23. April 2024

Abgestellt statt eingestellt



In Deutschland arbeiten rund 270.000 Menschen in über 700 Werkstätten für Menschen mit Behinderung, ein Großteil davon in NRW. Die Werkstätten sollen Menschen Fähigkeiten vermitteln, um am Allgemeinen Arbeitsmarkt teilnehmen zu können. Die Weitervermittlung in den Allgemeinen Arbeitsmarkt liegt jedoch bei unter einem Prozent. Inklusion sieht anders aus!

Widerspruch im System beenden!

Dies liegt unter anderem an der Vorgabe zur Wirtschaftlichkeit der Werkstätten und an der sogenannten Ausgleichsabgabe, mit der sich große Unternehmen für wenig Geld von der Pflicht „freikaufen”, Menschen mit Behinderung einzustellen, anstatt strukturelle Änderungen für mehr Inklusion vorzunehmen. Zusätzlich profitieren Unternehmen von der Produktion der Werkstätten durch geringere Kosten und die Möglichkeit, 50% der Ausgleichszahlungen abzurechnen. Diese Strukturen sind mit dem gesetzlichen Inklusionsauftrag der Werkstätten nicht vereinbar.

Deshalb fordern wir, dass…

  • die Werkstätten Menschen mit Behinderung dabei wirklich unterstützen, im Allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.
  • Barrieren im Allgemeinen Arbeitsmarkt abgebaut werden.
  • die Ausgleichsabgabe abgeschafft wird.

Dumpinglohn made in Germany

Während die Beschäftigten ein Werkstattentgelt von 1,46 Euro pro Stunde erhalten, machten die Werkstätten 2022 einen Umsatz von ca. 8 Milliarden Euro. Durch die Ausbeutung von Menschen mit Behinderung können große Unternehmen mit hoher Qualität und dem Siegel „Made in Germany” werben. Und bei Menschen mit Behinderung, die auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt vermittelt wurden, werden Zuverdienste und das Weihnachtsgeld mit ihrer Grundsicherung verrechnet.

Deshalb fordern wir…

  • eine faire Bezahlung der Beschäftigten, mindestens auf Mindestlohn-Niveau.
  • Erhöhung des Freibetrags auf die Grundsicherung.

Streik ist ein Grundrecht!

Beschäftigte in Werkstätten können keine Gewerkschaften gründen oder ihnen beitreten. Anstelle von Betriebsräten gibt es Werkstatträte mit beschränkten Kompetenzen. Außerdem besitzen die Beschäftigten kein Streikrecht, sodass es ihnen nicht möglich ist, aus Protest gegen vorherrschende Bedingungen, die Arbeit niederzulegen.

Deshalb fordern wir…

  • Arbeitnehmer*innenrechte für Beschäftigte der Werkstätten.
  • das Streikrecht für Arbeiter*innen in Werkstätten nach Art. 9 Abs. 3 GG.

Kurzfristig ist die Angleichung von Lohn und Arbeitnehmer*innen-Rechten eine wichtige Verbesserung für die Beschäftigten der Werkstätten. Langfristig steht für uns als GRÜNE JUGEND NRW aber fest, dass die Werkstätte abgeschafft gehören. Das System ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention vereinbar. Die Werkstätten von heute auf morgen zu schließen, würde hunderttausende Menschen in die Erwerbslosigkeit entlassen. Dennoch müssen Menschen mit Behinderung selbstbestimmt leben und arbeiten können. Auf dem sogenannten “zweiten Arbeitsmarkt” ist das jedoch kaum möglich. Damit die Ausbeutung von Menschen mit Behinderung ein Ende hat, müssen auch die Werkstätten der Vergangenheit angehören!



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