Schöne neue (Arbeits-)welt ?! Für alle – angstfrei, selbstbestimmt und inklusiv.
Lohnarbeit war in der Geschichte für die allermeisten Menschen, die allermeiste
Zeit ausschließlich ein notwendiges Übel um ihr physisches Überleben zu
sichern.
Gewerkschaften und sozialen Bewegungen ist es gelungen, Sicherungsysteme zu
erstreiten, die der Existenzangst bei einem Jobverlust entgegenwirken, aber eine
arbeitsfreie Zeit in Würde, gibt es auch gegenwärtig nur für Menschen, die
entweder geerbt haben oder die einen Großteil ihrer Zeit Lohnarbeit nachgehen.
Die Fixierung auf Lohnarbeit ging so weit, dass Länder in Zeiten in denen
weniger Lohnarbeit nachgefragt wird mit Attributen wie „kranker Mann des
Kontinents“ versehen werden, während Länder mit einer hohen Burnout-Fallzahl
infolge von Überbelastung der Arbeiter*innen als „gesund“ gelten.
Lohnarbeit wird dann als sinnvoll erachtet, wenn ein*e Arbeitgeber*in bereit
ist, Lohn dafür zu zahlen. Hierbei wird übersehen, dass viele Tätigkeiten, für
die Gehälter gezahlt werden, in der Wahrnehmung der Arbeiter*innen keinen Sinn
ergeben, bzw. keinen positiven Effekt für die Gesellschaft mit sich bringen. Bei
diesen, auch als Bullshit-Jobs bezeichneten Beschäftigungsverhältnissen, sehen
wir keinen Grund weshalb sie künstlich aufrechterhalten werden sollen.
Für uns ist klar: Lohnarbeit ist kein Selbstzweck!
Deswegen fordern wir:
- Die bewusste Entscheidung für ein Leben ohne Lohnarbeit muss möglich
sein, ohne dass die betreffende Person
- sich in ihrer sozialen Existenz gefährdet sieht.
- Dort wo sie selbst gewählt ist, muss sie für die Arbeiter*innen
gestaltbar sein.
- Neue Modelle für eine besonders demokratische Art Arbeitsprozesse zu
organisieren sollen, wann immer es möglich ist, gefördert werden. Die
GRÜNE JUGEND NRW tritt an die Grünen mit dieser Forderung heran. Das
Spektrum der Organisationsformen bei denen eine Förderung in Betracht
kommt, soll vom Vorschlag einer „Purpose-Ökonomie“ bis hin zu Initiativen
reichen, die sich am Leitbild des Anarchosyndikalismus orientieren.
(Erklärung hierzu: Purpose-Economy meint eine Unternehmensform, bei der es u.a.
nicht möglich ist, Anteilseigner*in zu werden und bei der keine Rendite
ausgeschüttet wird. Die Menschen, die dort tätig sind, haben allerdings nicht
alle gleich viel Einfluss. Anarchosyndikalismus meint eine gewerkschaftliche
Selbstorganisation, u.a. mit dem Ziel, das Privateigentum an Produktionsmitteln
zu überwinden, ohne dabei den Staat zu mächtig werden zu lassen)
- Perspektivisch sollen klassische hierarchisch strukturierte
Tätigkeitsumfelder die Ausnahme werden oder vollständig verschwinden.
Für eine Lohn- und Zeitpolitik, die Arbeiter*innen gerecht wird
Die großen Arbeitskämpfe der Vergangenheit haben uns alle modernen
Arbeitnehmer*innenrechte gebracht. Dazu gehören gehörten sowohl Lohnuntergrenzen
als auch Zeitbeschränkungen. Es wird Zeit den Gewerkschaften für ihre nächsten
Kämpfe eine ordentliche gesetzliche Grundlage zu bieten.
Wir fordern:
- eine gesetzliche Wochenarbeitszeit von höchstens 28 Stunden bei
gleichbleibendem Gehalt wird eingesetzt. Regelungen in Tarifverträgen
dürfen diese auch unterschreiten.
- ein Ende der sachgrundlosen Befristung. Verstöße dagegen müssen
angemessene Strafe nach sich ziehen.
- die Ermöglichung von einer flexiblen Wochenstundenreduzierung für einen
Zeitraum von bis zu 2 Jahren auf bis zu 50% (halbe Stelle) der vorherigen
Arbeitszeit. Das kann nur auf ausdrücklichen Wunsch der Arbeitnehmer*in
erfolgen. Danach besteht ein Anspruch der Arbeiter*in zu der
ursprünglichen Arbeitszeit zurückzukehren.
- eine fixe monatliche Zulage von 1000€ für Arbeiter*innen in
Schichtarbeit, mit zu pflegenden Angehörigen oder gesundheitlich
belastenden Berufen für diese Zeit der Reduzierung
- Erhöhung des Mindesturlaubes für jugendliche Arbeitnehmer*innen
unabhängig vom Alter auf 40 Tage erhöht, der aller älteren
Arbeitnehmer*innen auf 37 Tage und Menschen mit einem Grad der Behinderung
von 50+ oder gleichgestellten Menschen mit Behinderung erhalten 8 Tage
zusätzlich Mindesturlaub
- ein Verbot von Firmen- oder Haustarifverträgen (gültig nur für einzelne
Unternehmen oder Teile davon) , es sei denn sie bieten nachweislich
bessere Bedingungen als sonst gültige Branchen- und
Flächentarifverträge (gelten für alle Firmen einer Branche, die zu
einem Arbeitgeber*innenverband gehören)
- eine Erleichterung wenn ein Tarifvertrag für alle Unternehmen einer
Branche verpflichtend gemacht werden soll, egal ob sie zu dem jeweiligen
Arbeitgeber*innenverband gehören (Allgemeinverbindlichkeit)
- keine Ausnahmen für Kirchen bei Arbeitnehmer*innenrechten und zukünftig
die Angleichung an die arbeitsrechtliche Lage von Betrieben
- unbezahlten Urlaub von 6 Monaten regelmäßig (alle 5 – 7 Jahre) mit
einem Anspruch auf Rückkehr auf die ursprüngliche Stelle, falls dies von
den Arbeiter*innen gewünscht ist
- Verbot von betriebsbedingten Kündigungen wenn eine Umschulung der
Betroffenen möglich ist
- verpflichtende Weiterbildung für alle Arbeitnehmer*innen alle 5 Jahre für
einen Zeitraum von 10 Wochen. Währenddessen sind sie von ihren
Arbeitgeber*innen freizustellen und ihr Lohn wird von diesen fortgezahlt.
Mindestens 40 % der Zeit für Weiterbildung muss in Angeboten verbracht
werden, die keinen oder kaum Bezug zu ihrem Arbeitsplatz haben. Sollten
sie vor Ablauf der 5 Jahre gekündigt werden und ihre Weiterbildung noch
nicht genossen haben, so müssen die kündigenden Arbeitgeber*innen diese
trotzdem zahlen.
Arbeitsschutz in der Landwirtschaft – Ausbeutung von Saisonarbeiter*innen
beenden!
Überall auf der Welt passiert es, nirgendwo schaut die Öffentlichkeit genau
hin: Arbeiter*innen aus wirtschaftlich schlechter gestellten Ländern werden
Jahr um Jahr mobilisiert, um im reichen Inland schwere körperliche Arbeit zu
erledigen. Der Streik in Bornheim im letzen Jahr war nur die Spitze eines
Eisbergs, der mutwillig weiter nach unten gedrückt wird. Das Recht auf
Freizügigkeit macht es dabei besonders innerhalb Europas leicht, Grenzen zu
überwinden. Was auf der einen Seite nach Freiheit und einer Abkehr vom
Nationalismus aussieht, führt auf der anderen zu menschenunwürdiger
Ausbeutung. Für sogenannte Saisonarbeiter*innen gelten nämlich ganz andere
Regeln: Der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn wird mit Kost und Logis
verrechnet – Im Ergebnis führt das zu Sammelunterkünften und billigem, wenn
nicht schon verdorbenem Essen, für welches horrende Summen vom Lohn abgezogen
werden. Hier passiert mehr, als ein Ausnutzen von Regelungslücken durch
Betriebe. Die Lücken werden politisch aktiv bereitet – und können auch
politisch geschlossen werden!
Wir fordern:
- Ratifizierung der Konvention 184 der International Labour Organisation
(Internationale Arbeitsorganisation)
- Verbot von Akkordarbeit
- Keine Ausnahmen vom Arbeitzeitgesetz für Saisonarbeiter*innen!
- Eine Pflicht für Arbeitgeber*innen, Arbeitsverträge in verständlicher
Sprache bereitzustellen
- Angemessenen Infektionsschutz: Tests, Abstand und FFP2-Masken statt
Zwangsquarantäne!
- Detaillierte, faire und transparente Standards für Unterbringung und
Verpflegung
- Geschlechtsspezifische Schutzräume in die Arbeitsstättenverordnung!
- Flächendeckend unangekündigte Kontrollen in der Landwirtschaft und in
der fleischverarbeitenden Industrie
- Staatlich langfristig geförderter Rechtsbeistand für
Arbeitsmigrant*innen, inklusive Dolmetscher*innenkosten
Ausbildung – Ein fairer Start für alle
Auch Auszubildende haben Rechte, diese müssen aber gestärkt werden. Sie sollen
lernen und nicht als billige Arbeitskräfte verheizt werden. Wir wollen, dass
Auszubildene durch ihre Berufsschule stärker hinsichtlich ihrer Rechte als
Auszubildenen und ihrer Möglichkeiten der gewerkschaftlichen wie politischen
Vernetzung aufgeklärt werden. Insbesondere in Kleinbetrieben müssen
Auszubildene oft unbezahlte Überstunden machen und Arbeiten ausführen, welche
wenig mit den Inhalten der Ausbildung zu tun haben. Für einen gelungenen Start
in die Arbeitswelt braucht es also eine deutliche Verbesserung der
Rahmenbedingungen. Eine der großen Stellschrauben ist hierbei die Finanzierung
der Ausbildung. Nur ein Bruchteil der Unternehmen bildet selbst aus, alle
anderen werben ihre Arbeitnehmer*innen einfach ab. Außerdem fallen
Weiterbildung und lebenslanges Lernen unter den Tisch. Aufgrund der aktuellen
Corona-Pandemie haben viele Jugendliche Probleme im Rahmen ihrer Ausbildung
Praxispartner zu finden und praktische Erfahrungen zu sammeln. Aufgrund der
schlechten wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen haben viele
Auszubildene Angst nicht übernommen zu werden oder längere Zeit keine
Anstellung zu finden.
Aus dieser Lücke im Lebenslauf darf ihnen kein Nachteil entstehen.
Kosten für schulische Ausbildungen müssen, wenn gleichzeitig kein
Berufsabschluss nachgeholt wird, von den Auszubildenen selbst finanziert werden.
Die Grüne Jugend NRW ist der Meinung, dass Bildung und Ausbildung kein Privileg
sein darf und fordert, dass der Staat die Kosten für schulische Ausbildungen
übernimmt.
Wir fordern:
- Garantierte Übernahmen von Auszubildenden
- tarifliche Gleichstellung von Studierende im Dualen Studium mit
Auszubildenden und außerdem eine verbindliche und allgemeine rechtliche
Grundlage für das Duale Studium
- eine Erhöhung der Qualität der Ausbildung beispielsweise im
Gesundheitswesen
- ein Azubi-Ticket darf nicht mehr als das Studi-Ticket kosten und beide
müssen günstiger als das jetzige Studi-Ticket werden.Ebenso ein Azubi-
Ticket auch für Referendar*innen
- moderne Arbeitsfahrzeuge, die Auszubildenden zur Verfügung gestellt
werden. So braucht es von Arbeitgeber*innen gestellte oder mitfinanzierte
Fahrräder, Lastenräder und Carsharing.
- einen Ausbildungsfonds, der durch die Arbeitgeber*innen finanziert wird.
In diesen wird eine Summe eingezahlt, die rund einem Prozent (1%) der
Löhne entspricht. Dadurch werden die Lehrausbildung über verschiedene
Betriebe hinweg, sowie verschiedene Förderungen von Lehrstellen
finanziert werden
- Vor wichtigen Prüfungen haben Auszubildende und dual Studierende eine
Woche frei zu bekommen.
Diskriminierung am Arbeitsplatz den Kampf ansagen!
Kein Betrieb, kein Büro, keine Agentur, kein Home Office ist frei von
diskriminierenden Strukturen. Bisher oft halbherzig geschaffene Regelungen
reichen schlicht nicht aus, um den Rassismus, die trans*-Feindlichkeit, den
Ableismus, den Sexismus und andere Diskriminierungsformen an NRWs Arbeitsplätzen
einzudämmen. Traumatische Diskriminierungserfahrungen und Mikroaggressionen sind
auf Dauer zermürbend, gläserne Decken frustrieren und sorgen langfristig für
ein Ausbrennen derjenigen, die immer wieder vergebens versuchen sie zu
zerschlagen. Wir finden: Das ist nicht gerecht!
Deshalb sagen wir diskriminierenden Strukturen den Kampf an und fordern:
- Verpflichtende, regelmäßige Antidiskriminierungstrainings für alle
Arbeitgeber*innen und Arbeiter*innen
- Antidiskriminierungsbeauftragte in kleineren Betrieben,
Antidiskriminierungsbüros in größeren
- Verpflichtende All-Gender-Toiletten in Betrieben
- Verpflichtende Pronomennennung auf Visitenkarten, Namensschildern etc.
- Flexible Möglichkeit der Namensänderung am Arbeitsplatz, Anerkennung von
trans*spezifischer medizinischer Behandlung als Krankheitszeit
- Verpflichtend anonymisierte Bewerbungen in der Privatwirtschaft und
Sanktionen bei Nichterfüllung bestimmter Quoten
- Die Nutzung von Anreizsystemen wie der „Leistungsorientierte
Bezahlung“ (LOB), also eine Art Prämie dafür, dass Arbeitgeber*in und
Verantwortliche in den Personalabteilungen dafür sorgen, dass
Belegschaften besonders divers sind
- Auch rückwirkend einklagbare Entgeltgleichheit
- In den ersten 6 Jahren des Kindeslebens müssen alle Elternteile bei
Bedarf für 12 Monate voll freigestellt werden oder ihnen muss für 24
Monate Teilzeit
(-> eine halbe Stelle) gewährt werden; wenn männliche Elternteile diese
Möglichkeit nicht wahrnehmen, sollen sie bei gleich bleibendem Reallohn
für ihre Arbeitgeber*innen teurer werden, bei allen Elternteilen müssen
die Zeiten ausgezahlt werden, wenn es vorher zu einer Kündigung
kommt
Neue Norm Inklusion: Weg mit dem zweiten Arbeitsmarkt!
Der sogenannte „zweite Arbeitsmarkt“ in Deutschland, also das große Geflecht
aus Werkstätten, in denen Menschen mit körperlichen und psychischen
Behinderungen und Erkrankungen arbeiten, ist eine an sich exkludierende
Struktur. Der Ausdruck „Arbeitsmarkt“ verharmlost dabei das Problem: Viele Menschen
mit Behinderung verrichten in Vollzeit anstrengende Arbeiten – aber sie bekommen
dafür keinen Mindestlohn, keine Arbeiter*innenrechte, keinen Betriebsrat, keine
Gewerkschaft. Was sie erhalten ist ein kleines Taschengeld, das nicht einmal
ansatzweise an den Mindestlohn kommt, und ein Rentenanspruch. Sie arbeiten
vielfach bloß auf das Ende dieser Arbeit hin, Selbstbestimmung sucht mensch
vergebens. Langfristig braucht es deshalb eine Abschaffung dieser exkludierenden
Struktur, die Arbeiter*innen mit Beinträchtigung komplett isoliert von anderen
Arbeiter*innen denkt. Aber auch Menschen mit leichterer Einschränkung, die
bereits in der Privatwirtschaft tätig sind, sind tagtäglich mit ungerechten
Hürden konfrontiert. Solange Arbeit das Leben der Menschen in NRW so
maßgeblich bestimmt, setzen wir uns deshalb für eine radikale Veränderung der
bestehenden Strukturen ein. Weg vom zweiten Arbeitsmarkt, hin zu einer geeinten,
selbstbestimmten und gerechten Arbeitswelt!
Wir fordern:
- Entschiedene staatliche Förderung von Inklusionsbetrieben
- Verpflichtende Ableismus-Schulungen für Arbeitgeber*innen und
Personaler*innen
- Verpflichtende physische Barrierefreiheit ab 50 Mitarbeitenden,
verpflichtendes universelles Design bei neuen Büro- und Betriebsgebäuden
- Erhöhung der Quote für die Einstellung von Menschen mit Behinderungen
sowie der Sanktionen bei Nichterfüllung der Quote
- Zentral organisierte Datenbanken für Bewerber*innen mit Behinderungen und
staatlich unterstützte Vermittlung
- Unternehmensinterne Kommunikation und Stellenausschreibungen auch in
Leichter Sprache
- Langfristig die Abschaffung des sogenannten „zweiten Arbeitsmarktes“,
kurzfristig die Angleichung aller Arbeitnehmer*innenrechte
Neue Arbeitswelt – neue Schutzmechanismen
Je länger Arbeiter*innen nun schon pandemiebedingt aus dem Home-Office heraus
arbeiten, desto intensiver wird auch über Distanz-Arbeiten als neue Norm
gesprochen. Hier sehen sowohl die Chancen als auch den Regulierungsbedarf.
Wir fordern
- die Homeoffice-Option für alle, die hauptsächlich an Schreibtischen
arbeiten, auch unabhängig von Pandemien
- die Beschaffung von Home-Office-Ausstattung für Abeiter*innen durch die
Arbeitgeber*innen, zu dieser Ausstattung sollen Hardware, Software,
Schreibtische und ergonomische Stühle zählen
- die Übernahme der Mietkosten durch Arbeitgeber*innen für Zimmer in denen
ausschließlich gearbeitet wird
- technische Tools, die eine Überschreitung der Arbeitszeit erfassen, damit
Überstunden nicht die Regel werden
- Schutz vor Überwachung durch Arbeit-geber*innen
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