29. April 2007

Jugend braucht Verbindlichkeit!



In den letzten Jahren ist das Bewusstsein gewachsen, dass Kinder und Jugendliche an politischen Entscheidungen beteiligt werden sollen. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen an sie betreffenden Belangen trägt einen entscheidenden Teil dazu bei, wie sich Kinder und Jugendliche politisch sozialisieren und stärkt so die Demokratie, die nicht vererbt, sondern erlernt und erlebt werden muss, den Rücken und sichert ihr so die Zukunft.

Deshalb ist es gerade jetzt wie zu jeder anderen Zeit dringend nötig, die politische Beteiligung von Kindern und Jugendlichen zu sichern und weiter auszubauen. Dabei gilt es, die Kinder und Jugendlichen in ihrem Tun ernst zu nehmen.

Partizipationsrechte in der Gemeindeordnung verankern

In vielen Kommunen gibt es bereits Beteiligungsformen für Kinder und Jugendliche, seien es Parlamente, Räte, Foren oder andere Gremien, die die Mitwirkung der Kinder und Jugendlichen ermöglichen. Anders jedoch als in Bundesländern wie Rheinland-Pfalz, Hessen, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein, in denen die Beteiligung solcher Gremien in den dortigen Kommunen in den Kommunalverfassungen festgeschrieben ist, fehlt in Nordrhein-Westfalen solch eine Regelung.

So haben manche Gremien Antrags- und Rederecht in den Räten, andere jedoch nicht. Diesen Gremien wird verweigert, was selbst die Bundesregierung in ihrem „Nationalen Aktionsplan für ein kindergerechtes Deutschland 2005-2010“ einfordert: „In vielen Institutionen und Gremien sind ihre [=Kinder und Jugendliche; d.A.] Mitwirkungs- und Beteiligungsrechte verankert – das gehört für uns zur Basis einer funktionierenden Demokratie.“

Zu diesen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten gehört aber mehr als nur ein Antrags- und Rederecht in den Räten. Neben der Beteiligung im Jugendhilfeausschuss, der Kinder- und Jugendgremien in vielen Kommunen bereits möglich ist, gibt es bisher kaum Möglichkeiten der Mitwirkung von Kindern und Jugendlichen in kommunalen Gremien.

Hier gilt es, den Kinder- und Jugendgremien ähnlich wie in den Räten Antrags- und Rederecht zu geben. Wir fordern daher die Verankerung von Beteiligungsrechten für Kinder und Jugendliche in der neuen Gemeindeordnung: Kinder- und Jugendgremien müssen ein Antrags- und Rederecht in den Räten und ihren Gremien haben, sie müssen sehen können, dass ihre Anregungen und Kritiken genauso ernst genommen werden wie die Positionen der Erwachsenen.

Rechte von Kindern und Jugendlichen stärken

Im Rahmen der Volksinitiativen zu zentralen Fragen der Kinder- und Jugendförderung zeigte sich, wie sehr die Landesregierung die Belange und Interessen der Kinder und Jugendlichen berücksichtigt: gar nicht. Selbst die aktive Beteiligung vieler Kinder und Jugendlicher bewirkte kein Umdenken bezüglich der immensen Kürzungen im Kinder- und Jugendbereich. Es heißt in § 6 (3) des Kinder- und Jugendförderungsgesetzes NRW: „Das Land soll im Rahmen seiner Planungen, soweit Belange von Kindern und Jugendlichen berührt sind, insbesondere aber bei der Gestaltung des Kinder- und Jugendförderplans, Kinder und Jugendliche im Rahmen seiner Möglichkeiten hören.“

Hier gilt es, bereits bestehendes Recht anzuwenden – und die Position der Kinder und Jugendlichen zu stärken: Kinder und Jugendliche sollten nicht nur gehört werden – sie sollten gehört werden müssen und Antragsrecht haben können, in allen Belangen, die sie betreffen, sei es der Kinder- und Jugendförderplan oder eben auch in Haushaltsberatungen.

Um dieses bereits bestehende Recht allerdings auch anwenden zu können, brauchen die Landesregierung und der Landtag Ansprechpartner von Seiten der Kinder und Jugendlichen. Nicht nur Vertreter der Jugendhilfe sollen gehört werden müssen, auch Kinder und Jugendliche selbst sollen zu Wort kommen müssen. Als Ansprechpartner bieten sich hier Jugendorganisationen der Parteien ebenso an wie der Kinder- und Jugendrat NRW (KiJuRat NRW) als Zusammenschluss der Kinder- und Jugendgremien Nordrhein-Westfalens und andere Verbände, in denen Kinder- und Jugendliche organisiert sind. Diese Ansprechpartner sollen an sie betreffenden Entscheidungen beteiligt werden müssen, in einer Form, die ihnen angemessen ist.

Kinder und Jugendliche über ihre Beteiligungsmöglichkeiten informieren

Viele Kinder und Jugendliche wissen nicht, dass sie das Recht haben, sich zu beteiligen – und selbst wenn sie ihre Rechte kennen, wissen sie oft nicht, wie und wo sie sich beteiligen können. Eine LBS-Studie zur Beteiligung von Kindern vom September 2006 hat ergeben, dass nur etwa ein Viertel der Kinder von den Mitwirkungsangeboten wusste, wohingegen sich eine deutliche Mehrheit der befragten Kinder wünschte, stärker einbezogen zu werden.

Doch gerade die Beteiligung an politischen Prozessen erfordert, dass man seine Rechte und die der anderen kennt. Die Kinder und Jugendlichen müssen wissen, welche Partizipationsrechte sie haben und wie sie sich mit ihren Meinungen und Interessen vor Ort und überregional – auf Landes- und auf Bundesebene – einbringen können. Dazu bedarf es altersgemäß aufbereiteter Informationen.

Wir fordern hier eine stärkere Vermittlung dieser Kenntnisse und eine bessere Befähigung der Kinder und Jugendlichen zu politischem Engagement auch und gerade durch die Schulen, idealerweise in Kooperation mit den lokalen Beteiligungsgremien. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen darf nicht daran scheitern, dass Kinder und Jugendliche nicht über ihre Rechte und die Möglichkeiten ihrer Mitgestaltung Bescheid wissen.

Doch auch diese Kenntnisse nützen wenig, wenn die Angebote zur Partizipation den Charakter einer Spielwiese haben und die Ansichten der Kinder und Jugendlichen nicht ernst genommen werden. Deswegen fordern wir neben einer stärkeren Befähigung der Kinder und Jugendlichen zu politischem Engagement einen Ausbau und die Verankerung der Beteiligungsrechte von Kindern und Jugendlichen in der Gemeindeordnung, damit Nordrhein-Westfalen nach einem fatalen „Jahr der Kinder“ nicht vollends den Anschluss an Bundesländer verliert, in denen Kinder- und Jugendbeteiligung schon längst zum guten Ton gehört.

Wir fordern die grünen Landtagsabgeordneten auf, unseren Forderungen im Landtag Nachdruck zu verleihen und sich für die Kinder und Jugendlichen in unserem Land auch im Zuge der geplanten Reform der Gemeindeordnung einzusetzen.

Beschlussfassung der Landesmitgliederversammlung am 29.4.2007 in Dortmund



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