13. November 2023

Psychotherapie für marginalisierte Gruppen



In Deutschland und auch in NRW eine Psychotherapie zu machen ist alles andere als
leicht. Einen Platz zu bekommen ist nicht nur mit viel Arbeit, sondern oftmals auch mit
extrem langen Wartezeiten verbunden. 22 Wochen ist die durchschnittliche Wartezeit für
einen Platz. Eine lange Zeit für Menschen mit akutem Bedarf, eine Zeit, in der sich
Probleme verschlimmern, in der Menschen keine Hilfe angeboten wird. Und selbst wenn
man einen Platz bekommen hat, ist ein Wechsel, weil die Therapeutin nicht zu einem passt, mit hohem Aufwand verbunden. Psychotherapie niedrigschwellig und für alle zugänglich machen Besonders schwierig ist es für marginalisierte Menschen einen Platz zu bekommen. Die queere junge Frau, die dringend auf der Suche ist, weil ihre Eltern ihre Identität nicht akzeptieren. Der Familienvater mit Autismus, der in seiner Jugend keine Diagnose erhalten hat oder die migrantisierte trans Person, die kaum eine Chance hat, ihre diskriminierende Erfahrung mit Behörden zu verarbeiten – sie alle und viele Menschen bekommen nur schwer einen Platz. Doch für uns als GRÜNE JUGEND NRW ist ganz
klar, dass das nicht so bleiben kann. Es muss genügend Therapieplätze geben, diese müssen gut zu erreichen sein und niedrigschwellig zugänglich sein. Für Menschen mit einer Gehbehinderung ist ein

Therapieplatz oft schon alleine wegen Treppen nicht zu erreichen, dieser Missstand muss
der Vergangenheit angehören, genauso wie Therapeutinnen unter anderem auch für Menschen mit Lernschwierigkeiten ausgebildet sein müssen. Einen Platz zu finden, wenn man deutsch nicht beherrscht oder in Gebärdensprache kommuniziert, ist fast unmöglich. Wir finden, dass darf nicht so bleiben. Eine Therapie muss in jeder Sprache möglich sein, denn nur so kann jedem Menschen das nötige Hilfsangebot gemacht werden. Gerade für trans Menschen ist es unabdingbar, dass eine gute medizinische und therapeutische Versorgung sichergestellt ist, dafür braucht es spezialisierte Praxen und zwar erreichbar
für alle!

Systemische Probleme erfordern systemische Lösungen!

Wir haben einen großen Mangel an Therapeutinnen, das liegt nicht zuletzt an den hohen Hürden für eine Ausbildung. Noch bis vor kurzem waren mehrere zehntausend Euro nötig, um überhaupt eine Ausbildung machen zu können. Doch auch wenn das nicht mehr der Fall ist, ist die Vergütung für Psychotherapeutinnen in Ausbildung mit 1000 Euro viel zu niedrig. Verbunden mit einem langen Studium kommen so knapp 10 Jahre zusammen bis Studium und Ausbildung um sind. Die lange Dauer verbunden mit einem sehr hohen NC und dem mickrigen Gehalt verhindert, dass alle Menschen diesem Job
nachgehen können.
Dieses ungerechte System und die viel zu geringe Anzahl an Studien- und
Ausbildungsplätzen sorgt für einen dramatischen Mangel an Therapeut*innen. Der
massive Ausbau und der Abbau der Hürden ist ein absolutes Muss!
Doch bei der reinen Quantität dürfen wir nicht stehen bleiben, wir müssen auch auf die
Qualität gucken. Viele Menschen, die Therapie in Anspruch nehmen, erfahren
Diskriminierung, obwohl sie ja eigentlich auf Hilfe hoffen. Im schlimmsten Fall
verschlimmert sich der psychische Zustand, anstatt besser zu werden. Bei Fällen von
Diskriminierung müssen sich Betroffene schnell und unkompliziert an entsprechende
Hilfestellen wenden können. Diskriminierung hat auch in einer Therapie keinen Platz.
Wichtig ist es deswegen im Studium und in der Ausbildung auf vielfältige
Lebensrealitäten vorzubereiten und dafür zu sorgen, dass Menschen statt
Diskriminierung echte Hilfe und Solidarität erfahren.

Ein Therapieplatz darf nie vom Geldbeutel abhängen!

Als GRÜNE JUGEND NRW setzten wir uns für eine tatsächliche Verbesserung ein. Dafür
müssen nicht nur Studium und Ausbildung überarbeitet werden, es braucht deutlich mehr
Zulassungen für ambulante Therapeutinnen. Doch auch für Menschen, die keinen festen Platz haben, braucht es Notfall-Plätze für eine akute Hilfe. Um allen Patientinnen und Therapeutinnen gerecht zu werden muss dringend eine Abkehr vom oftmals starren System her, indem kaum Anpassung an die Bedürfnisse möglich ist. Ob online Therapie oder ein flexibler Zeitplan, all das sollte Normalität sein. Dazu gehört auch, dass Patientinnen entscheiden sollen, wie lange sie eine Therapie in
Anspruch nehmen wollen. Niemand darf alleine gelassen werden. Eine Therapie darf nie
vom Geldbeutel abhängen, deswegen gehört die Sperre, die momentan nach einer
gewissen Anzahl von Therapiestunden verhängt wird, sofort abgeschafft. Krankenkassen
müssen endlich den wahren Bedarf zahlen.
Auch niedrigschwellige Angebote mit Menschen, denen es ähnlich geht oder durch
soziale Arbeit können oft helfen. Dafür müssen die entsprechenden Träger ausfinanziert
sein und über genügend Räumlichkeiten verfügen. Hier liegt es auch an den Kommunen,
für diese wichtigen Strukturen zu sorgen.

Das muss es uns wert sein!

Unser System ist kaputtgespart, diskriminiert reihenweise Menschen und gehört
vollständig geändert. Dafür braucht es vor allem eins: Mehr Geld. Ob für den
barrierefreien Umbau oder für eine bessere Bezahlung für Therapeut*innen in
Ausbildung, überall braucht es eine materielle Verbesserung. Dafür kämpfen wir als
GRÜNE JUGEND NRW!



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