G – Gesellschaft für alle
Viele Menschen in unserer Gesellschaft erfahren Benachteiligung und Ausgrenzung und das aus verschiedenen Gründen: Entweder, weil sie nicht männlich, heterosexuell, able-bodied (17) und cis (18) sind und damit weniger Privilegien haben oder weil sie auf andere Art „fremd“ wirken, beispielsweise weil sie nicht in Deutschland geboren worden oder nicht weiß sind. Wir aber wollen eine Gesellschaft, die für alle da ist – keine Sonderrechte aufgrund von Nationalität, Herkunft, geschlechtlicher oder sexueller Identität! Dabei bleibt auch die Gleichberechtigung aller Geschlechter eines unserer erklärten gesellschaftspolitischen Grundziele. Wir setzen uns daher für mehr Antidiskriminierungsarbeit, Aktionspläne der Vielfalt und Chancengleichheit ein!
Für uns ist außerdem klar: Trotz der immer weiteren Aushöhlung des Asylrechts seit den neunziger Jahren – in den letzten Jahren auch vermehrt mit grüner Unterstützung – bleibt das Asylrecht für uns ein Grundrecht! Wir stellen uns entschieden jedem Versuch entgegen, das Asylrecht weiter zu verschärfen und setzen uns dafür ein, die bisherigen Verschärfungen rückgängig zu machen!
G1 Geflüchtete, Migration, Integration
Gegen sichere Herkunftsstaaten
Insbesondere das Instrument der angeblich sicheren Herkunftsstaaten wird oft zu einer Verschärfung des Asylrechts bemüht. Diese angeblich sicheren Herkunftsstaaten sind eine Farce, die die Verfolgung und Diskriminierung von Minderheiten, etwa von Roma oder Homosexuellen, in diesen Ländern unsichtbar macht und leugnet. Jeder Asylantrag, egal ob der*die Antragsstellende aus Marokko, dem Kosovo oder Syrien stammt, muss geprüft werden, ohne dass bereits durch die Klassifizierung des Herkunftslands als sicher eine Vorentscheidung getroffen wird. Das Instrument der sicheren Herkunftsländer gehört für uns daher restlos abgeschafft! NRW darf im Bundesrat keiner weiteren Ausweitung der sicheren Herkunftsländer zustimmen.
Für eine menschenwürdige Unterkunft und Schutzräume!
Geflüchtete, die in NRW ankommen, müssen oft zunächst unwürdige Zustände ertragen und werden in Notunterkünften, wie etwa Turnhallen, untergebracht. Zukünftig sollen Geflüchtete höchstens in der Zeit direkt nach ihrer Ankunft in Sammelunterkünften untergebracht werden, bevor sie nach dem Leverkusener Modell schnellstmöglich dezentral unterkommen. Sowohl bei der Unterkunft in Sammelunterkünften als auch bei einer dezentralen Unterbringung muss die besondere Schutzbedürftigkeit von Frauen und LGBTIQ*-Personen (19) anerkannt und für diese Schutzräume geschaffen werden. Diese Schutzbedürftigen müssen darüber hinaus bei der dezentralen Unterbringung bevorzugt werden. Zur besseren Unterstützung der oft traumatisierten Geflüchteten werden sowohl Sozialarbeiter*innen, als auch Psycholog*innen benötigt. Diese müssen in ausreichender Zahl dort eingesetzt werden, wo sie benötigt werden – sei es in Unterkünften, Begegnungsstätten oder Schulen.
Wahre Integration für Geflüchtete von Anfang an!
Damit die Geflüchteten ankommen und Kontakte knüpfen können, müssen vielfältige Angebote geschaffen werden. Essentiell dabei ist es, den Geflüchteten möglichst schnell kostenfreien Zugang zu Sprachkursen zu ermöglichen. Das allein ist selbstverständlich nicht genug. Vielmehr müssen Möglichkeiten geschaffen werden, dass Geflüchtete auch am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Neben der Teilnahme an z.B. musischen, künstlerischen oder sportlichen Aktivitäten sehen wir insbesondere eine Notwendigkeit, dass Geflüchtete ohne Wartefristen oder Vorrangprüfung Zugang zum Arbeitsmarkt, sowie zu Bildungs- und Weiterbildungsangeboten haben. Hierbei muss das gesamte Spektrum, von Kindergarten über Schule zu Ausbildung, Hochschulen und Volkshochschulen, berücksichtigt werden. Gegen bisherige Beschränkungen dieser Maßnahmen im Bundesrecht soll sich NRW über den Bundesrat einsetzen.
Wir lehnen Abschiebungen ab und treten für ein universelles Bleiberecht ein. Uns ist bewusst, dass Abschiebungen durch Bundesrecht geregelt werden, an das sich NRW halten muss. Die Spielräume im Asylrecht, die NRW bei Abschiebungen hat, müssen dabei weitestmöglich zum Wohl der Geflüchteten ausgelegt werden. Hierzu zählen für uns insbesondere der Verzicht auf eine Abschiebung aus humanitären Gründen sowie das Ende von nachts stattfindenden Abschiebungen. Im Vorfeld einer bevorstehenden Abschiebung müssen Geflüchtete auf die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise hingewiesen werden, für die ausreichend Zeit zur Verfügung gestellt werden muss und die nicht durch Repressalien erzwungen werden darf. Um eine Abschiebung durchzuführen, darf nicht auf das Mittel der Abschiebehaft zurückgegriffen werden. Das Abschiebegefängnis Büren ist daher unverzüglich zu schließen.
Beziehungen zur Türkei
Für uns spielt in globalen Kontexten zudem die Situation in der Republik Türkei eine wichtige Rolle. Der Landtag von NRW hat eine Parlamentarier*innengruppe für die Beziehungen mit der Republik Türkei. Diese fordern wir auf, umfassend Menschenrechtsverletzungen seitens der AKP-Regierung und von Staatspräsident Erdogan zu thematisieren und Druck aufzubauen.
Wahlrecht für alle
Menschen können nur dann in der Gesellschaft ankommen und sich als Teil dieser fühlen, wenn sie sich auch an den demokratischen Entscheidungen dieser beteiligen können. Momentan sind Millionen von Menschen in NRW von dieser Beteiligung ausgeschlossen, da sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Auch als Geflüchtete oder Migrant*innen mit Aufenthaltsgenehmigung sollten alle Einwohner*innen NRWs ein Recht auf politische Teilhabe besitzen und wahrnehmen können. Das Land soll daher das kommunale Wahlrecht sowie das Landeswahlrecht für alle Menschen, die zurzeit in NRW leben, zugänglich machen.
G2 Queer
Weg mit der Zweigeschlechtlichkeit!
Unsere Gesellschaft besteht nicht nur aus Menschen, die sich als Männer oder Frauen definieren. Ebenso wird Menschen bei der Geburt ein Geschlechtseintrag zugeordnet, mit dem sie sich nicht wirklich identifizieren können. Die Wege der rechtlichen Namensänderung und Personenstandsänderung, d.h. Änderung des Geschlechtseintrags, sind langwierige Prozesse, die derzeit nur Menschen offen stehen, die als transsexuell (20) diagnostiziert wurden. Wir wollen, dass NRW als progressives und modernes Bundesland mutig vorangeht und auf die Erhebung geschlechtsspezifischer Daten verzichtet, sofern sie nicht von wissenschaftlicher Bedeutung sind oder die Erhebung der Geschlechtszugehörigkeit auf die Förderung von Frauen abzielt, die noch immer gesellschaftlich benachteiligt werden.
So wollen wir Menschen ein Stück mehr Selbstbestimmung über ihre geschlechtliche Identität einräumen statt sie in bürokratische Geschlechterkategorien von vorgestern einzusortieren, bis die Bundespolitik endlich eine umfassende Reform des Namens- und Personenstandsgesetzes umsetzt.
Toiletten für alle Geschlechter!
Einige trans- und intergeschlechtliche Menschen werden beim Toilettengang diskriminiert oder sogar angefeindet, weil ihnen vorgeworfen wird, sie befänden sich auf der falschen Toilette. Darum setzen wir uns dafür ein, dass im öffentlichen Raum sowie in öffentlichen Einrichtungen, Hochschulen und Schulen Unisextoiletten (Toiletten für alle Geschlechter) eingerichtet werden, um die Diskriminierungsgefahr für trans- und intergeschlechtliche Menschen beim Toilettenbesuch zu reduzieren. Wir betonen jedoch, dass dies als Angebot aufzufassen ist. Alle Menschen sollen die Toilette benutzen, auf der sie sich am wohlsten bzw. sichersten fühlen, unabhängig davon ob sie rechtlich unter dem Geschlecht geführt werden, für das die Toilette ausgewiesen ist, die sie gerade benutzen. Außerdem fordern wir, Artikel der Monatshygiene (Tampons, Binden) kostenlos auf allen öffentlichen Toiletten zur Verfügung zu stellen.
Queer – auch in der Schule!
An Schulen gibt es immer noch zu viel Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit. Dass auf Schulhöfen Jugendliche als „Schwuchteln“ und „Transen“ beschimpft werden, ist unhaltbar. Alle Kinder und Jugendlichen, auch queere (21) Menschen, verdienen eine Bildungsumgebung, die ihnen Respekt und Unterstützung entgegenbringt.
Deswegen wollen wir, dass Lehrkräfte für homo-, bi- und/oder transfeindliche Anfeindungen und Diskriminierungen sensibilisiert werden. Außerdem wollen wir, dass der Unterricht, insbesondere die Sexualaufklärung, nicht auf heteronormative (22) Vorstellungen beschränkt bleibt. Kinder sollen bereits in der Grundschule auf altersgerechte Weise dafür sensibilisiert werden, dass nicht alle Menschen heterosexuell und/oder cisgender sind. Damit wollen wir Homo- und Bisexualität sowie Transidentität und Intersexualität (23) ihren Tabucharakter nehmen und die Vorstellung von geschlechtlicher und sexueller Normalität aufbrechen, die die Grundlage für viele Diskriminierungen darstellt. Aufklärungsprojekte wie SCHLAU NRW (24) begrüßen wir ausdrücklich, weil hier selbst Betroffene zu Wort kommen. Wir wollen aber nicht nur die Förderung solcher Projekte, sondern auch, dass Diversitykompetenz (25) fest in den NRW-Lehrplänen verankert wird.
Um weiterhin darauf hinzuwirken, dass queere Identitäten kein Unverständnis und Kopfschütteln hervorrufen, sondern zur gleichberechtigten Normalität werden, wollen wir erreichen, dass bei der Neuauflage von Unterrichtsmaterialien wie Schulbüchern beispielsweise in Textaufgaben auch queere Menschen vorkommen.
Jugendzentren – jung und ganz du selbst sein!
Jugendzentren und Jugendtreffs für queere Jugendliche und junge Erwachsene sind wichtige Schutz- und Rückzugsräume, die es Jugendlichen erlauben, frei von Diskriminierung und Beleidigungen sie selbst sein zu können und Gleichgesinnte kennen zu lernen. Sie stärken die Identitätsfindung und das Selbstbewusstsein und liefern zudem wichtige Beratungsangebote für Menschen, die aufgrund von Diskriminierungserfahrungen in akute Lebenskrisen geraten sind. Wir setzen uns dafür ein, dass bestehende Angebote ausgebaut sowie flächendeckend in NRW neue Angebote geschaffen werden.
Perspektivisch setzen wir uns jedoch dafür ein, dass auch Schulen bzw. andere Strukturen, in denen Jugendliche ohnehin eigebunden sind, akzeptanzfördernde Programme, Rückzugsräume und Beratungsangebote bieten.
Queere Kultur – wir sind hier, wir sind queer!
Queere Menschen sind massiv unterrepräsentiert in der Öffentlichkeit und Kultur! Auch wenn viel über Schwule, Lesben, Bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche Menschen gesprochen wird, sind sie doch selten diejenigen, die die gesellschaftliche Debatte bestimmen. Wir wollen queeren Menschen den Raum geben, ihre eigenen Geschichten zu erzählen statt Zielscheibe flacher Vorurteile und öffentlicher Witze zu sein. Deswegen wollen wir queere Menschen im Kulturbereich, aber auch in Film und Rundfunk, aktiv fördern. Bei Fördergeldern für Kulturprojekte wollen wir, dass gesellschaftliche Vielfalt stärker als Förderfaktor berücksichtigt wird. Außerdem wollen wir Initiativen und Projekte fördern, die queeren Menschen in Film und Rundfunk mehr Raum zugestehen.
G3 Frauen* & Gender/Inter, Trans*
Die Hälfte der Macht den Frauen*!
Wir finden, dass die Diskussion um Gleichberechtigung schon viel zu lange geführt wird. Es müssen endlich Taten folgen! Rund die Hälfte unserer Gesellschaft besteht aus Frauen*, deswegen steht ihnen auch die Hälfte entscheidungstragender Positionen zu. Was die Grünen bereits bei der Besetzung von Ämtern und der Aufstellung von Kandidat*innen für die Parlamente tun, muss gesamtgesellschaftliche Realität werden. Wir fordern deshalb eine 50+-Quote bei der Besetzung aller Gremien und Behörden des Landes NRW. Alle neu zu besetzenden Chef*innenposten sollen, bis die Quote erreicht wurde, weiblich besetzt werden. Ebenfalls gefördert von dieser Quote werden, sollen andere Nicht-Männer, insbesondere inter- und transgeschlechtliche Personen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oftmals bei der gesellschaftlichen Teilhabe benachteiligt werden.
Gender Budgeting – Kein Geld ohne Gleichberechtigung
Wir wollen, dass der Haushalt des Landes NRW im Sinne des Gender Budgeting gestaltet wird, das heißt eine Überprüfung stattfinden soll, die genderspezifische Auswirkungen herausstellt. Ausgaben, die Frauen benachteiligen bzw. bestehende patriarchal geprägte gesellschaftliche Machtverteilungen und Rollenbilder verfestigen, lehnen wir ab. Wir wollen eine Landespolitik, die die Gleichberechtigung aller Geschlechter vorantreibt und Frauen fördert!
Sexualisierte Gewalt ausnahmslos bekämpfen!
Übergriffigkeit und sexualisierte Gewalt stellen noch immer ein großes Problem in unserer Gesellschaft dar, wie die Vorfälle der Silvesternacht in Köln gezeigt haben, aber auch mediale Debatten wie #aufschrei oder #imzugpassiert. Die größte Betroffenengruppe stellen Frauen* dar, aber auch andere Menschen, die nicht cis-männlich und/oder heterosexuell sind, werden zur Zielscheibe sexualisierter Gewalt.
Wir setzen uns deshalb für ein flächendeckendes Angebot von Beratungsangeboten, u.a. Opfertelefone, und Zufluchtsräumen – unter Berücksichtigung des Bedarfs – ein, das Frauen*, inter- und transgeschlechtlichen sowie queeren Menschen in Not Unterstützung und Obdach gewährt. Für bestehende Angebote wie beispielsweise die Frauenhäuser fordern wir eine Finanzierungsgarantie.
G4 Kein Fußbreit der Menschenfeindlichkeit
Institutionelle Diskriminierung abschaffen – Gleiche Chancen für alle!
Wir fordern Schulungen und Sensibilisierungen aller Landeseinrichtungen sowie der Justiz für institutionellen Rassismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Fremdenfeindlichkeit, aber auch für Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit sowie Sexismus.
Bei der Strafverfolgung müssen menschenfeindliche Straftaten klarer benannt werden und Justizangestellte sensibilisiert werden.
Auch in der schulischen und außerschulischen Bildung wollen wir demokratie- und akzeptanzfördernde Programme und Maßnahmen sowie eine kritische Auseinandersetzung mit Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit.
Vielfalt leben – Aktionspläne gegen Menschenfeindlichkeit
Wir wollen den bereits vorhandenen Aktionsplan Vielfalt, der sich auf queere Menschen bezieht, durch weitere Aktionspläne ausbauen. Hierdurch soll für verschiedenen Formen der Menschenfeindlichkeit sensibilisiert und gesamtgesellschaftliche Aufklärung gefördert werden. Ein Schwerpunkt soll dabei auf der Thematisierung von und Aufklärung über Antiziganismus liegen, der oft nicht ausdrücklich in Antidiskriminierungsplänen benannt wird.
Antidiskriminierungsstellen und -projekte sollen zudem ausgebaut und von Landesmitteln stärker gefördert werden. Nur so erreichen wir eine Gesellschaft und ein NRW für alle!
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