29. September 2021

Ein Bus zwei Mal am Tag? Holt uns nicht ab!



Im ländlichen Raum sind die meisten aufs Auto angewiesen. Obwohl mehr als die
Hälfte der Bevölkerung in Deutschland im ländlichen Raum lebt, werden
klimaverträgliche Mobilitätskonzepte für diesen Raum kaum diskutiert. Für eine
sozial gerechte Verkehrswende muss sich das dringend ändern!

Verkehr reduzieren

Der wichtigste Teil der Verkehrswende, sowohl auf dem Land wie auch in der
Stadt, wird sein den Verkehr als solches zu reduzieren. Die Pandemie hat
gezeigt, dass ein großer Teil der geschäftlichen Treffen, Behördengänge und
viele weitere Dinge des alltäglichen Lebens auch digital stattfinden können. Um
dieses Potenzial auszubauen und zu nutzen muss der Breitband- sowie
Mobilfunkausbau im ländlichen Raum deutlich beschleunigt werden. Wir müssen
mittelfristig allen Bürger*innen einen Glasfaseranschluss garantieren. Außerdem
sollen Behörden wo möglich neben dem physischen auch digitalen Kontakt anbieten.

Für den alltäglichen Bedarf an Lebensmitteln, den hausärztlichen Besuch oder
Bildung müssen derzeit teils weite Strecken zurückgelegt werden. Um das zu
ändern, soll in Ortschaften mit einer Bevölkerung von über 4000 Personen alles
für den alltäglichen Bedarf vorhanden sein. Die Strecken von kleinen zu diesen
mittelgroßen Ortschaften können meist mit dem Fahrrad, ÖPNV (öffentlicher
Personennahverkehr) oder mit Fahrgemeinschaften zurückgelegt werden.
Fahrgemeinschafen sollen durch eine geeignete digitale Plattform der
Landesregierung und durch pragmatische Lösungen vor Ort gefördert werden werden.

Um den Verkehr in Zukunft zu minimieren, sollen Wohn- und Gewerbeflächen nur
ausgewiesen werden, wenn diese sehr gut an den ÖPNV angebunden sind oder bis zur
Nutzung sehr gut angeschlossen werden.

Wir fordern die Verpflichtung, dass für jede Stadt und Gemeinde in Kooperation
mit dem Kreis, sowie für jede kreisfreie Stadt, ein Konzept erarbeitet wird, wie
eine nahezu autofreie Zukunft vor Ort aussehen soll und wie diese konkret
umgesetzt wird, um das 1,5 Grad Ziel zu erreichen. Personalkapazitäten sind
hierfür, falls nicht schon vorhanden, zu schaffen. Die Personalkosten und vor
allem die Umsetzung sollen durch das Land finanziell gefördert werden.. Hierzu
soll sich angeschaut werden, wie der Radverkehr und der ÖPNV gefördert und
ausgebaut werden können.

Verkehr dekarbonisieren

Vor allem für Fahrten zu den ÖPNV-Haltestellen oder zur nächst größeren
Ortschaft sind Fahrräder, E-Bikes und Lastenräder gut geeignet. Um dies jedoch
zu einer schnellen und vor allem sicheren Alternative zu machen, muss das
Radverkehrsnetz deutlich ausgebaut werden, auch bis in die kleinsten
Ortschaften. Es braucht Radschnellwege zwischen den mittleren, bis größeren
Orten inklusive Anbindung an die Bahn- und Busbahnhöfe. Radschnellwege bieten
sich besonders neben Bahnstrecken an, da diese wenig Steigung haben und schon
erschlossen sind. Alle Radwege müssen ausreichend breit sein, um Radfahren zu
einer angenehmen und sicheren alternative zu machen. Um den Umstieg vom Rad auf
den ÖPNV möglichst einfach zu gestalten, soll es an jeder Haltestelle
Radabstellmöglichkeiten geben.

E-Bikes und Lastenräder sind eine große finanzielle Investition. Um den Umstieg
für alle zu ermöglichen muss der Kauf von E-Bikes und Lastenrädern im ländlichen
Raum explizit gefördert werden. Neben dem Ausbau von Radwegen soll der Erwerb
daher aus Landes- oder Bundesmitteln bezuschusst werden. Hierbei sind soziale
Kriterien zu beachten.

Für eine Dekarbonisierung des Verkehrs im ländlichen Raum muss der öffentliche
Personennahverkehr deutlich attraktiver werden. Ein großer Schritt in diese
Richtung ist, den ÖPNV ticketlos zu machen. Somit werden deutliche finanzielle
Anreize gesetzt und die Mobilität sozial gerechter. Jedoch reichen finanzielle
Anreize alleine nicht aus. Wo kein Bus fährt kann auch nicht auf den ÖPNV
umgestiegen werden. Deswegen muss jedes Dorf ans Busnetz angeschlossen werden.

Die Taktung muss auf allen Stecken deutlich erhöht werden. Vor allem in
Randzeiten besteht ein großer Handlungsbedarf. Busse, die auch noch spät abends
fahren, ermöglichen es in besonderem Maße Jugendlichen, deutlich besser am
kulturellen Leben teilzuhaben, und können somit ein guter Ersatz für den
Rollerführerschein sein. Zwischen den größeren Ortschaften fordern wir ein
Express-Bus-Netz mit stündlicher Taktung. Dieses soll durch ein möglichst
engmaschiges Regionalbahn-Netz Stück für Stück ersetzt werden.

Autos im ländlichen Raum

Wir fordern schon länger autofreie Innenstädte und langfristig ein Ende des
motorisierten Individualverkehrs in Städten. Im ländlichen Raum ist das,
zumindest in den nächsten Jahren, leider nicht möglich. Um trotzdem das 1,5 Grad
Ziel einzuhalten, muss der motorisierte Individualverkehr klimaneutral werden.

Der fossile Individualverkehr muss teuer werden, während im Betrieb
klimaneutrale Fahrzeuge gefördert werden sollen. Gleichzeitig muss die
Ladeinfrastruktur im ländlichen Raum deutlich ausgebaut werden. Sowohl private
als auch öffentliche Ladeinfrastruktur muss finanziell gefördert werden. Doch
das langfristige Ziel ist und bleibt für uns: der motorisierte Individualverkehr
muss im ländlichen Raum auf ein Minimum reduziert werden!

Mobilitätsstationen

Alle Bahn- und Busbahnhöfe im ländlichen Raum werden zu Mobilitätsstationen
umgebaut. Mobilitätsstationen müssen barrierefrei und mit einer hohen
Aufenthaltsqualität ausgestattet sein. Um den Umstieg zwischen den
Verkehrsmitteln zu erleichtern und so die Autofahrten möglichst kurz zu halten,
braucht es kostenlose Parkplätze an allen Mobilitätsstationen. Auf diesen
Parkplätzen sollen immer ausreichend Stromtankstellen für die häufiger werdenden
Elektroautos zur Verfügung stehen. Außerdem müssen Aufzüge an Bahnhöfen
ausreichend groß sein, sodass auch Fahrräder und Räder mit Übergröße wie zum
Beispiel Dreiräder hierin Platz haben. Die Möglichkeit, Fahrräder in Bussen,
Bahnen und Straßenbahnen mitzunehmen, muss verbessert werden.

Neben den Parkplätzen für Autos braucht es gesicherte und kostenlose
Fahrradparkplätze. An jeder Mobilitätsstation sollen Fahrräder, E-Bikes,
Fahrradanhänger, Lastenräder sowie E-Autos (Carsharing) verliehen werden.



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