11. Dezember 2011

Gegen Braunkohletagebau am Niederrhein



Wie sämtliche fossilen Brennstoffe zeichnet sich Braunkohle dadurch aus, dass sie als zentralisierte Form der Energiegewinnung in den dezentralen Energiemix der Zukunft nicht einzugliedern ist und darüber hinaus enorme Umweltschäden neben dem CO2-Ausstoß verursacht.

Allerdings nimmt Braunkohle selbst unter den fossilen Energieträgern eine Sonderstellung ein, da sie die umweltschädlichste Form der Energiegewinnung darstellt. Bei der Verbrennung einer Tonne Braunkohle entstehen über zwei Tonnen CO2. Zudem geht selbst bei den modernsten Braunkohlekraftwerken (BoA in Niederaußem) 57% der Energie als Abwärme verloren. Von den restlichen 43% werden 10% zur Aufrechterhaltung der Braunkohleförderung benötigt. Somit werden nur knapp 40% der in der Braunkohle enthaltenen Energie genutzt. Moderne Gas-Blockheizkraftwerke haben einen doppelt so hohen Wirkungsgrad. Zudem können sie schnell und flexibel geregelt werden und passen somit besser in die dezentralen Versorungsstrukturen des erneuerbaren Energiezeitalters.
Das Gasnetz lässt sich auch als Energiespeicher für überschüssigen regenerativ erzeugten Strom nutzen. Dabei wird Wasserstoff (oder synthetisches Erdgas) ins Gasnetz eingespeist. Wenn Strom benötigt wird, kann dieses regenerativ erzeugte Gas in Blockheizkraftwerken genutzt werden um Strom und Wärme zu produzieren. Wir brauchen keine weiteren Kohledinsoaurier die nicht nur das Klima bedrohen sondern auch durch den Kohleabbau nachhaltige Schäden zum Beispiel im Grundwasserhaushalt der nächsten 300 Jahre (Quelle: RWE) sowie einen enormen Schwund an Waldfläche verursachen.
Denn neben dem enormen CO2-Ausstoß (das Rheinische Braunkohlerevier ist mit 10% der deutschen Gesamtemissionen trauriger Spitzenreiter) treten noch weitere erhebliche Umweltschäden durch den Braunkohleabbau auf. So ist unter anderem mit Schäden an Waldflächen und einer Störung des Grundwasserhaushaltes der nächsten 300 Jahre zu rechnen.“

Auswirkungen auf den Grundwasserhaushalt

Besonders krass sind die Auswirkungen der Braunkohletagebaue Garzweiler, Hambach und Inden auf den Grundwasserhaushalt in der Großregion Köln. Da die Baugruben eine Tiefe von bis zu 500 Metern erreichen, was unkalkulierbare tektonische Folgen haben kann (Hambach 1997), müssen unvorstellbare Mengen Grundwasser abgepumpt werden.
Die Betreibergesellschaft RWE Power, eine Tochter der RWE AG, hat die Genehmigung bis 600 Millionen Kubikmeter Wasser pro Jahr abzupumpen. Das entspricht etwa dem 20-fachen Wasserverbrauch der Großstadt Köln. Wenn es tatsächlich zum geplanten Aufschluss des weiteren Tagebaus „Garzweiler II“ kommt, droht eine großflächige Austrocknung weiterer Wasseradern, von der sogar die Niederlande betroffen sein wird. Neben einer Absenkung des Grundwasserspiegels treten auch irreversible Schäden in der Wasserversorgung auf. Das verbleibende Grundwasser kann nun nicht mehr durch den
natürlichen Bodenfilter gereinigt und mit Mineralien angereichert werden sondern weist eine Mineralarmut und einen deutlich gesteigerten Härtegrad auf. Nitrate und Pestizide können nun ungehindert in die tieferen Grundwassersohlen gelangen, was einen Rückgang der Grundwasserverfügbarkeit von bis zu 20 Prozent nach sich zieht. Diese Wasserverschmutzung hat natürlich auch Einfluss auf die umgebende Flora und Fauna.
Durch das Abpumpen des Grundwassers und die daraus resultierende Absenkung des Bodens kommt es zu Rissen und Bergschäden an Häusern und Straßen, die von den meisten Betroffenen aus Angst vor weiterem Wertverlust ihrer Häuser nicht gemeldet werden.
Die Folgen des Wasserverlusts sind so weitreichend, dass sogar ganze Dörfer absinken. Selbst wenn RWE das Abpumpen irgendwann einstellt, kann es zu weiteren Schäden kommen. Die Erdschichten verdichten sich und zuvor vorhandene Hohlräume existieren nicht mehr, sodass das Wasser nicht problemlos zurückfließen und den Boden einfach wieder anheben kann.
Es ist unvorhersehbar, wie sich das Wasser wieder ausbreiten wird, was zu weiteren Schäden an Straßen und Gebäuden führen kann. Es ist jedoch mehr als unwahrscheinlich, dass der Urzustand je wieder erreicht wird. Skandalös ist, dass die RWE noch nicht einmal das übliche Wasserentnahmeentgeld entrichten muss, wodurch dem Land Einnahmen von ca. 60 Millionen Euro im Jahr entgehen. Nachdem RWE Power die letzten Tonnen Braunkohle gefördert hat, planen sie die Tagebaue zu gigantischen Seen umzuwandeln. Dazu werden gigantische Mengen an Rhein-Wasser benötigt, die in einer noch zu bauenden Pipeline angeliefert werden sollen.
Da der Grundwasserhaushalt durch den Braunkohleabbau nachhaltig geschädigt ist, wird es große Wasserverluste aus den Seen ins Grundwasser geben. Im Fall Hambach wird das bis zu 300 Jahre dauern und bis dahin muss weiterhin Wasser aus dem Rhein entnommen werden um eine Austrocknung des Hambach-Sees zu verhindern.

Auswirkungen auf Flora und Fauna

Die Natur rund um die Braunkohletagebaue zeichnet sich durch eine hohe Biodiversität sowohl im Ökosystem Wald als auch in den grundwasserabhängigen Feuchtgebieten aus. Dazu gehören seltene Mischwälder und bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Diese Ökosysteme sind auf sauberes und pH-Neutrales Wasser angewiesen. Da der Abraum aus den bestehenden Tagebauen ehemals in der Tiefe gebundene Sulfite und Schwefel enthält, führt dieser Abraum zu einem geringeren PH-Wert, also einer Versauerung des Wassers. Um diese Problematik zu lindern, versuchte RWE dem ohnehin giftigen Abraum Kalk und Kraftwerksasche beizumischen. Dies lindert die Versauerung jedoch nur um etwa ein Drittel. Zudem hat dieser Eingriff erhebliche Auswirkungen auf Pflanzen, da diese zum einen direkt geschädigt werden oder mineralische Verbindungen entstehen, die eine Aufnahme wichtiger Nährstoffe unmöglich machen.
Zur Erhaltung der bereits genannten Feuchtgebiete, welche internationalen Schutz
genießen, ist eine Wassermenge von bis zu 80 Millionen Kubikmetern notwendig. Ob
diese Wassermenge in den folgenden Jahren und Jahrzehnten bedingt durch gesteigerte Versickerung und das Anlegen künstlicher Seen noch zur Verfügung stehen wird ist äußerst fragwürdig.
Die Wälder am Niederrhein stellen ein einzigartiges Biotop dar und waren das größte zusammenhängende Waldgebiet ihrer Art. Durch die bestehenden Tagebaue wurde bereits eine beträchtliche Waldfläche vernichtet und weitere Flächen sind durch die geplanten Erweiterungen in ihrer Existenz akut bedroht. Bis zum Jahr 2040 soll der 12.000 Jahre alte Hambacher Forst restlos gerodet sein. Auch umfangreiche Rekultivierungsmaßnahmen werden der Einzigartigkeit dieser Waldbestände niemals gerecht werden können. Von dieser unvergleichlichen Zerstörung sind natürlich auch die dort lebenden Tierarten betroffen und so wird mit den Wäldern auch der Lebensraum seltener und teilweise bedrohter Tierarten vernichtet!

Radioaktivität wo man sie nicht vermutet

Ein weitgehend ungeachtetes Problem beim überirdischen Abbau von Braunkohle sind die im niederrheinischen Boden natürlich vorkommenden radioaktiven Metalle Uran und Thorium, die im Mittel zu 2-3 Gramm (Uran) bzw. 12-15 Gramm (Thorium) pro Tonne Gestein vorkommen. Somit wurden im Jahr 2002 alleine im Tagebau Hambach 88 Tonnen Uran als Teil des Abraums zu Tage gefördert und zu Teilen auf Halden verkippt oder sogar verbrannt. Die Folgen der Verbrennung von Uran sollten bekannt sein und sind in ihrem entfalteten Risiko nicht zu unterschätzen. Besonders gefährlich sind die Substanzen, da so enorme Mengen an Gestein umgeschichtet werden und dadurch in harmlosen Verbindungen gebundenes Uran freigesetzt wird. Das abgebaute Uran-238 zerfällt auf den Halden noch ehe es sein Gleichgewicht erreicht (d.h. die Strahlung einstellt) in diverse Radionuklide wie z.B. Radium-226, Radon-222 und Polonium-210. Alle diese Elemente haben sehr schädliche Auswirkungen auf den Menschen und erhöhen das Risiko an Krebs zu erkranken. Darüber hinaus finden sich im Abraum auch Schwermetalle, die als giftigen Schwermetallverbindungen ins Grundwasser gelangen und sich in den Körpern von Mensch, Tier und auch in Pflanzen anreichern können. Aber auch die durch den Braunkohleabbau verursachte Feinstaubbelastung ist ein großes Problem. Während der durch PKW verursachte Feinstaub in den letzten Jahren zunehmende Beachtung findet, gibt es für den im Braunkohlesektor verursachten Feinstaub bisher keine „Umweltzone“. „Staubereignisse“, bei denen Feinstaubwolken aus den angeblich gut gesicherten Tagebauen austreten, kommen noch immer vor! Dabei ist dieser Feinstaub über seine ohnehin schädliche Wirkung hinaus als Träger von radioaktiven Partikeln wie beispielsweise Radon-222 extrem gesundheitsgefährdend.

Bergrecht und Ungerechtigkeit

Ein großes soziales Problem am Rande der Braunkohletagebaue entsteht durch die Zwangsumsiedlungen von Anwohnern für den Braunkohleabbau und die ungerechte Handhabung von Bergschäden und deren Entschädigung. Hier spielt das deutsche Bergrecht eine entscheidende Rolle. Es erlaubt dem Bergbautreibenden praktisch ohne vorherige Prüfung Bergbau zu betreiben. Die Rechte von Anwohnern und Grundbesitzern finden dabei keinerlei Beachtung. Eine einseitige Enteignungs- und Verdrängungspraxis ist die Folge. Das sogenannte Bundesberggesetz stellt sich als unzeitgemäßes Monstrum dar,
dass den Ansprüchen einer neuen, dezentralen und nachhaltigen Energiewirtschaft nicht gerecht wird. Interessanterweise spielt dieses Gesetz auch eine wichtige Rolle im Genehmigungsverfahren des sogenannten Frackings.
2007 gab die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Rechtsgutachten in Auftrag, das Vorschläge für eine Nivellierung des Bergrechts machen sollte. Demnach sollen alle zukünftigen Planungs- und Genehmigungsverfahren ähnlich dem allgemeinen Planungsrecht zwischen den Bedürfnissen aller Betroffenen – Mensch, Tier und Natur – abwägen und daraufhin eine Entscheidung fällen.

Den Abbau einstellen!

In Anbetracht dieser prekären Lage fordert die GRÜNE JUGEND NRW eine Einstellung des Braunkohletagebaus sowie der Verstromung von Braunkohle und verpflichtet sich darüber hinaus diese Forderungen an die GRÜNEN weiterzutragen. Als erste Schritte zum kompletten Ausstieg aus der Kohlekraft fordern wir:

  • keine Neubauten von Braunkohlekraftwerken
  • kein Aufschluss weiterer Braunkohletagebaue (Garzweiler II)
  • keine Genehmigung zur Fortsetzung bestehender Tagebaue (Lausitzer
    Braunkohlerevier)
  • Erhebung des ordentlichen Wasserentnahmeentgeldes oder ggf. eines erhöhten
    Betrages zu Renaturierungszwecken
  • keine weitere Rodung von Waldflächen für den Braunkohletagebau sowie keine
    weiteren Zwangsumsiedlungen
  • Novellierung des Bundesberggesetzes nach den im Gutachten von 2007
    herausgearbeiteten Gesichtspunkten
  • langfristiger Ausstieg aus der Kohleverstromung mit festen Ausstiegsdaten für die
    einzelnen Kraftwerke ähnlich dem aktuellen Atomausstieg.


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