- und Kontrollstruktur darf jedoch nicht die Antwort darauf sein. Die GRÜNE JUGEND NRW setzt sich stattdessen für eine Reform des UrheberInnenrechts ein, die einen gerechten Ausgleich der berechtigten Interessen der UrheberInnen an Anerkennung und Vergütung und der der Nutzer auf freie und kreative Medien- und Netznutzung schafft. Ein Ansatz, den wir dabei verfolgen, ist der der Kulturflatrate. Dieses Vergütungsmodell kann auf der einen Seite den KonsumentInnen den freien Tausch von Inhalten, den UrheberInnen auf der anderen Seite eine gerechte Vergütung ermöglichen.
Die Erhebung dieser Kulturflatrate könnte zum Beispiel durch die InternetanbieterInnen vorgenommen werden, die die Daten ihrer KundInnen ohnehin schon gespeichert haben und somit eine datenschutzfreundliche Lösung ermöglichen. Das Geld könnte durch eine neue Behörde, zum Beispiel eine grundlegend reformierte „GEMA“ ohne festgefahrene Strukturen und starre Verteilungsschlüssel, erhoben und auf die UrheberInnen verteilt werden. Durch die Messung von Downloads einzelner Dateien oder der Nutzung dieser kann errechnet werden, welcher/welchem UrheberIn wie viel Geld zusteht. Ziel der Kulturflatrate ist eine Kooperation auf Augenhöhe, bei der weder NutzerInnen noch UrheberInnen benachteiligt werden. Dafür müssen jedoch noch viele Fragen der Ausgestaltung beantwortet werden. Prinzipiell sind pauschale Abgaben nichts Neues. Es gibt sie bereits heute. So zahlen die KäuferInnen von Leerkassetten, CD-Rohlingen oder Kopiergeräten eine Abgabe an Verwertungsgesellschaften. Die Einführung einer Kulturflatrate schließt kommerzielle
Angebote im Internet nicht grundsätzlich aus. Es wird weiterhin möglich sein, Premium Angebote mit besonderen Produktbündeln oder anderen zusätzlichen Services anzubieten. Die kommerzielle Verwertung im Internet als auch die nicht-digitale Verwertung würden durch eine solche Pauschalabgabe nicht verändert.
Die Verteilung der Einnahmen muss durch eine von allen Betroffenen (KünstlerInnen, Verwehrter etc.) zusammen erstellte und überwachte Organisation übernommen werden. Hierbei müssen verschiedene dynamische Methoden angewendet werden, um den unterschiedlichen Konzepten der Nutzung gerecht zu werden. Dabei kann die Messung von Downloads einzelner Dateien oder der Nutzung eine Berechnungsmethode darstellen, welcher/welchem UrheberIn wie viel Geld zusteht.

VerbraucherInnenrechte auch im Internet

Das Internet bietet eine Vielzahl von Diensten, meistens mit redlicher Intention. Es gibt jedoch leider immer wieder SeitenbetreiberInnen, die ahnungslose UserInnen mit versteckten Kosten in die Falle treiben. So wird mit eigentlich kostenfreien Vorgängen (z.B. Download von Freeware) versucht Geld abzuzocken. Nach jetzigem Recht reicht ein kleiner Vermerk in den AGB, die oftmals jedoch nicht sorgfältig genug gelesen werden. Deswegen fordern wir, dass bei jedem kostenpflichtigem Vertrag, der im Internet geschlossen wird, die anfallenden Kosten in einem separaten Anmeldeabschnitt
deutlich benannt und von den BenutzerInnen explizit bestätigt werden müssen.
Außerdem setzen wir uns für die Schaffung einer Stiftung Datenschutz, nach dem Vorbild der Stiftung Warentest, ein, um VerkäuferInnen im Internet die Möglichkeit zu geben, ihre Bestrebungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Daten sichtbar zu machen.

OpenAccess und OpenSource fördern

Durch den beruflichen und privaten Einsatz von offener und freier Software lassen sich nicht nur Unmengen an Lizenzkosten einsparen. Das vergangene Jahrzehnt hat mit vielen Beispielen, von Linux über Wikipedia und OpenOffice bis Firefox, gezeigt, dass diese freie Software ihren proprietären
Konkurrenten meist in Nichts nachsteht, ihr in vielen Fällen sogar weit voraus ist. Dieser Tatsache ist sich die GRÜNE JUGEND NRW bewusst und will diese Entwicklung besonders an Schulen, Universitäten und in der Verwaltung gezielt fördern, sich aber auch dafür einsetzen, dass OpenSource als ernsthafte Alternative in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Die weiteren Vorteile von offener Software liegen auf der Hand: Jeder, das entsprechende technische Wissen vorausgesetzt, kann ein Programm jederzeit und ohne rechtlicher Einschränkungen um eben die Funktionen erweitern, die
ihr oder ihm fehlen. Jeder kann die Quelltexte des Programms jederzeit einsehen, womit unliebsame Datenschnüffler, wie man sie oft in proprietärer Software versteckt findet, ausgeschlossen werden. Durch die Offenlegung und Dokumentation von Schnittstellen wird nicht nur eine größere Vielfalt ermöglicht, sondern auch ganz banal der Wettbewerb beträchtlich gefördert.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 7.3.2010 in Köln.