Keine*r kann sich arme Kommunen leisten!

Kommunen finanziell stärken!

Die finanzielle Situation der meisten Kommunen in NRW verschlechtert sich und stellt sich dramatisch dar: Die Städte und Gemeinden haben große Schwierigkeiten mit ihren Einnahmen die Ausgaben und Aufgaben zu decken. Unverzichtbare soziale Ausgaben und sozialstaatliche Aufgaben werden an die jeweilige Kommune weiterdelegiert, ohne das ihr dazu ausreichende finanzielle Mittel zu Verfügung gestellt werden.

Diese Verstöße gegen das Konnexitätsprinzip führen dazu, dass die Kommunen hohe Kassenkredite oder Darlehen aufnehmen müssen. Dies hat immense Zinsbelastungen für die nachfolgenden Haushalte zur Folge. Die 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen stehen mit 22,2 Milliarden Euro kurzfristiger Kassenkredite bei den Banken im Dispo. Insgesamt sind die Kommunen in NRW mit 57 Milliarden Euro verschuldet. Somit sind sie dazu verpflichtet für rund ein Drittel ihrer Schulden hohe Zinsen zu bezahlen. Hinzu kommt, dass hoch verschuldete Kommunen höhere Zinsen zahlen müssen und dies führt gerade in hochverschuldeten Kommunen zu einer weiteren Schulden Abwärtsspirale. Durch diese Abwärtsspirale werden zahlreiche kulturelle, soziale und ökologische Projekte vor Ort gestrichen und die Lebensqualität nimmt ab! Die Schwarz-Gelbe Bundesregierung schadet mit ihren Wahlversprechen den Kommunen. So führt z.B. die sog. “Mövenpick-Steuer” oder das Betreuungsgeld zu Mindereinnahmen in Höhe von 600 Millionen Euro jährlich für das Land NRW. Auch das letzte Beitragsfreie KITA-Jahr, auf Drängen der Landes SPD beschlossen, führt zu unnötigen Einnahmeeinbußen der Kommunen. In diesem Kontext müssen die Einnahmen der Kommunen nicht eingeschränkt, sondern gestärkt werden, sodass in ökologische, nachhaltige und soziale Projekte investiert werden kann.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher:

  • die Einführung von NRW-Bonds, um die Höhe der Zinsen für neue Schulden solidarisch gering zu halten.
  • die Einhaltung des Konnexitätsprinzipes, um Kosten dahin zu verlagern wo sie entstehen, bzw. beschlossen werden.
  • die Errichtung eines Entschuldungsfonds für Kommunen, welche aufgrund struktureller Probleme überschuldet sind und aufgrund dessen keine zukunftsfähige Investitionen tätigen können.
  • den Umbau der Gewerbesteuer zu einer kommunalen Wirtschaftssteuer.
  • die Verwendung des Solidaritätszuschlags zur Unterstützung notleidender Kommunen unabhängig von der Himmelsrichtung.  Trotzdem sehen wir die Kommunen in der Pflicht auf ausgeglichene Haushalte hinzuarbeiten.

Kommunen demokratisch stärken!

Kommunen stehen als unterstes Glied des Staates im direkten Kontakt mit den Einwohner*innen, weshalb Beschlüsse, die auf europäischer-, Bundes-, oder Landesebene gefällt werden von den Kommunen umzusetzen sind! 135 Kommunen in NRW unterliegen einem Haushaltssicherungskonzept. Sie sind daher dazu verpflichtet ihren Haushaltsentwurf der Bezirksregierung zur Genehmigung vorzulegen und einen Weg aufzuzeigen wie sie innerhalb der nächsten 5 Jahre einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Von diesen 135 Haushaltsentwürfen genehmigten die Bezirksregierungen im Jahre 2011 allerdings nur 33. Weitere 42 Kommunen unterliegen einem Nothaushalt. Ihre Haushaltsführung hat daher Vollkommen die Bezirksregierung übernommen und die jeweilige Kommune büst massiv an finanzieller und demokratischer Souveränität ein. Die von den Bürger*innen gewählten Vertreter*innen können daher kaum noch Entscheidungen für ihre Stadt oder Gemeinde treffen.

Die GRÜNE JUGEND NRW fordert daher:

  • die restriktive Haushaltsordnung einzudämmen, denn auch im Nothaushalt oder Haushaltssicherungskonzept muss noch gestalterische Politik vor Ort möglich sein.
  • die Einführung eines Kommunalrates, der ähnlich dem Vorbild des Bundesrates ein Vetorecht bei belastenden Entscheidungen des Landtages hat.
  • die Stärkung der kommunalen Vertretungen gegenüber den Verwaltungen, damit Beschlüsse auch zeitnah und überprüfbar umgesetzt werden.

 

 

Beschlussfassung von der Sommer-LMV 14.-15. Juli 2012.

Klimaschutz statt Spekulation – junggrüne Ideen für einen neuen Emissionshandel

Für die GRÜNE JUGEND NRW steht der Klimaschutz ganz oben auf der Prioritätenliste. Bisher wird der Emissionshandel sowohl von der Wirtschaft als auch von unterschiedlichen politischen Strömungen als Wunderwaffe gegen den Klimawandel angesehen. Allerdings hat der real existierende Emissionshandel gravierende Schwächen die möglichst behoben werden müssen.

Ein Markt ist nicht langfristig planbar, sodass langfristige Investitionen in den Klimaschutz bei rein marktwirtschaftlichen Systemen nicht im notwendigen Umfang getätigt werden. Zudem werden Importe nicht in den Emissionshandel einbezogen, sodass Emissionen einfach verlagert werden können und die Unternehmen daraus einen Gewinn (über den Verkauf ihrer Zertifikate) ziehen können.
Ein weiteres Problem stellt die kostenlose Verteilung der Zertifikate an die großen Unternehmen dar. Auch die Möglichkeit Zertifikate durch CO2 Einsparungen außerhalb des Handelsgebietes zu erzeugen sehen wir kritisch, da diese Einsparungen oft schwer überprüfbar sind.

Steuern, die steuern
Wir fordern daher Steuern, die sich nach dem CO2-Ausstoß richten. Wer Kohle, Öl oder Gas abbaut oder einführt muss zusätzlich zu den bisherigen Abgaben eine Steuer auf das CO2-Emissionspotenzial bezahlen. Diese Steuern sind langfristig planbar und führen somit auch zu Investitionssicherheit, bei Investitionen in CO2-Einsparung. Eine solche Steuer allein schafft keine Obergrenze für den CO2-Ausstoß. In einem kooperativen Wirtschaftssystem könnte ein solcher Deckel (auch Cap genannt) durch gemeinsame Verhandlungen effektiv nach den Bedürfnissen verteilt werden.

Handel für den Wandel
Die Gesamtmenge des CO2-Ausstoß wird auf alle Menschen verteilt. JedeR bekommt dabei gleich viele Zertifikate. Die Gesamtmenge der Zertifikate muss jährlich stark gesenkt werden. Das EU-Ziel einer Senkung der Emissionen um 95% bis 2050 gegenüber 1990 halten wir für nicht ausreichend.
Unternehmen oder Privatpersonen, die fossile (und damit CO2-produzierende) Brennstoffe (Kohle, Öl und Gas) abbauen oder einführen müssen je nach CO2-Emissionspotenzial Zertifikate an den Staat abgeben. Diese Zertifikate sind “verbraucht” und werden gelöscht. Zudem werden an einem Stichtag alle Zertifikate des vergangenen Jahres gelöscht, die BesitzerInnen werden dafür vom Staat entschädigt. Um keine Spekulation zu ermöglichen, die die Preise unberechenbar macht dürfen die Zertifikate nur einmal verkauft werden. Zertifikate können nicht erzeugt werden.
Diese Methode ist aus der Not heraus geboren, da die Rettung des Klimas nicht so lange warten kann, bis bis wir, gemeinsam mit allen antikapitalistischen Menschen, eine sinnvolle Alternative zum Kapitalismus etabliert haben.  Auch wenn hier kurzfristig eine  finanzmarktbasierte Methoden benutzt wird, bleiben wir bei der These, dass ein ökologischer Kapitalismus nicht möglich ist.

Nicht nur CO2…
Andere Treibhausgase, wie zum Beispiel Schwefelhexaflourid (SF6), Stickoxide (NOx), Methan (CH4) etc. müssen durch weitere Maßnahmen reduziert werden. Für Schwefelhexaflourid, Fluorkohlenwasserstoffe (FKW) und perfluorierte Fluorkohlenwasserstoffe (PFC) existieren bereits Ersatzstoffe bzw. sie sind in der Entwicklung. Somit kann die Verwendung (bzw. Freisetzung) dieser Gase durch Richtlinien mittelfristig verhindert werden. Ein fester Zeitpunkt dient dabei als Ansporn für Innovationen, wie das Verbot von FCKW gezeigt hat. Es gibt allerdings Treibhausgase, die nicht direkt durch den Menschen freigesetzt werden, sondern durch biologische Prozesse, die teilweise vom Menschen beschleunigt werden. Ein Beispiel hierfür ist die Stickstoffdüngung, die zu einer Freisetzung von Stickoxiden führt. Aber auch der Methanausstoß der Landwirtschaft muss gesenkt werden. Dies wollen wir durch ein Umdenken in der Gesellschaft und Maßnahmen wie z.B. die Fleischsteuer und den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft erreichen.

 

Beschlussfassung von der Sommer-LMV 14.-15. Juli 2012.

Das Recht auf Ansprache

Die Landesmitgliederversammlung hat auf ihrer Sommertagung 2012 im Salvador-Allende-Haus u.a. folgenden Beschluss gefasst:

Alle Beschlüsse und Texte der Grünen Jugend NRW sind ab sofort mit Asteriken (Sternchen) zu gendern.

Sprache ist Macht

Diese unausweichliche Tatsache drückt sich auch in der niedergeschriebenen Sprache aus. Die gesellschaftliche Ungleichheit von ‘Männern’ und ‘Frauen’ und damit auch Benachteiligung des ‘weiblichen’ Geschlechtes an sich zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass meist nur von ‘Politikern’, ‘Managern’ und ‘Bürgern’, aber fast nie von ‘Politikerinnen’, ‘Managerinnen’ oder ‘Bürgerinnen’, obwohl sie natürlicherweise immer mitgemeint seien.
Dabei demonstrieren diverse empirische Studien regelmäßig, dass generische Maskulina nicht alle Geschlechter ansprechen. Diesem Phänomen haben wir bis zuletzt mit dem Binnen-I entgegengewirkt.

Zweigeschlechtlichkeit dekonstruieren

Aber das Binnen-I schreibt lediglich das binäre System fort. Wenn nur in klassisch sozialisierten Geschlechtsgeneralismen, wie ‘Frauen’ und Männern’ gedacht, geschrieben und geredet wird, wird schlichtweg übergangen, dass es eine Breite an Menschen gibt, die sich keinem dieser beiden Geschlechter zuordnen können oder wollen.
Mit Asteriken (oder auch ‘Genderstar’) soll die GRÜNE JUGEND NRW einen weiteren Schritt in Richtung Gleichberechtigung gehen. Die Lücke zwischen der männlichen und der weiblichen Form, die durch das Sternchen symbolisiert wird, regt nicht nur zum Nachdenken an, sondern schafft auch die Basis für die sprachliche Inklusion aller Menschen, egal welches Geschlecht sie haben oder haben wollen.

Gender-Gap weist in die falsche Richtung

Das Gender-Gap (Bsp.: Freund_innen) lehnen die Antragssteller*innen ab, manifestiert es doch lediglich ein Kontinuum zwischen Männern und Frauen, so dass alle anderen Geschlechter immer einem der klassischen Geschlechter näher wären, somit also zugeordnet würden. Der Überwindung dieser klassischen Formen liefe diese Zuordnung jedoch zuwider.

Grünen Wind in die Partei tragen

Im weiteren Verlauf der Debatte um Sex und Gender strebt die GRÜNE JUGEND NRW an, diese Form des Genderns auch bei Bündnis 90 / Die Grünen NRW durchzusetzen.

 

Beschlussfassung von der Sommer-LMV 14.-15. Juli 2012.

Das Ende des Wachstumszwangs

Für einen Paradigmenwechsel in der Wirtschaftspolitik

Das Wirtschaftswachstum als im Stabilitätsgesetz von 1967 festgeschriebenes Wirtschaftsziel stößt schon seit längerer Zeit auf Kritik. Während der Erfolg von Politik fast flächendeckend an den erreichten Wachstumsraten der Wirtschaftsleistung gemessen wird, entwickelt sich eine immer größere Gruppe aus Aktivist*innen, Politiker*innen und Wissenschaftler*innen, die Wachstum als zentrale volkswirtschaftliche Zielgröße offen in Frage stellt.

Bereits 1972 erregte der Club of Rome, eine Gruppe unterschiedlicher Wissenschaftler*innen, Unternehmer*innen und weiteren Personen des öffentlichen Lebens, mit seinem Bericht zu den Grenzen des Wachstums großes Aufsehen. Die Problematik des endlichen Wachstums und des damit verbundenen Ressourcenverbrauchs fand besonders in der Ökologiebewegung ihren Anklang und wurde durch diese weiter getragen.
In diesem Jahr erreichte der Club of Rome erneut weltweite Aufmerksamkeit. Mit seinem neuen Bericht „2052“ hat der Club seine Thesen erneuert. Während der Bericht von 1972 noch weitestgehend unsere Abhängigkeit von Ressourcen und deren Endlichkeit thematisiert hat, beschäftigt sich der neue Bericht mit unterschiedlichsten Effekten: Geringerer Produktivitätszuwachs, Folgekosten des Klimawandels, das Fehlen langfristiger Politik, massiver Wandel der globalen, wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse etc. Auch ist das Fazit aus dem Bericht wesentlich pessimistischer als noch 1972. So heißt es, „dass die Menschheit nicht überleben wird, wenn sie ihren bisherigen Weg der Verschwendung und Kurzsichtigkeit fortsetzt“.
Doch auch darüber hinaus gibt es immer mehr Wissenschaftler*innen, die sich mit den Zwängen beschäftigen, die unser Wirtschafts- und Finanzsystem zum Wachstum verdammen, und Lösungen aus diesem Dilemma suchen. An diesen Diskurs wollen wir als GRÜNE JUGEND NRW politisch anknüpfen und ihn voranbringen.

Was ist Wohlstand? Das BIP hilft uns nicht weiter
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist derzeit der zentrale Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Wer von Wachstum spricht, meint meistens das BIP-Wachstum. Doch ist das BIP nichts weiter als die Summe der Waren und Dienstleistungen, die in einem Land in einem Jahr für den Endkonsum produziert wurden. Wenn der Erfolg von Wirtschaftspolitik jedoch nur an diesen Faktoren gemessen wird, werden Aspekte wie Chancengleichheit, Bildungsstandard, Umweltprobleme, Gesundheitssituation oder Wohlergehen der Bevölkerung nicht mit einbezogen.

Zudem kann das BIP weite Teile dessen, was wir tatsächlich erwirtschaften, nicht abbilden. Tauschwirtschaften, Flohmärkte, häusliche Pflege und der eigene Gemüsegarten sind nur ein paar Beispiele für wirtschaftliches Handeln, das sich dem BIP entzieht.
Die GRÜNE JUGEND NRW möchte diese Logik aufbrechen. Ein Index, wie das BIP, das Wohlstand alleine danach beurteilt, wie viel die Menschen einer Volkswirtschaft produzieren und konsumieren, ist vollkommen überholt, entspricht keineswegs einem ganzheitlichen Menschenbild und muss seine derzeitige Bedeutung einbüßen!
Doch Wohlstand, oder sogar Glück, ist objektiv kaum zu bewerten. Dennoch brauchen wir Orientierungspunkte. Wir brauchen Indikatoren, mit denen wir kritisch umgehen müssen und die in der Lage sind, sozial-ökologische Kriterien aufzunehmen. Dazu gehören beispielsweise Werte für die Verteilung des Vermögens, die Durchlässigkeit der Gesellschaft oder das Gesundheits- und Bildungsniveau. Die Enquente-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ befasst sich mit dieser Thematik im Bundestag. Wir begrüßen diese Arbeit, die bisher vorgelegten Ergebnisse sind jedoch schlichtweg enttäuschend.
Wir halten aber nicht nur die Einführung eines neuen Maßstabes für den gesamtgesellschaftlichen Wohlstand für notwendig, denn auch Unternehmen müssen sich an anderen Kriterien als dem reinen Gewinn messen lassen. Ebenso wie ein Wachstum des BIP beschreiben auch steigende Gewinne privater Unternehmen ihren Beitrag zur Gesellschaft nur unzureichend. Würde gesellschaftlicher Wohlstand nicht mehr alleine an der Produktion gemessen, Unternehmen aber nach herkömmlichen Maßstäben bewertet, bliebe die Sicherung des Wohlstandes vor allem Sache der Politik. Unternehmen würden aus ihrer Verantwortung für das Wohl der Gesamtheit endgültig entlassen.
Aus diesem Grund ist es unerlässlich, die neu zu schaffenden Standards für gesellschaftlichen Wohlstand auch auf die unternehmerische Tätigkeit zu übertragen. So könnten soziale und ökologische Kriterien wie zum Beispiel der Unterschied zwischen höchstem und niedrigstem Einkommen in einem Unternehmen oder der Anteil Erneuerbarer Energien bei der Produktion auf den Produkten vermerkt werden. Daneben fordern wir eine verpflichtende Nachhaltigkeitsbilanz für Unternehmen, die ebenso wie die betriebswirtschaftliche Buchführung an bestimmte staatliche Kriterien (ökologisch, sozial etc.) gebunden ist.

Unendliches Wachstum in einem endlichen System?
Wir leben in einem endlichen System: Unsere Ressourcen sind begrenzt, die Grenzen unseres Planeten offenkundig. Dass keine Wirtschaft in diesem System unendlich wachsen kann, liegt auf der Hand.
Auch die Entkopplung, also die Trennung von Wirtschaftsleistung und Ressourcenverbrauch sowie unterschiedlicher Verschmutzung ist nur bedingt ein Ausweg aus diesem Problem. Dabei wird zwischen relativer und absoluter Entkopplung unterschieden.
Relative Entkopplung, also die Möglichkeit mit dem gleichen Ressourceneinsatz mehr zu erwirtschaften, ist der Weg, der schon an verschiedensten Stellen gegangen und diskutiert wird. So auch aktuell beispielsweise beim Rio+20 Gipfel. Doch muss diese relative Entkopplung stets größer sein als das Wirtschaftswachstum, um zu einem geringeren Ressourcenverbrauch bzw. Schadstoffausstoß zu führen. Das lässt sich allerdings in praktisch keiner Volkswirtschaft beobachten. Effekte, wie der Rebound-Effekt, der besagt, das Effizienzsteigerungen durch einen höheren Verbrauch kompensiert oder sogar überkompensiert werden, machen die relative Entkopplung zu einem Dilemma.
Was wir dagegen brauchen, ist absolute Entkopplung. Wir brauchen eine Wirtschaft, die sich ohne steigenden Ressourcenverbrauch entwickeln und stabilisieren kann. Ob absolute Entkopplung in einer wachsenden Wirtschaft dauerhaft möglich ist, ist äußerst fraglich. Für die GRÜNE JUGEND NRW steht daher fest, dass Entkopplung ein Baustein auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wirtschaft sein muss. Einen generellen Weg aus dem Wachstumsdilemma ebnet sie jedoch nicht!

Grünes Wachstum nur als Zwischenschritt
An diesem Punkt setzt der Green New Deal an. Die Idee, mit gezielten Investitionen Ökologie und soziale Gerechtigkeit mit einer funktionierenden Wirtschaftspolitik zu verbinden, ist keine neue.  Erneuerbare Energien, nachwachsende Rohstoffe und höhere Effizienz sind zusammen mit der teilweisen Internalisierung ökologischer Kosten, beispielsweise durch den Ansatz der CO2-Zertifikate, zentrale Elemente einer Entkopplungs-Strategie.
Allerdings muss jedes Wachstum auf dem erneuerbaren Sektor mit Schrumpfungen in konventionellen Bereichen einhergehen. Das leistet der Markt nicht zwangsläufig alleine, weshalb es gesetzliche Vorgaben geben muss. Außerdem sind die CO2-Zertifikate in ihrer aktuellen Form absolut unzureichend. Und auch, wenn all diese Maßnahmen konsequent umgesetzt werden, reichen sie noch lange nicht, um dem Wachstumsdilemma zu entkommen.

Die GRÜNE JUGEND NRW steht daher weiterhin für einen grundlegenden Bewusstseins- und Strukturwandel, um eine Gesellschaft zu ermöglichen, die ohne Wachstumszwang existieren kann.
Nichts weniger fordern wir auch von den Grünen! Wer einen Bewusstseinswandel schaffen möchte, der kann nicht früh genug beginnen, die unbequeme Wahrheit auszusprechen und auch gegen gesellschaftliche Widerstände zu argumentieren. Die Grünen müssen sich daher endlich eindeutig positionieren und ihre politische Rolle nutzen, um die Wachstumskritik mehrheitsfähig zu machen.

Raus aus der Konsumgesellschaft
Wir alle haben materielle Bedürfnisse. Wir müssen essen, trinken, brauchen Wärme, Mobilität und unzähliges mehr. Doch um zu erkennen, dass materielle Dinge und auch materielle Werte, wie Image oder Macht ab einem gewissen Maß unsere Zufriedenheit oder unser Glück nicht weiter steigern können, brauchen wir keine groß angelegten Studien.
Nur, weil Güter nachgefragt werden, machen sie unsere Leben noch lange nicht besser. Das überdimensionierte Auto, der neuste Fernseher oder das teuerste Handy – für uns bedeuten diese Dinge nicht automatisch einen vergrößerten Wohlstand. Vielmehr ersetzen viele Konsumgüter Bedürfnisse, die eigentlich immaterieller Natur sind. Deswegen brechen wir mit der Grundannahme „Mehr ist besser“.
Das Durchbrechen dieser Kultur ist eine der zentralen Herausforderungen auf dem Weg zu einer Gesellschaft, die nicht auf Wirtschaftswachstum angewiesen ist. Dabei spielen individuelle Entscheidungen eine ebenso wichtige Rolle wie politische Steuerungsimpulse, die ein entsprechendes Bewusstsein schaffen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir nicht anerkennen, dass wir in vielen Regionen dieser Welt weiterhin ein Wachstum der Konsumgüter benötigen. Wo trotz Umverteilung materielle Grundbedürfnisse nicht befriedigt werden, muss die Produktion an die Bedürfnisse angepasst und ggf. gesteigert werden. Dies leistet der Markt nicht immer von allein. Hier ist jedoch die Unterstützung der so genannten Industriestaaten gefragt – nur beispielsweise mit Technologietransfer und nachhaltiger Entwicklungszusammenarbeit lässt sich von vornherein eine ökologisch-nachhaltige Produktionsweise implementieren, die insgesamt nicht die Biokapazität der Region überschreitet. Dabei spielt es eine besondere Rolle, dass der Überfluss an materiellen Gütern in den so genannten Industriestaaten bereits heute zu einem großen Teil auf Grund der Überschreitung der Biokapazität  sowie der Verlagerung vieler ressourcen- und verschmutzungsintensiver Produktionsstätten in den so genannten Schwellenländer aufbaut. Hier muss ein gerechter und globaler Ausgleich geschaffen werden. Allerdings darf mit der Entwicklungszusammenarbeit nicht das Aufdrängen von Werten und Wirtschaftsweisen einhergehen.

Kooperation und soziales Miteinander müssen grundsätzlich in der Produktion von Gütern gestärkt werden. Freie Software, Gemeinschaftsgärten, -werkstätten, autonome Kulturzentren, aber auch Genossenschaften, sind gute Beispiele dafür, dass gemeinsame Produktion und Innovation nicht im Widerspruch zueinander stehen müssen. Das gemeinschaftliche Arbeiten ist nicht auf Wachstum um jeden Preis ausgelegt, sondern auf eine Erhaltung und nachhaltige Nutzung der regional verfügbaren Ressourcen und auf die Steigerung der Lebensqualität. Diese alternative Form des Wirtschaftens stellt eine sinnvolle Ergänzung zur bestehenden Marktwirtschaft dar. Wir wollen, dass der Staat die notwendige Infrastruktur und die soziale Absicherung bereit stellt, die es ermöglicht solche Gemeinschaftsprojekte umzusetzen.

Der Weg zur Postwachstumsgesellschaft
Doch mit dem Bewusstseinswandel muss auch eine klare politische Agenda einhergehen. Für diese gibt es noch kein Patentrezept. Wir brauchen einen breiten wissenschaftlich-politischen Diskurs, der auch vor radikalen Konzepten wie dem Vollgeld keinen Halt macht. Die Wachstumsfrage ist die zentrale Zukunftsfrage unserer Generation. Denkverbote können und dürfen wir uns hier nicht leisten!
Bereits heute können wir zudem aus einer Vielzahl von Instrumenten schöpfen. Dazu gehören u.A.

  • der Green New Deal
  • festgeschriebene Reduktionsziele für Schadstoffemissionen
  • die Umstellung und Regulierung des Finanz- und Bankensektors
  • eine ökologische Steuerreform
  • Verteilungsinstrumente
  • Stärkung der solidarischen Ökonomie
  • Unterstützung von Commons- und Suffizienzprojekten
  • Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe
  • die Unterstützung des ökologischen Wandels in den so genannten Entwicklungsländern
  • und nicht zuletzt das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE)

Besonders das BGE erfüllt eine wichtige Rolle auf dem Weg zur Postwachstumsgesellschaft. Es vereint unsere Visionen einer besseren Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung. Außerdem wird ein neues Arbeitsverständnis ermöglicht, bei dem nicht nur die reine Erwerbsarbeit als Arbeitsleistung zählt, sondern all das, was Nutzen schafft. Arbeit ist eben auch Hausarbeit, die Erziehung von Kindern, künstlerisches Schaffen oder soziales Engagement. All dies findet durch ein BGE nicht nur seine gesellschaftliche Anerkennung, sondern wird massiv gestärkt. Das BGE bewirkt somit eine Abkehr von der reinen Produktionswirtschaft und schafft die Grundlage für einen wirklichen Post-Materialismus. Die Grundbedürfnisse werden gedeckt, der Mensch vom Arbeitszwang befreit und ihm die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung gegeben. Somit ist das BGE die ideale sozialpolitische Reform für eine Postwachstumsgesellschaft.
Unerlässlich für ein angemessenes BGE ist Umverteilung. Trotz des mit dem Wachstum versprochenen Wohlstands gibt es eine große Verteilungsungerechtigkeit in den so genannten Industriestaaten. Aus diesem Grund setzen wir uns für Steuerreformen ein, die eine Umverteilung von oben nach unten erreicht. Dazu gehören neben einer Einkommenssteuerreform auch vermögensbesteuernde Steuern, wie die Schenkungs-, Erbschafts, und natürlich die eigentliche Vermögenssteuer.
Mit Steuern wollen wir aber nicht nur verteilen, wir wollen auch ökonomisches Verhalten lenken. Steuerpolitik muss auch die ökologischen Effekte der Produktion berücksichtigen. Unternehmen, die durch ihre Fabriken und deren Herstellungsprozesse Schäden an der Umwelt billigend in Kauf nehmen, müssen dafür steuerlich mehrbelastet werden oder neben klaren, situationsbezogenen Auflagen durch die Einführung von spezifischen regionalen und überregionalen Zertifikaten für umweltschädliche Emissionen und andere Verschmutzungen an den Kosten ihres Handelns beteiligt werden. Das ist ein wichtiger Bestandteil der beschriebenen Entkopplung. Nur so können wir den Preis der Produkte an ihren tatsächlichen Preis, welcher die Umweltschäden und den damit verlorenen Nutzen der gesamten Gesellschaft wiederspiegelt, annähern und letztendlich das Konsumverhalten beeinflussen.
Doch wir wollen nicht nur staatliche Anreize setzen, sondern das gesamte Wirtschaftssystem neu strukturieren und demokratisieren. Genossenschaften und kleinere Kollektivunternehmen sind bereits heute ökonomisch relevante Wirtschaftsakteur*innen, die sich gegen reine Renditemaximierung und den unbedingten Wachstumszwang stellen. Diese Akteure wollen wir als GRÜNE JUGEND NRW stärken, insbesondere durch die Beseitigung von Hürden bei der Gründung und Unterstützung bei der Finanzierung. Auch die Schaffung neuer Gesellschaftsformen, die sich an demokratischen und gemeinwohlfördernden Prinzipien orientieren regen wir an.

Regionale Produkte und Dienstleistungen haben oft eine bessere Klimabilanz und stärken die soziale Verantwortung in einer Region. Um regionale Wirtschaftskreisläufe zu fördern oder in Gang zu bringen, fordert die GRÜNE JUGEND NRW die Legalisierung sogenannter „Regionalwährungen“. Lokale Volkswirtschaften sind von vorne herein imWachstum begrenzt und können Kapital für Investitionen in der eigenen Region binden, das ansonsten in die globalen Märkte geflossen wäre. Außerdem wirken Regionalwährungen auf natürliche Weise antizyklisch und gleichen so konjunkturelle Schwankungen aus.

Wichtiges Element dieser Entwicklung ist zudem ein grundlegendes Überdenken unseres Finanz- und Bankensystems. Die Tatsache, dass wir uns unter Anderem durch die Systematik unseres aktuellen Geldschöpfungsprozesses in einem stetigen Wachstumszwang befinden, welcher in zyklischen Schwankungen die Kapitalmärkte immer wieder in Unsicherheiten und Krisen treibt, ist ein grundsätzliches Problem. Volkswirtschaftlich betrachtet ist das Erwirtschaften der Zinslast für den*die Gläubiger*in nur durch Wirtschaftswachstum realisierbar. Stabile sichere Marktverhältnisse werden verhindert und die Ungerechtigkeiten der Geldverteilung weiter unterstützt. Das macht eine nachhaltige Wirtschaft unmöglich. Wir fordern endlich eine grundsätzliche Diskussion zur Überwindung dieses Systems und dieser Effekte, sowie Maßnahmen wie eine Beteiligung der öffentlichen Hand am Geldschöpfungsprozess oder auch „zinsloses Geld“.

 

Beschlussfassung von der Sommer-LMV 14.-15. Juli 2012.

Bau dir deine Welt

Anlässlich des Weltdrogentags am 26. Juni fordert die GRÜNE JUGEND NRW ein Umdenken in der derzeitigen Drogenpolitik hin zu einer Politik, die einen selbstbestimmten Umgang mit Drogen ermöglicht.

“Der Versuch, den Menschen vorzuschreiben, was sie konsumieren dürfen und was nicht, ist gescheitert. Prohibition drängt DrogenkonsumentInnen ins gesellschaftliche Abseits, sie erhöht die Risiken für die KonsumentInnen, sie fördert die organisierte Kriminalität, beschneidet die persönliche Freiheit und kostet den Staat Milliarden!”, so Sophie Karow, Sprecherin der GRÜNEN JUGEND NRW.

“Zudem verhindert das Verbot weder Drogenkonsum noch Drogenmissbrauch, sondern blockiert einen offenen und ehrlichen Umgang mit Drogen und eine ideologiefreie Hilfe für Menschen mit einem problematischen Drogenkonsum.” fügt Alexander Ringbeck, Sprecher der GRÜNEN JUGEND NRW hinzu.

Durch die derzeitige Politik werden die großen Probleme der schwankenden Qualität und der fehlenden Beratung auf dem Schwarzmarkt nicht angegangen. Die repressive Drogenpolitik kontrolliert das Leben vieler Menschen. KonsumentInnen werden als Kriminelle verfolgt und den negativen Auswirkungen des Schwarzmarktes ausgesetzt.

Die GRÜNE JUGEND NRW spricht sich daher für die kontrollierte Abgabe von Drogen in Drogenfachgeschäften aus. Nur so lässt sich eine fundierte Beratung, die Erkennung von problematischem Suchtverhalten und konstante Qualität gewährleisten. Deswegen setzten Basisgruppen in ganz NRW mit verschiedenen Aktionen im Rahmen der jung-grünen „Bau dir deine Welt“-Kampagne ein Zeichen für eine andere Drogenpolitik.